Gemeinwohl spielt eine immer größere Rolle

Kunden achten verstärkt auf Nachhaltigkeit der Geschäftsmodelle - Investoren fordern klare und glaubwürdige Aussagen zur Anlagestrategie

Gemeinwohl spielt eine immer größere Rolle

Ein Gesetz der Physik besagt, dass eine Kraft eine gleich große Gegenkraft, eine Aktion eine gleich große Reaktion hervorruft. Demgemäß kann man das steigende Interesse an wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Nachhaltigkeit als eine Reaktion auf die ungesunden Entwicklungen der vergangenen Jahre erklären. Übertreibungen in der Finanzwirtschaft führten vor mehr als fünf Jahren zum Bankrott der US-Investmentbank Lehman Brothers und bewirkten Verwerfungen an den Finanzmärkten. Auf beiden Seiten des Atlantiks resultierten daraus eine Bankenkrise und in Europa zudem eine Staatsschuldenkrise.Heute wird immer stärker hinterfragt, welche Rolle Kreditinstitute einnehmen sollen und worauf ihr Handeln letzten Endes abzielt. Es wird zu Recht zwischen Kreditinstituten unterschieden, die Renditemaximierung zum Unternehmensziel ausrufen, und anderen Kreditinstituten, die eine auskömmliche Rendite als Mittel ansehen, um die ihnen übertragenen Aufgaben zu erfüllen. Zu dieser Unterscheidung gehören auch die Fragen, welchen Beitrag Kreditinstitute zu einem nachhaltigen Wachstum leisten oder ob sie mit ihren Finanzgeschäften potenziell den bereits erarbeiteten Wohlstand breiter Bevölkerungsteile gefährden.Sparkassen stärken kommunale Geld- und Wirtschaftskreisläufe, sie sichern Arbeitsplätze und engagieren sich für das Allgemeinwohl. All das fällt unter die ökonomische Nachhaltigkeit und sorgt dafür, dass Geld bei Sparkassen nicht nur gut, sondern besser angelegt ist. Dies war schon vor der Finanzkrise so und ist jetzt wichtiger denn je. Ein Herz für Kunst und KulturJedes Jahr geben die Unternehmen der Sparkassen-Finanzgruppe rund eine halbe Milliarde Euro für gemeinnützige Zwecke aus. Die Gelder fließen in großer Zahl in Engagements vor Ort, viele davon in Kunst, Kultur und Sport oder auch in die Jugendförderung. Die Sparkassen-Finanzgruppe ist damit der größte nichtstaatliche Kultur- und Sportförderer Deutschlands.Wesentlich ist aber auch, dass Sparkassen ausschließlich in ihrer Kommune tätig sind. Aus Spareinlagen werden Kredite vor Ort. Das Geld, das hier verdient wird, wird für die Menschen, die Wirtschaft und die Gesellschaft im Gebiet des Trägers eingesetzt. Dies wird auch von den Kunden erwartet. Zwei von drei Bundesbürgern befürworten die Investition von Spareinlagen in der eigenen Region. Im besten Sinn des WortesDie Sparkassen in Deutschland verfolgen seit mehr als 200 Jahren eine Geschäftsphilosophie, die man allein schon wegen des langjährigen Erfolgs als nachhaltig bezeichnen kann. Ihre Gründung steht im Einklang mit dem Prinzip der kommunalen Selbstverwaltung. Von Beginn an versetzen Sparkassen die Bürgerinnen und Bürger durch Sparen in die Lage, für Lebensrisiken selbst vorzusorgen. Sparkassen geben damit Hilfe zur Selbsthilfe und bieten dafür einen sicheren Rahmen. Und nicht nur das: Die Sparkassen verwenden das so eingesammelte “kleine” Kapital, um Investitionen in Gewerbe und Industrie, in das Eigenheim und andere Anschaffungen zu finanzieren. Die Geschäftstätigkeit kommt ebenso wie die Ausschüttungen und Spenden der Allgemeinheit vor Ort zugute. Zunehmendes InteresseFür die zunehmenden Nachfragen hinsichtlich der Nachhaltigkeit des Geschäftsmodells sind die Sparkassen daher in einer guten Ausgangsposition. Derartige Fragen stellen zum einen institutionelle Anleger ihren kreditwirtschaftlichen Partnern, bevor sie Geld anlegen. Bereits die Hälfte dieser Investoren berücksichtigt nach einschlägigen Umfragen Nachhaltigkeitskriterien bei Anlageentscheidungen. Solche Fragen stellen aber auch mittelständische Firmenkunden, die