Genossenschaftsbanken erwarten deutlichen Gewinnanstieg
BVR verbreitet Zuversicht für Genossenschaftsbanken
Eigenanlagen erholen sich – Rückkehr auf hohen Gewinn prognostiziert – Sorge vor EZB-Konkurrenz bei Geldanlage und Zahlungsverkehr durch digitalen Euro
Die Genossenschaftsbanken erwarten wieder bessere Zeiten. Nach den immensen Belastungen bei den eigenen Zinspapieren sind Wertaufholungen bereits dieses Jahr erkennbar, so der BVR. Auch der Gewinn wird der Prognose zufolge wieder auf übliche Niveaus klettern. Sorge bereiten erste Konzepte für den digitalen Euro.
sto Frankfurt
Die genossenschaftliche Finanzgruppe schaut nach den milliardenschweren Abschreibungen auf die eigenen Wertpapierbestände durch die Zinswende 2022 im laufenden Turnus mit Zuversicht nach vorn. Wie Tanja Müller-Ziegler, Vorstandsmitglied des Bundesverbands der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR), am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Frankfurt berichtete, seien Wertaufholungen bei den Anleihen im Eigenbestand erkennbar. Zugleich rechnet der Verband mit einem steigenden Zinsüberschuss infolge der Zinserhöhungen der Notenbanken. Daher wird nach dem deutlichen Rücksetzer 2022 in diesem Jahr und darüber hinaus wieder mit Gewinnen von rund 8 Mrd. Euro gerechnet. 2022 war das Ergebnis vor Steuern wegen der hohen Abschreibungen auf 3,9 von 10,5 Mrd. Euro zurückgegangen.
Ein Gewinn von 8 Mrd. Euro entspricht den Angaben zufolge dem Durchschnitt, den die Gruppe in den Jahren vor 2022 erwirtschaftet hatte. Dieser Wert umfasst nicht nur die Ortsbanken, sondern schließt auch die Gruppenunternehmen mit ein und ist auf Basis der internationalen Rechnungslegungsregeln IFRS umgerechnet, obgleich die Primärbanken nach den deutschen HGB-Regeln bilanzieren. Ohne die milliardenschweren Bewertungseffekte, also operativ, wäre auch 2022 ein Gewinn von 8 Mrd. Euro erreicht worden. Angesichts des zunehmenden Wettbewerbs um Kundeneinlagen durch höhere Zinsangebote für Einlagen bei der Konkurrenz rechnet Müller-Ziegler damit, dass der Zinsaufwand in diesem Jahr prozentual stärker steigen wird als der Zinsertrag. Denn um Kunden vom Abwandern abzuhalten, werden zunehmend auch die Volks-, Raiffeisen-, PSD- oder Sparda-Banken gezwungen sein, bessere Konditionen zu bieten.
Wenig Sorge bereitet dagegen die Risikovorsorge für Kredite, wie BVR-Vorstand Daniel Quinten ausführte – trotz des Konjunktureinbruchs: “In den uns vorliegenden Daten ist noch keine wesentliche Verschlechterung der Kreditqualität beziehungsweise ein Anstieg von Kreditausfällen zu sehen.” Die Vorsorge für den laufenden Turnus werde in etwa auf dem Niveau von 2022 (1,4 Mrd. Euro) bleiben. Dieser Wert beinhalte zudem einen hohen Anteil an modellinduzierter Reserve.
Weniger Stress mit Stresstests
Quinten erneuerte die BVR-Forderungen nach Erleichterungen für kleinere Banken bei den umfänglichen Datensammlungen für die Stresstests und Überprüfungsverfahren der Aufsicht sowie bei den Veröffentlichungspflichten zur Nachhaltigkeit. Die bislang erreichten Abstufungen in den EU-Regelwerken für weniger bedeutende Institute unterhalb einer Bilanzsumme von 5 Mrd. Euro bei Offenlegung, Berechnung von Liquiditätskennziffern und Meldewesen reichen nach Ansicht Quintens nicht aus. Zum einen würde es kleinere Häuser entlasten, wenn sich die Aufsicht selbst als notwendig betrachtete Daten besorge, statt dass seitenweise Formulare ausgefüllt werden müssten durch die Bank selbst. Zum anderen müsse der Umfang der Datensammlung für die Stresstests reduziert werden – etwa, wenn eine bestimmte Mindestkapitalisierung vorliege.
Als Beispiel für den enorm gestiegenen Aufwand nannte Quinten das Liquiditätsmeldewesen. Seien vor der Finanzkrise vor 15 Jahren 600 Meldepunkte Pflicht gewesen, seien es nunmehr bereits 21.000 Datenpunkte.
Quinten wandte sich zugleich gegen Pläne der EU-Kommission, die Abwicklung von Banken auch bei kleineren Häusern zum Standard zu machen. Sparkassen und Genossenschaftsbanken sehen darin eine Bedrohung der eigenen Institutssicherungssysteme, die vielmehr auf Prävention setzen. Diese Systeme bezeichnete Quinten als Basis für das hohe Vertrauen der Kunden hierzulande in das Bankensystem, “das für die Finanzstabilität immens essenziell ist”. Dies habe sich im Falle der jüngsten Bankenturbulenzen in den USA und der Schweiz erneut gezeigt.
Kritisch äußerte sich BVR-Präsidentin Marija Kolak zu den derzeit angedachten Freiheiten für die Europäische Zentralbank bei der Ausgestaltung des geplanten digitalen Euro. Hier müsse zunächst das konkrete Mandat der EZB “politisch sauber” diskutiert werden. Die Kreditgenossen, aber auch Sparkassen und Privatbanken befürchten durch den digitalen Euro eine staatlich garantierte Konkurrenz bei Kundeneinlagen und im Zahlungsverkehr.