Franklin Templeton steckt im Tal der Tränen
Durch eine Umstrukturierung des Europa-Geschäfts und im Schwellenländersegment will Franklin Templeton die Abwärtsfahrt im Europageschäft stoppen. Die US-Fondsgesellschaft hat auch in Deutschland das dritte Jahr in Folge Einbußen zu beklagen.Von Silke Stoltenberg, FrankfurtFranklin Templeton Investments steckt in Europa tief in der Krise: Die US-Fondsgesellschaft hat in der Region bis Ende Oktober 2016 mehr als 20 Mrd. Euro an Assets verloren, deutlich mehr als die anderen Anbieter, die bei den Anlegern auf der Verkaufsliste stehen, nämlich M & G und Aberdeen. Das weltweit verwaltete Vermögen, das einst mehr als 900 Mrd. Dollar betrug, belief sich zuletzt nur noch auf 723 Mrd. Dollar. “Als aktiver Investor tun wir uns derzeit schwer, denn die erhöhte Marktvolatilität – vor allem bei den Währungen – trifft uns besonders hart, da wir eine hohe Währungskomponente in unseren Fixed-Income-Flaggschiffen haben. Die starken Einbrüche bei einigen Schwellenländerwährungen sorgten in diesen Fonds zeitweise für negative Renditen, weswegen Anleger verkauft haben”, sagt Reinhard Berben, Geschäftsführer bei der deutschen Tochter, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung.Auch in Deutschland schrumpft das Geschäft. Das verwaltete Vermögen ging auf 20,7 Mrd. Euro (per Ende September) zurück, nachdem es Ende 2015 bei 21,9 Mrd. Euro und Ende 2014 bei 23,4 Mrd. Euro gelegen hatte. Damit wurde die Arbeit der vergangenen drei Jahre quasi zunichtegemacht, denn Ende 2013 hatte das verwaltete Vermögen noch bei 21,2 Mrd. Euro gelegen.Nunmehr das dritte Jahr in Folge verzeichnete Franklin Templeton in Deutschland Abflüsse, und das mit zunehmendem Tempo. Waren es 2014 noch – 400 Mill. Euro gewesen, waren es 2015 schon – 700 Mill. Euro, und in den ersten neun Monaten 2016 waren es sogar – 980 Mill. Euro. Vor allem bei den Publikumsfonds büßte Franklin Templeton ein. Der Statistik des Fondsverbandes BVI zufolge, die lediglich das Deutschland-Geschäft von Franklin Templeton mit Privatanlegern registriert, waren bis Ende Oktober am schlimmsten der “Templeton Global Bond” mit Nettoverkäufen von 569 Mill. Euro sowie der “Templeton Global Total Return” mit – 332 Mill. Euro betroffen. Das deckt sich mit den europäischen Zahlen, die 6,1 beziehungsweise 5,4 Mrd. Euro an Abflüssen für diese beiden Produkte verzeichneten. Fehlgriff MexikoBeides sind Produkte des Star-Fondsmanagers Michael Hasenstab. Er hatte zuletzt stark auf Mexiko gesetzt – ein Fehlgriff, wie sich spätestens mit dem Wahlsieg von Donald Trump in den USA herausstellte. Auch haben sich Investoren 2016 deutlich aus Schwellenländern zurückgezogen, weil der erstarkende Dollar diesen Ländern zusetzt. Dennoch bleibt Franklin Templeton in Deutschland nach BlackRock zweitgrößter ausländischer Anbieter von Wertpapier-Publikumsfonds mit einem Marktanteil von rund 2 %.Auch im Aktienbereich gab es Probleme. “Die unbefriedigende Performance unserer prominenten Schwellenländer-Aktienprodukte 2015 hat alles überstrahlt, dabei sehen wir seit Anfang 2016 einen schönen Turnaround bei unserem globalen Schwellenländerfonds, auch unser Asien-Flaggschiff ist auf Einjahressicht wieder weit vor der Konkurrenz”, so Berben, der seit 2004 