ihrerseits ebenfalls vor der Aufgabe stehen, Rechenschaft über die Nachhaltigkeit ihres unternehmerischen Handelns abzulegen. Hier werden von einem Kreditinstitut klare und glaubwürdige Aussagen zu Anlagestrategien, zu einer Nachhaltigkeitsstrategie immer wichtiger.Aber auch in der breiten Bevölkerung nimmt das Interesse an der Nachhaltigkeit einer Geschäftsstrategie und einer Geldanlage zu. Eine wachsende Zahl von Kunden berücksichtigt bei ihrer Kaufentscheidung heutzutage neben einer guten Beratung und einem fairen Preis das soziale und ökologische Profil des Anbieters. Das gilt gerade auch für die Finanzbranche. In unserem Vermögensbarometer 2013 hat der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) ermittelt, dass die Gemeinwohlorientierung eines Finanzdienstleisters der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung ein sehr wichtiges Anliegen ist. 85 % der Kunden legen Wert darauf, dass ein Kreditinstitut sich auch um das Gemeinwohl und die Gesellschaft kümmert.Dass Sparkassen gut für ihre Region sind, ist vielen Menschen bereits bewusst. Allerdings stehen immer mehr Sparkassen vor der Herausforderung, dezidiert darlegen zu müssen, was genau die Nachhaltigkeit der Geschäftsstrategie ausmacht und wie sich die Nachhaltigkeit über die Jahre weiterentwickelt. Dort, wo Sparkassen freiwillig über Nachhaltigkeit Rechenschaft ablegen wollen, hilft die Systematik, die wir als DSGV im Rahmen der Kooperation mit dem Rat für nachhaltige Entwicklung und dem Deutschen Nachhaltigkeitskodex entwickelt haben. Technisch gesprochen wurde hier ein spezielles Set mit Nachhaltigkeitsindikatoren entwickelt, das für Kunden, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie die Zivilgesellschaft ebenso wie für Träger und die breite Öffentlichkeit transparent macht, wie die Sparkassen mit ihrer unternehmerischen Haltung, mit ihren nachhaltigen Produkten und gesellschaftlichen Initiativen den Wohlstand fördern und sich für die gesellschaftliche Zukunft in der Region einsetzen. Anerkanntes BerichtssystemDies mündet in eine neue Art der Nachhaltigkeitsberichterstattung. Sie stellt in den Mittelpunkt, auf welche Weise eine Sparkasse Geld verdient. Erstmals ist es gelungen, den öffentlichen Auftrag von Sparkassen in eine solche Nachhaltigkeitsberichterstattung zu integrieren. Das bietet neue Chancen in der Kommunikation gegenüber Kunden und Trägern. Um das neue Berichtssystem auch in den Kontext anderer Berichterstattungsstandards zu stellen, haben wir eine Anerkennung durch den Deutschen Nachhaltigkeitskodex erreicht. Der Rat für Nachhaltige Entwicklung begrüßt den eigens für Sparkassen entwickelten Kriterienkatalog zur Nachhaltigkeitsberichterstattung und erkennt ihn als Grundlage an, um die Anforderungen des Deutschen Nachhaltigkeitskodexes zu erfüllen. Im Rahmen dieser Kooperation mit dem Rat für Nachhaltige Entwicklung können sich Sparkassen mit anderen Wirtschaftsunternehmen in Deutschland messen, und zwar nach Kriterien, die auch international vergleichbar sind.Wir denken, dass wir in der aktuellen Phase, in der die Volkswirtschaften in den Industriestaaten insgesamt wieder positive Beispiele von funktionierenden Kreditinstituten suchen, ein überzeugendes Modell vorweisen können. Während andere Teile der Finanzwirtschaft noch ihre Rolle und Aufgabe neu definieren und finden müssen, haben die Sparkassen ihre dienende Rolle für die übrige Wirtschaft und Gesellschaft nie aus den Augen verloren. Bei der notwendigen Rückbesinnung auf die Aufgaben von Kreditinstituten spielt die Diskussion um die Nachhaltigkeit in der Wirtschaft eine wichtige Rolle. Als Sparkassen stellen wir uns dieser Diskussion und sind von der Nachhaltigkeit unseres Geschäftsmodells überzeugt.—Von Georg Fahrenschon, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands (DSGV)