ANSICHTSSACHE

Garant für einen stabilen Baufinanzierungsmarkt

Börsen-Zeitung, 26.10.2012 Noch ist die Finanzkrise nicht verdaut, da wird bereits die Furcht vor einer neuen Bedrohung geschürt: einer Immobilienblase. Festgemacht wird dieses Krisenszenario an den steigenden Immobilienpreisen, insbesondere in den...

Garant für einen stabilen Baufinanzierungsmarkt

Noch ist die Finanzkrise nicht verdaut, da wird bereits die Furcht vor einer neuen Bedrohung geschürt: einer Immobilienblase. Festgemacht wird dieses Krisenszenario an den steigenden Immobilienpreisen, insbesondere in den Ballungsgebieten der Republik.In der Tat haben sich die Immobilienpreise in den vergangenen Jahren wieder deutlich nach oben bewegt. In den bevorzugten Metropolen Berlin, Hamburg und München stiegen die Wohnungspreise sogar im Durchschnitt um 20 %, in bevorzugten Lagen sogar darüber hinaus. Dennoch sind die Befürchtungen grundlos und übertrieben, und zwar aus drei wesentlichen Gründen. Steigende NachfrageZum Ersten ist die Nachfrage nach Immobilien aus vielerlei Motiven heraus wieder gestiegen. Sie trifft auf ein knapp gewordenes Gut. Schließlich wurde in den zurückliegenden Jahren viel zu wenig gebaut, wie auch Bundesbauminister Peter Ramsauer erst unlängst bestätigte. Das Forschungsinstitut Empirica beziffert den Fehlbestand an Wohnungen sowie Ein- und Zweifamilienhäusern in Deutschland auf 300 000 bis 350 000.Auch wenn im vergangenen Jahr mit etwa 185 000 Fertigstellungen eine Wende zu verzeichnen ist, so lässt sich die Angebotslücke nicht so schnell schließen. Kurz: Derzeit werden keine Luftschlösser oder bloße Spekulationsobjekte gebaut, es wird nur einer steigenden Nachfrage Rechnung getragen, die sich in kletternden Preisen widerspiegelt.Zweitens liegen die Forderungen der Verkäufer oder Vermieter nicht im Utopischen, sondern erreichen trotz des Anstiegs der vergangenen Monate erst wieder das Niveau von 2004. Wer heute die Preisentwicklung auf dem Immobilienmarkt betrachtet, vergisst allzu schnell, dass in den vergangenen rund zehn Jahren die Kurve zunächst einmal abwärts gerichtet war, bevor sich jetzt eine Trendumkehr einstellte. Zu knappes AngebotUnd drittens folgen die Mieten dieser Kaufpreisentwicklung. Denn auch ihre Richtung zeigt nach oben – ebenfalls Zeichen eines zu knappen Angebots, einer weiter wachsenden Nachfrage und damit kein Grund, an das Entstehen einer Blase zu glauben.Die jetzt von vielen beklagte Entwicklung kommt nicht aus heiterem Himmel. Die Bausparkassen – aber nicht nur sie – haben in den vergangenen Jahren regelmäßig die zu geringe Bautätigkeit beklagt – auch vor dem erkennbaren Hintergrund, dass immer mehr Menschen größere Wohnungen suchen und der Trend zu Single-Haushalten unvermindert anhält.Die Furcht vor einer Immobilienblase suggeriert, dass quasi über Nacht Werte und Vermögen auch hierzulande in ähnlicher Weise und mit ähnlichen Ausmaßen vernichtet werden, wie es in den USA oder Spanien zuletzt zu beobachten war. EigenkapitalbeteiligungWer so denkt, übersieht die grundsätzlichen Unterschiede in der Finanzierung von Immobilienvermögen. Während andernorts Wohnungen und Häuser zu 100 % und mehr kreditfinanziert sind, fordern deutsche Baufinanzierer von ihrer Privatkundschaft eine Eigenkapitalbeteiligung, bevor sie Verbrauchern Geldmittel zur Verfügung stellen. Als Faustregel gelten mindestens 20 % Eigenmittel. Bei den Bausparkassen ist diese Kapitalbildung elementarer Bestandteil eines Produkts, das der Staat und seine Institutionen genehmigen, kontrollieren und über ein Schutzgesetz in einen engen rechtlichen Rahmen gefasst haben. Vor genau 40 Jahren, im November 1972, schuf die damalige Bundesregierung das Bausparkassengesetz. Oberstes Gebot: SicherheitEs ist vielleicht das erste, auf alle Fälle aber ein wirkliches Verbraucherschutzgesetz.Denn das Bausparkassengesetz dient vorrangig dem Schutz des Kunden, aber auch den Eigeninteressen der Institute. Es regelt zum Beispiel, dass die Bausparkassen das Geld ihrer Kunden nur höchst solide anlegen dürfen. Sicherheit ist dabei oberstes Gebot. Zusätzlich verlangt das Gesetz, dass die Institute mit dem Fonds zur bauspartechnischen Absicherung Rückstellungen für den Fall bilden, dass die Zuteilungsmittel der Nachfrage nicht standhalten. Die Sicherheit der Geldanlage und die Stabilität des Systems wurden also bereits vor 40 Jahren festgeschrieben. Wer heute die Finanzwelt betrachtet, wünschte sich dieses enge Korsett auch für viele andere Produkte und Systeme – und bewundert die Weitsicht des damaligen Gesetzgebers.Schon vor vielen Jahren, lange vor der Finanzkrise, war in einem Fachaufsatz zum Bausparkassengesetz zu lesen, dass die Bausparkassen “zu ihrem Glück gezwungen” wurden, weil ihnen “Irrwege und waghalsige Experimente in fremden Gefilden von Amts wegen versperrt worden sind”. Dem kann ich nur uneingeschränkt zustimmen. Und es liegt in den Händen des Gesetzgebers, dass ihnen, vor allem aber ihren Kunden diese Irrwege auch zukünftig versperrt bleiben. Deshalb besteht die Aufgabe der Bausparkassen und des Gesetzgebers gleichermaßen darin, sich sowohl für die Bewahrung dieses Gesetzes als auch für seine behutsame Weiterentwicklung einzusetzen. Gelingt dies, kann es den Anforderungen des Marktes und der zunehmenden Regulatorik auch in Zukunft gerecht werden. Mustervorlage für den StaatDer Kern des Bausparkassengesetzes, der Schutz der Institute und ihrer Kunden, kann in der aktuellen Situation die Mustervorlage sein für staatliches Handeln in Sachen Verbraucherschutz. Es ist und bleibt ein Garantiebaustein für eine solide Immobilienfinanzierung in Deutschland, die dem Entstehen von Blasen entgegenwirkt.—-Dr. Matthias Metz ist Vorstandsvorsitzender der Bausparkasse Schwäbisch Hall AG. In dieser Rubrik veröffentlichen wir Kommentare führender Vertreter der Wirtschafts- und Finanzwelt, von Politik und Wissenschaft.——–Von Matthias Metz ——-Das Bausparkassengesetz wird 40 Jahre alt. Es versperrt den Bausparkassen und ihren Kunden Irrwege. So soll es bleiben.