Geschäftsführer der Deutschland-Tochter ist und seit Mitte 2010 zugleich die Verantwortung für Zentral- und Nordeuropa trägt.Infolge der Probleme im Schwellenländersegment hat es einige Umstellungen gegeben. Zunächst einmal hat sich das langjährige Fondsidol, der mittlerweile 80-jährige Schwellenländer-Experte Mark Mobius, aus dem aktiven Geschäft zurückgezogen. Chief Investment Officer ist jetzt Stephen Dover. Ein großes Team kümmert sich nun um die Schwellenländeraktivitäten. “Unter der Leitung von Stephen Dover sind wir nun lokal in den einzelnen Schwellenländern noch besser aufgestellt, das Geschäft ist in der neuen Struktur gut angelaufen, auch die Performance hat sich verbessert”, berichtet Berben, der 2001 von Sal. Oppenheim zu Franklin Templeton wechselte. So erholte sich der “Global Bond Fund” wieder, wenn auch nur mit einer Rendite von 1 % in diesem Jahr bei der währungsgesicherten Variante. “Ich denke, wir sind an einem Punkt angekommen, an dem nun hauptsächlich Anleger investiert sind, die eine höhere Risikotoleranz und einen längeren Anlagehorizont haben”, gibt Berben seiner Hoffnung Ausdruck, dass sich die Lage bei den Flaggschiff-Anleihefonds wieder beruhigt. Assets woanders verbuchtEin weiterer Grund für den Rückgang des Deutschland-Geschäfts ist eine Umgruppierung der Assets im institutionellen Geschäft. 1,8 Mrd. Dollar, die bislang dem Frankfurter Büro zugerechnet wurden, sind anderen Franklin-Templeton-Einheiten zugeschlagen worden. Somit ist das institutionelle Geschäft, das seit ein paar Jahren Schwerpunkt in der Wachstumsstrategie des US-Fondshauses in Deutschland ist, in den vergangenen zwei Jahren gerade mal von 3,5 auf 3,7 Mrd. Dollar gewachsen. Davon stecken 3,1 Mrd. Dollar in Mandaten und 600 in Fondsvehikeln. Das Gros der Gelder liegt in US-Senior Secured Bank Loans, in Schwellenländeranleihen und in globalen Rentenpapieren.Das institutionelle Geschäft wird über eine Londoner Tochter gemanagt, Franklin Templeton Investments Limited. “Wenn der Brexit kommt, und europäische Kunden müssen ihre Verträge mit einer in der EU domizilierten Einheit unterschreiben, dann werden wir auch dafür eine Lösung haben”, so Berben mit Blick auf den bevorstehenden Ausstieg der Briten aus der EU. Es gibt bereits in Luxemburg eine Tochter. Zuversicht für 2017Trotz der lang andauernden Durststrecke für Franklin Templeton zeigt sich der 58-jährige Vater von zwei Söhnen positiv gestimmt und glaubt, 2017 wieder mit positiven Zuflusszahlen beenden zu können. Mehrere Wachstumsthemen hat er für seinen Zuständigkeitsbereich ausgewählt.Im Anleihesegment hofft er, die Profianleger für neue Anlagethemen erwärmen zu können. “Wir wollen auf der Credit-Seite mehr machen, unter anderem bei US-Kommunalanleihen, das ist ein großer und tiefer Markt, wir verwalten darin etwa 76 Mrd. Dollar.” Im Vergleich zu den Investment-Grade-Anleihen, auf die sich alle Welt stürze, gebe es hier höhere Spreads, selbst noch währungsgesichert, was die US-Kommunalanleihen für europäische Investoren zu einem interessanten Investment mache.Ein weiteres Geschäft erhofft sich Berben von der Optimierung der Solvency Ratio der institutionellen Kunden bei den Rentenmandaten oder den gemischten Mandaten, also die Eigenkapitalhinterlegung für