Generali umarmt deutsche Tochter
Der drittgrößte europäische Versicherer Assicurazioni Generali will die Minderheitsaktionäre seiner deutschen Tochter herausdrängen. Das könnte gut 400 Mill. Euro kosten. Die lange Reihe von Squeeze-outs in der deutschen Versicherungsbranche setzt sich damit fort.ak/tkb Düsseldorf/Mailand – Der italienische Generali-Konzern will seine deutsche Tochter noch enger an sich binden. Die Börsennotierung des zweitgrößten Erstversicherers hierzulande wird damit bald Geschichte sein. Die Mutter in Triest will die außenstehenden Aktionäre per Squeeze-out herausdrängen und hat sich dafür die bindende Zusage einiger Minderheitsaktionäre geholt, um über die notwendige Schwelle von 95 % zu kommen. Bislang belief sich die Beteiligung der Assicurazioni auf 93,02 %. Um wen es sich bei den Abgabewilligen handelt, wollte Generali nicht bekannt geben.Der Aktienkurs des früher im MDax notierten Versicherungskonzerns kletterte am Mittwoch nach der Ad-hoc-Mitteilung vom Vorabend (vgl. BZ vom 10. Juli) um 8 %. An der Börse wird die Generali Deutschland mit 5,8 Mrd. Euro bewertet. Die wichtigste Auslandstochter erzielte 2012 Beitragseinnahmen von 17,2 Mrd. Euro und ein Konzernergebnis von 504 Mill. Euro. Nimmt man den derzeitigen Aktienkurs als Basis, würde die Komplettübernahme der deutschen Tochter die Assicurazioni Generali gut 400 Mill. Euro kosten. Die Italiener wollen das aus eigenen Mitteln finanzieren. Wie der Konzern am Mittwoch bekannt gab, veräußerte Generali in den 24 Stunden zuvor 15,5 Millionen Aktien – das entspricht rund 1 % des Aktienkapitals – an institutionelle Investoren. Als Verkaufspreis wurden 13,95 Euro pro Aktie genannt, was eine Gesamtsumme von rund 216 Mill. Euro ergibt. Käufer waren primär institutionelle Investoren aus Großbritannien und den USA. Das Angebot sei zweifach überzeichnet worden, bestätigte ein Unternehmenssprecher. Greco baut umFür Italien kam der Deal zu diesem Zeitpunkt überraschend. Allerdings hat CEO Mario Greco wissen lassen, dass Verkaufsverhandlungen nur dann zum Erfolg führten, wenn sie nicht angekündigt seien. Er kritisierte damit seinen Vorgänger Giovanni Perissinotto, der den Verkauf der US-Rückversicherungstochter Generali US und der Schweizer Privatbanktochter BSI im Voraus ankündigte, wodurch große Verzögerungen entstanden. Nach dem Verkauf der US-Tochter vor wenigen Wochen scheinen nun auch die Verkaufsverhandlungen von BSI (Banca Svizzera Italiana) in die Endrunde gegangen zu sein. Zwei Anbieter aus Spanien und Portugal sind gemeinsam mit einer chinesischen und einer Schweizer Bank an der im Private Banking tätigen Generali-Tochter interessiert. Als Preis werden 1,8 Mrd. Euro genannt. Insgesamt will der Triester Versicherer bis 2015 Assets im Volumen von rund 4 Mrd. Euro abgeben.Generali will in Zukunft ihr Kerngeschäft festigen und nur mehr in “strategisch wichtigen” Ländern tätig sein, wie der seit knapp einem Jahr amtierende Greco kürzlich in der Börsen-Zeitung erläutert hatte. Neben Italien, Deutschland und Frankreich zählt Osteuropa zu den Märkten im Fokus. Dort übernimmt der Versicherer das Joint Venture PPF mit dem tschechischen Finanzier Petr Kellner für 2,5 Mrd. Euro derzeit in zwei Tranchen komplett.Der Rückzug der Generali Deutschland vom Kapitalmarkt steht für einen generellen Trend und war schon lange erwartet worden. Die Triester Mutter hatte dem deutschen Streubesitz bereits 2006 ein Angebot von 98 Euro je Aktie vorgelegt, woraufhin ihr Anteil von 71 auf 85 % gestiegen war.Wohl in kaum einer Branche wurden die Squeeze-out-Regeln so intensiv genutzt wie in der Versicherungswirtschaft. Der 2002 eingeführten Zwangsabfindungsregel fielen zunächst die Notierungen von AachenMünchener, Alte Leipziger, Volksfürsorge, Victoria, Thuringia oder Vereinte zum Opfer. Es folgten die Gerling Allgemeine und Axa Konzern AG. 2009 traf es Kölnische Rück und DBV-Winterthur, 2010 war Ergo dran. Der Talanx-Börsengang im Oktober 2012 bleibt die große Ausnahme in die Gegenrichtung.