Frühzeitig auf die Zeit nach der Krise einstellen

Was bleibt und was kommt? - Überlegungen zu den Auswirkungen von Corona auf die Wohnimmobilienfinanzierung

Frühzeitig auf die Zeit nach der Krise einstellen

Der Immobilienboom ist vorbei. Darin sind sich alle einig. Dass ausgerechnet eine Pandemie zehn Jahre Aufschwung an den Immobilienmärkten beenden würde, konnte selbstverständlich niemand ahnen. Die Auswirkungen der Coronakrise auf die Immobilienmärkte lassen sich aber noch nicht beziffern. Denn die aktuellen Zahlen spiegeln die Entwicklung im ersten Quartal wider, und das ist im Wesentlichen noch die Zeit vor Ausbruch der Pandemie. So setzte sich der Preisanstieg nach den Erhebungen des Verbandes deutscher Pfandbriefbanken (VDP) mit 6,3 % unvermindert fort. Bei Wohnimmobilien hat sich die Preisentwicklung sogar noch etwas beschleunigt. Lediglich bei Hotels und Einzelhandelsimmobilien zeigten sich bereits erste Auswirkungen der Krise.Auch in der Wohnimmobilienfinanzierung verlief das erste Quartal sehr dynamisch. Die starke Nachfrage nach Wohnimmobilien ließ unser Neugeschäft in der privaten Wohnimmobilienfinanzierung erstmals auf über 1 Mrd. Euro im ersten Quartal eines Jahres steigen. Dazu beigetragen hat vor allem die enorm erfolgreiche Vertriebsaktion “Immobilienfrühling”, die bis Mitte März lief und deren Ausläufer uns noch bis Anfang April gutes Neugeschäft brachten. Folgen der PandemieDas war für uns sehr vorteilhaft, da dieses Neugeschäft zum einen breit diversifiziert und risikoarm ist. Zum anderen erwarten wir aufgrund der gesamtwirtschaftlichen Folgen der Pandemie für die nächste Zeit eine rückläufige Nachfrage nach Immobilienfinanzierungen bei Wohn- und Gewerbeimmobilien. Schließlich sind die gesamtwirtschaftliche Entwicklung und darunter insbesondere der Arbeitsmarkt wesentliche Stützen der Immobiliennachfrage. Hinzu kommt, dass das öffentliche Leben durch die monatelangen Ausgangsbeschränkungen weitestgehend brachlag und sich erst langsam wieder öffnet. Wer will bei allen Unsicherheiten in dieser Situation überhaupt Eigentum erwerben?Zudem waren viele Bankfilialen geschlossen, und Immobilien ließen sich nicht wie gewohnt besichtigen. Und auch die Frage, wie sich die Aussetzung von Kreditraten auf die bestehenden Finanzierungen im Hypothekenbestand der Immobilienfinanzierer auswirken wird, lässt sich heute noch nicht verlässlich beantworten.Dennoch ist trotz der vielen Unwägbarkeiten der Blick nach vorne wichtig. Denn mit voranschreitender Normalisierung von Wirtschaft und Alltag wird der Wunsch nach dem eigenen Heim wieder zunehmen. Unklar ist jedoch, ob es eine Rückkehr zum Niveau vor dem Ausbruch der Pandemie geben wird. Unklar ist auch, ob sich die Bedürfnisse der Kunden durch die Zeit der Ausgangsbeschränkungen nachhaltig verändern werden. Uns beschäftigen dabei insbesondere drei Themenfelder: die Entwicklung der Nachfrage nach Wohnimmobilien und -finanzierungen, die Auswirkungen auf die Produktpalette und die Anforderungen an die Kreditvergabeprozesse. Kein dauerhafter EinbruchDie noch positive Entwicklung des ersten Quartals ist inzwischen Vergangenheit. Für den April wurden bereits kräftige Einbrüche am Investmentmarkt berichtet. Gleiches gilt für die Umsätze von Maklern. Und laut der aktuellen vierteljährlichen Umfrage der Bundesbank zum Kreditgeschäft rechnen die Banken für das zweite Quartal 2020 mit einem starken Rückgang der Nachfrage nach privaten Wohnimmobilienfinanzierungen.Mittelfristig gesehen spricht jedoch viel dafür, dass sich der deutsche Wohnimmobilienmarkt auch in der gegenwärtigen Krise vor allem aus zwei Gründen als Stabilitätsanker erweisen dürfte: Erstens ist der Bedarf nach Wohnraum ungebrochen. Wohnungen waren und sind vielerorts knapp, da in den zehn Jahren des Immobilienbooms insgesamt zu wenig gebaut wurde. Durch die Rezession zeichnet sich zusätzlich bereits ein Rückgang der Auftragseingänge in der Bauwirtschaft ab. Damit wird die Angebotsknappheit vielerorts bestehen bleiben. Stagnierende PreiseZweitens ist zu erwarten, dass die Phase der Niedrigzinsen noch länger anhalten wird. Wohneigentum dürfte somit insgesamt betrachtet bezahlbar bleiben, da auch davon auszugehen ist, dass die Preise im weiteren Jahresverlauf eher stagnieren oder gar rückläufig sind. Das sind gute Voraussetzungen, dass mit der Erholung der Konjunktur die Nachfrage nach Immobilien und Immobilienfinanzierungen wieder zunimmt – auch weil es bei weiterhin niedrigen Zinsen kaum andere sichere Anlagealternativen geben wird.Schon seit einiger Zeit verhalten sich Baufinanzierungskunden deutlich sicherheitsorientiert. Sie schließen insbesondere längere Zinsbindungen und höhere Anfangstilgungen ab. Auch die Banken haben in den Jahren der Immobilieneuphorie ihre