Fünf bis zehn gehen immer
Von Walther Becker, FrankfurtVon der Bombardier-Zugtechnik und Covestro (Bayer Kunststoffe) über Ceramtec, den Lkw-Zulieferer Jost und die Containerreederei Hapag-Lloyd bis zum Baustoffhersteller Xella reicht die (unvollständige) Liste der für dieses Jahr diskutierten Börsenkandidaten. Namen zu nennen verkneift sich Christoph Stanger, der das Europageschäft mit Neuemissionen und Kapitalerhöhungen von Goldman Sachs leitet. Aber bis zu zehn größere Unternehmen könnten nach seiner Einschätzung noch im Herbst an die Frankfurter Börse streben. Damit gibt er die gleiche Prognose wie vor Jahresfrist für die zweite Hälfte 2014 ab – doch ist er heute nicht ganz so euphorisch wie damals. Und mit fünf IPOs – inklusive Zalando, Rocket Internet und dem Autozulieferer Hella – lag er am unteren Ende seiner Prognosespanne. Eine Handvoll waren es übrigens auch in der ersten Hälfte 2103.”Ich kann mir schon vorstellen, dass es fünf bis zehn Börsengänge gibt im zweiten Halbjahr”, sagte Stanger vor Journalisten in Frankfurt. “Die Pipeline ist qualitativ hochwertig.” Anfang August 2014 war sie noch “knallvoll”. Das zweite Halbjahr beginnt im Emissionsgeschäft Anfang September nach der Sommerpause. Fest gerechnet wird in Finanzkreisen mit Covestro als Bayer-Spin-off und Hapag-Lloyd, wo Rothschild jetzt berät. In zahlreichen Fällen sind die Banken längst mandatiert und die Vorbereitungen laufen hinter den Kulissen auf Hochtouren. Früher DialogStanger erwartet größere Emissionen als im bisherigen Verlauf, in dem acht Neulinge mit der Deutschen Pfandbriefbank (im Juli) an der Spitze 3,1 Mrd. Euro eingeworben hatten. Das Emissionsvolumen werde nach dem Sommer voraussichtlich signifikant das der ersten Halbzeit übertreffen. “Da hatten wir noch ein recht dünnes Geschäft in Deutschland”, gibt der stets gemächlich wirkende Österreicher zu, der 1994 bei Goldman angeheuert hatte. Alles in allem verdienten die Investoren mit Börsenneulingen Geld – 15 % im ersten und knapp 8 % im zweiten Quartal (jeweils seit Debüt). Europaweit aus dem Rahmen fällt Windeln.de, wo Goldman Mitgesellschafter und auch im Bankenkonsortium vertreten war. Erstzeichner sitzen auf gut 40 % Verlust.Die jetzigen Kandidaten seien zumeist gut vorbereitet, sagte Stanger, ohne Namen zu nennen. Sie suchten heute den frühen Dialog mit Investoren, um eine Geschäftsbeziehung frühzeitig aufzubauen. Dann sei es auch möglich, angesichts des Umfelds ein IPO abzublasen und es später ohne Stigma aufzulegen wie bei Tele Columbus.Stanger zählt vier Punkte im Makroumfeld zu möglichen Belastungsfaktoren: Griechenland, China, Öl- und Rohstoffpreise und Zinsen, also die US-Notenbank Fed. Als immer optimistischer Investmentbanker lässt er nur eins gelten: Falls sich der Kurseinbruch an Chinas Börsen auf die Realwirtschaft auswirke, werde das zum globalen Problem. “Das ist ein Risikokomplex, den man nicht unterschätzen darf.” Doch noch liege der Index in Schanghai über dem Stand zu Jahresbeginn. Griechenland hingegen sei abgehakt, die niedrigen Rohstoffpreise seien gut für die europäische Industrie und ein Zinsschritt der Fed zum Jahresende könne niemanden überraschen. Gestiegene, aber keineswegs zu hohe Bewertungen – Dax-KGV von 14,6 -, Mittelzuflüsse in Fonds, eine “akzeptable” Volatilität und US-Investoren, die stärker in Europa anlegten, seien positive Faktoren. Weltweit könnte 2015 nach Schätzungen von Goldman Sachs erstmals 1 Bill. Dollar in Eigenkapitalemissionen fließen, inklusive Umplatzierungen und Kapitalerhöhungen. Das bisherige Hoch wurde 2007 mit 927 Mrd. Dollar erreicht, im ersten Halbjahr 2015 waren es 542 Mrd. Dollar.