Geldklemme weckt Krisenängste
Die verschärfte Liquiditätsknappheit am chinesischen Geldmarkt hat sich in Gerüchten über Zahlungsausfälle großer chinesischer Banken entladen. Nachdem die Zentralbank hinter den Kulissen für etwas Nachschub sorgte, hat sich die Situation allerdings wieder entspannt.nh Schanghai – Die extremen Spannungen am chinesischen Geldmarkt haben Befürchtungen aufkommen lassen, dass das Reich der Mitte auf eine Bankenkrise zusteuert. Das drittgrößte Kreditinstitut des Landes, die Bank of China, trat gar mit formellen Dementis Gerüchten entgegen, dass sie ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen kann.Immer dramatischer ansteigende Geldmarktsätze untereinander hatten zu einer Art Festfrieren des Interbankenmarktes geführt, der bei den Marktteilnehmern Reminiszenzen an die Refinanzierungsblockade im Zusammenhang mit der Pleite von Lehman Brothers vor fünf Jahren weckte. Zuletzt waren die chinesischen Refinanzierungssätze für Tagesgeld unter den Banken und einwöchige Wertpapierpensionsgeschäfte auf neue Rekordwerte geschossen. Im Zuge der hektischen Dispositionen unter Banken soll es zur verspäteten Erfüllung eines Geldmarktgeschäfts der Bank of China gekommen, dass entsprechende Panik schürte. Zeitweilig hieß, dass auch Chinas größtes Kreditinstitut, die Industrial and Commercial Bank of China (ICBC), Schwierigkeiten habe, den Verpflichtungen nachzukommen. Die wild ins Kraut schießenden Gerüchte entsprechen allerdings nicht der Sachlage. Tatsächlich sind es nicht alle staatlich kontrollierten chinesischen Großbanken im Reich, die sich in Liquiditätsschwierigkeiten befinden, sondern kleinere und mittlere Banken, die auf den Geldmarkt angewiesen sind, um ihre volatile Einlagenbasis zu stützen. Chinas Zentralbank hat die heimische Kreditwirtschaft mit einem für sie völlig ungewohnten Stresstest konfrontiert, indem sie die sonst üppige Liquiditätsversorgung zu einem Zeitpunkt zurückgefahren hat, an dem die Banken aufgrund des nahenden Quartalsende erhöhten Mittelbedarf haben, um regulatorische Quoten zu erfüllen.Die Zentralbank hatte in den letzten Wochen einen restriktiveren Kurs gefahren und auf liquiditätsspendende Offenmarktgeschäfte verzichtet, weil sie befürchtet, dass die Banken günstige Liquiditätsbedingungen für spekulative Zinsgeschäfte und die Refinanzierung von Schattenbanken eingesetzt haben. Damit entspricht sie der von der chinesischen Regierung ausgegebenen Linie, mit einer vorsichtigen Geldpolitik den wachsenden Finanzstabilitätsrisiken in China zu begegnen.Um die harten Linie offiziell aufrecht zu erhalten, aber einer akuten Krisenstimmung zu begegnen, ordnete die Zentralbank am Freitag dem Vernehmen nach einigen Großbanken an, ihre gehorteten Reserven stärker am Interbankenmarkt einzubringen, um kleineren Instituten aus der Patsche zu helfen.Auch soll die People’s Bank of China bei einzelnen Instituten über sogenannte Reverse Repos mit Zentralbankgeld nachgeholfen haben. Danach ging der Tagesgeldsatz, der am Vortag fast 13 % erreicht hatte, wieder auf 8,5 % zurück. Er liegt aber damit immer noch mehr als doppelt so hoch wie im April und Mai. Marktteilnehmer rechnen damit, dass es noch mindestens bis zum Quartalsende bei angespannten Interbankkonditionen bleibt.