Kreditvergabebedingungen nicht gelockert. So hat sich die Kreditbelastungsquote – Zins und Tilgung zum Einkommen – nicht wesentlich verändert und liegt nach Angaben des VDP gegenwärtig mit 25,2 % nur leicht unter dem Wert des Jahres 2009. Hinzu kommt der Wunsch vieler Kunden nach Flexibilität. Diesem kommt die MünchenerHyp zum Beispiel mit der Möglichkeit zu Tilgungssatzwechseln zwischen 1 % und 5 % nach. Damit lassen sich unsere Darlehen sehr gut an sich verändernde Lebenssituationen anpassen. Aber auch Sondertilgungsmöglichkeiten sind gefragt, darunter unsere Darlehensvariante “Reverse”, bei der man sich Sondertilgungen wieder auszahlen lassen kann. Sicherheit und FlexibilitätDieses Verlangen nach Sicherheit und Stabilität wird durch die Corona-Pandemie sehr wahrscheinlich noch zunehmen. Deshalb bleiben Darlehensprodukte gefragt, die durch Flexibilität genau das bieten. Die Niedrigzinspolitik wirkt dabei weiterhin als Verstärker. Wir erwarten zudem, dass die Auswirkungen der Pandemie die Entwicklung zu mehr Nachhaltigkeit in Wirtschaft und Gesellschaft eher noch verstärken werden. Letztes Jahr machten unsere Nachhaltigkeitsdarlehen – das grüne Darlehen und das Familiendarlehen – rund 20 % des Neugeschäfts in der privaten Wohnimmobilienfinanzierung aus. In den ersten vier Monaten dieses Jahres war bereits jede vierte von uns vergebene private Wohnimmobilienfinanzierung eine nachhaltige. Mehr Online-LösungenEs überrascht nicht, dass durch die Corona-Pandemie die Online-Aktivitäten der Bundesbürger stark gestiegen sind, wie derzeit in so mancher Studie festgestellt wird. Viel spricht dafür, dass die Kunden nach dem Ende der Krise die digitalen Medien und Dienste weiterhin intensiver als vorher nutzen werden.Das erfordert in der Immobilienfinanzierung mehr digitale Prozesse, die zudem schneller, schlanker und leistungsfähiger sind. So werden schon heute der etablierte und einfache Online-Konditionenvergleich sowie Produktinformationen den Bedürfnissen der Kunden nicht mehr gerecht. Vielmehr erwarten die Kunden inzwischen, eine Finanzierung auch online abschließen zu können.Die technischen und regulatorischen Voraussetzungen dafür gibt es. Die Aufgabe besteht vor allem darin, einfache und kundenfreundliche Lösungen zu etablieren. Auch die MünchenerHyp arbeitet daran. So haben wir bereits den Antragsprozess für Auszahlungen, Unterlageneinreichungen und Bestandsprozesse bis in das E-Banking der Kunden erweitert und in das System agree21 der Volksbanken und Raiffeisenbanken integriert. Über unsere Lösung Online-Aufträge können Kunden und Partnerbanken der MünchenerHyp Auszahlungsvoraussetzungen erfüllen, indem sie die Unterlagen bequem hochladen.Ein Meilenstein war darüber hinaus die Einführung der omnikanalfähigen Online-Prolongation, bei der sowohl der Kunde im VR-E-Banking seiner Genossenschaftsbank als auch der Berater in agree21 Darlehen der MünchenerHyp ganz bequem 7/24 kalkulieren, verlängern und den Vertrag ausdrucken kann. Dies ist speziell in Coronazeiten von Vorteil, da man sich zu Hause entweder selbständig oder zusammen mit dem Berater mit der Anschlussfinanzierung frühzeitig befassen kann.Die aktuelle Situation verdeutlicht aber auch, wie wichtig es ist, an diesen Themen weiter zu arbeiten. Aus diesem Grund unterstützt die MünchenerHyp das Projekt Omnikanalberatung Immobilie der genossenschaftlichen Finanzgruppe. Der omnikanalfähige Online-Beratungsansatz ermöglicht es dem Kunden, seine Immobilienfinanzierung selbst zu initiieren und im Laufe des Prozesses auf die persönliche Beratung und Expertise seiner VR-Bank zurückzugreifen. Themen der nächsten JahreDer nächste Schritt wird es sein, Online-Auszahlung, Unterlagenaustausch, virtuelle Besichtigung und Online-Zusageprozesse einzuführen. An all diesen Themen werden wir die nächsten Jahre arbeiten, um unseren Kunden und Partnern die Zusammenarbeit mit der MünchenerHyp so schlank und einfach wie möglich zu machen.Gewissheit darüber, welche Auswirkungen die Coronakrise auf die Immobilien- und Immobilienfinanzierungsmärkte haben wird, kann es zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht geben. Zu schwierig ist es, den weiteren Verlauf der Pandemie und die Auswirkungen auf das wirtschaftliche und öffentliche Leben verlässlich einzuschätzen. Die genannten Gründe sprechen jedoch dafür, dass die Belastungen für die Märkte zwar spürbar sind, aber auch wieder vorübergehen werden. Für Immobilienfinanzierer wie die MünchenerHyp ist es deshalb wichtig, sich frühzeitig auf die Zeit nach der Krise einzustellen. Dabei gilt es vor allem die Digitalisierung in der Immobilienfinanzierung bis hin zur Abschlussfähigkeit weiter voranzutreiben. Thomas Hügler, Bereichsleiter Verbundvertrieb bei der Münchener Hypothekenbank eG