diese Investments von Versicherern oder Pensionseinrichtungen. Durch eine Portfoliooptimierung oder durch Absicherungsmaßnahmen lässt sich der Kapitalaufwand reduzieren.Auch im Geschäft mit Privatkunden gibt es mehrere Initiativen gegen den schon lang andauernden Abwärtstrend. Bislang ist Franklin Templeton als reiner aktiver Manager aufgetreten. Das ändert sich nun. In den USA sind bereits die ersten ETF aus dem Hause aufgelegt worden. Franklin Templeton geht es dabei um eine weitere Diversifizierung des Angebots. ETF-Aktienfonds kommenEntsprechende Aktienprodukte sollen nun auch in Europa im zweiten Halbjahr 2017 angeboten werden. Dabei handelt es sich um aktiv gemanagte Indexfonds – in den USA unter dem Namen Liberty Shares laufend -, die nach fundamentalen Kriterien aus dem Indexuniversum Einzeltitel nach diversen Faktoren auswählen. Hierfür wurden eigens Teams vom größten ETF-Anbieter der Welt, iShares von BlackRock, abgeworben.”Wir sehen die Welt nicht schwarz-weiß: Aktive und passive Fonds lassen sich miteinander verbinden, wenn etwa ein großer Index sehr viele Titel aus einer Branche hat”, meint Berben. Künftig soll also die Expertise der Franklin-Templeton-Fondsmanager mit dem computerbasierten ETF-Ansatz verheiratet werden. Dabei konzentriert sich der Assetmanager auf Indizes mit einer großen Teilnehmerzahl. Der deutsche Dax 30 zum Beispiel ist für den Ansatz deutlich zu klein.Damit will Franklin Templeton auch erreichen, dass die Gesellschaft weniger mit Star-Fondsmanagern wie Hasenstab in Verbindung gebracht wird. Auf Gedeih und Verderb, wenn es mal schlecht läuft, wie zeitweilig ungünstig laufende Ukraine-Investments sowie die aktuellen Mexiko-Empfehlungen des bekannten Fondsmanagers zeigen.Als ein weiterer Grund, weswegen sich Anleger von Franklin-Templeton-Fonds getrennt haben, werden auch hohe Gebühren der Fonds genannt. Darauf hat der Assetmanager mit Hauptsitz in San Mateo, Kalifornien, schon reagiert. Hierzulande wurden etwa bei den neu konzipierten Multi-Asset-Fonds von Matthias Hoppe nach einer Umstellung des Investmentansatzes die Gebühren bereits gesenkt und sollen noch einmal reduziert werden. Sparer für sich gewinnenMit den vier verschiedenen Hoppe-Produkten hofft die Gesellschaft nicht zuletzt, Sparer angesichts von Null- bis Negativzinsen weg von den Bankeinlagen oder den Lebensversicherungen mit deren immer niedrigeren Leistungsversprechen zu sich locken zu können. Dafür haben die Fonds Rendite- beziehungsweise Volatilitätsziele erhalten oder bieten in einem Fall eine konkrete Zielausschüttung. Über den vermehrten Einsatz von Derivaten sollen die Wertschwankungen minimiert werden. Mit dieser höheren Sicherheit will man Sparer für sich gewinnen.Auch hat Franklin Templeton die Europa-Strukturen verschlankt und Personal abgebaut. Während Berben weiterhin für Zentraleuropa und die nordischen Länder zuständig ist, wurden Lateinamerika und Westeuropa unter eine gemeinsame Leitung gestellt. Die Zahl der Mitarbeiter sank weltweit auf rund 8 900 – das sind rund 300 Köpfe weniger als Ende 2015.Auch in Deutschland ging die Zahl der Mitarbeiter auf 139 von 150 zurück. Dabei wurde die Abwicklung zurückgefahren, während Fondsmanagement und institutioneller Vertrieb aufgestockt wurden.