Für Corona sind die Kapitaldecken zu löchrig
sto Frankfurt – Wissenschaftler warnen davor, dass die europäischen Banken nicht genügend Eigenkapital haben, um der Wirtschaft nach der Coronakrise auf die Beine helfen zu können. Abhängig von der Schwere der Rezession können bei den Kreditinstituten Kapitallücken zwischen 143 und 600 Mrd. Euro entstehen, stellen Moritz Schularick, Sascha Steffen und Tobias Tröger in der Studie “Bank capital and the European recovery from the Covid-19 crisis” fest. Am schlimmsten sei die Lage für französische, deutsche, spanische und italienische Institute. Die drei Bankenexperten sprechen sich daher für eine Rekapitalisierung über den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) aus.Das erinnert an das Vorgehen der USA in der Weltfinanzkrise, als die dortigen Geldinstitute nach der Lehman-Pleite mit Eigenkapital zwangsbeglückt wurden. Tröger arbeitet am Leibniz-Institut für Finanzmarktforschung Safe in Frankfurt, Steffen an der Frankfurt School of Finance & Management sowie Schularick an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Sie haben für ihr Safe-White-Paper einen Bankenstresstest mit verschiedenen Szenarien durchgespielt. Als Basis für ihre Berechnungen dienen die Daten der europäischen Bankenaufsichtsbehörde EBA zu insgesamt 79 Kreditinstituten der Eurozone, von denen 42 börsennotiert sind.Für die Berechnung der Auswirkungen der Corona-Folgen für Europas Banken wurde eine systemische Krise simuliert, bei der die Aktienmärkte innerhalb von sechs Monaten um 40 % einbrechen. Die jeweiligen Kapitalfehlbeträge der Kredithäuser schwanken je nach Verhältnis von vorhandenem Eigenkapital zu den Gesamtaktiva. Zudem spielen die Länge der Krise und mögliche Staatshilfen für Unternehmen eine Rolle. In dem moderaten Szenario etwa, das eine Gesamtkapitallücke von rund 143 Mrd. Euro errechnet, entfallen mehr als die Hälfte davon, nämlich 77 Mrd. Euro, auf Frankreich. Am zweitgrößten ist mit knapp 47 Mrd. Euro die Lücke bei deutschen Häusern. Für Italien berechneten die Wissenschaftler fast 14 Mrd. Euro und für Spanien 4 Mrd. Euro.Nur mit einem ausreichend kapitalisierten Bankensektor indes werde es gelingen, die drohende Rezession in Europa durchzustehen, mahnen die Bankenexperten. Denn schon zuvor hätten andere Wissenschaftler festgestellt, dass die unzureichende Kapitaldecke der europäischen Banken im Vergleich zu den US-Wettbewerbern, die vom Staat in der Finanzkrise rekapitalisiert worden waren, mit dafür gesorgt habe, dass sich die europäische Wirtschaft im Vergleich zur US-Wirtschaft schwächer entwickelt habe. Unterkapitalisierte Banken bremsen grundsätzlich die wirtschaftliche Erholung aus, weil das fehlende Eigenkapital das Kreditangebot schmälert. Teufelskreis durchbrechenFür eine Rekapitalisierung der Banken über den ESM spreche, “dass keine neuen regulatorischen Strukturen aufgebaut werden müssen, sondern die in der Krise bislang ungenutzten finanziellen Ressourcen des ESM als gesamteuropäische Auffanglösung dienen”, so Tröger. Zum einen wären keine Bad Banks zur Abwicklung maroder Geldhäuser nötig. Zum anderen könnte der Teufelskreis aus klammen Banken und überschuldeten Staaten aufgebrochen werden. “Der ESM ist die einzige existierende europäische Institution, die finanziell zu einer Lösung in der Lage ist”, meint Tröger. Die bislang in der Krise beschlossenen Kapitalerleichterungen für die Banken reichten nicht aus.