Gentleman-Banker und Gourmet
Von Gerhard Bläske, MailandCarlo Messina ist ein Mann der leisen Töne. Dabei hat er das gar nicht nötig. Auch für das zweite Quartal 2019 hat der CEO der italienischen Großbank Intesa Sanpaolo wieder solide Zahlen vorgelegt, die das Institut zu einem der ertragsstärksten in Europa machen.Der gebürtige Römer hat sich auch im harten Bankgeschäft Menschlichkeit bewahrt. Er ist sich nicht zu schade, persönlich zum Abschiedsfest einer ausländischen Journalistin zu erscheinen, um sich persönlich von ihr zu verabschieden, oder einer schwer erkrankten Mitarbeiterin mit einer herzlichen Umarmung zu danken. Im gesellschaftlichen Leben Mailands, wo die Bank ihren Sitz hat, ist Messina, Jahrgang 1962, aber praktisch nicht präsent. Eine Ausnahme gibt es: Dem Programm der Scala folgt er mit großer Aufmerksamkeit. Wann immer es sein dichtes Programm erlaubt, besucht er zusammen mit seiner Frau eine Aufführung des berühmten Opernhauses.Messina formuliert leise und oft mit feinem Humor. Dass er ein Mann der Zahlen ist, ist nicht zu überhören. Nach dem Studium der Wirtschaftswissenschaften an der renommierten römischen Privatuniversität Luiss begann er seine Berufslaufbahn 1987 bei der damaligen Banca Nazionale del Lavoro (BNL). Gleichzeitig unterrichtete er an der Managementschule der Luiss Finanzwissenschaften und an der Wirtschaftsfakultät der Universität Ancona. Er schätzt den Kontakt zur Jugend. Immer wieder erhält er Anfragen für Lehraufträge, die er meist abschlägig bescheidet. Er ist aber Mitglied im Board der renommierten Bocconi-Universität. Wie der Vater, so der SohnMessina, dessen Mutter aus Apulien stammt, während der Vater aus Sizilien kommt, wurde der Beruf fast in die Wiege gelegt. Sein Vater hat einst einem Institut vorgestanden, das heute Bestandteil der Banca Intesa ist. Nach einer Zwischenstation bei der Banco Ambrosiano Veneto arbeitet Messina seit 1998 für die Intesa Sanpaolo und stieg dort schnell auf. 2008 wurde er Finanzvorstand und 2012 zugleich Generaldirektor. Seit Mai 2013 ist er CEO.Messina gehört zu den erfolgreichsten Chefs des Gewerbes. Gemessen an der Marktkapitalisierung, der für die Aktionäre wichtigen Dividendenrendite, aber auch an der Gewinnentwicklung, steht Intesa Sanpaolo, die Ergebnis vieler Übernahmen und Fusionen ist, nicht nur in Italien, sondern auch in Europa weit vorne. Messina setzte früher als andere auf die Vermögensverwaltung, die mehr als die Hälfte zu den Einnahmen der Bank beiträgt. Ein weiterer Fokus liegt auf dem Ausbau des Versicherungsgeschäfts.Messina pflegt auch gute Kontakte zur Politik. Das erleichterte ihm 2017 die Übernahme zweier italienischer Krisenbanken – wobei der Staat mit Milliardenspritzen half. Und er trug wesentlich dazu bei, dass die Bank ohne größere Blessuren durch die Banken- und Finanzkrise kam.Der mit einer Römerin verheiratete Bankenchef hat sich zugleich als Gourmet einen Namen gemacht. Auf Auslandsreisen versuche er immer, einen Besuch in einem Spitzenrestaurant einzubauen, berichtet er lächelnd. Neben der Oper und klassischer Musik liebe er das Meer – gelegentlich segele er. Im Sommer ziehe es ihn aber eher in die Berge. Skandale oder Verstrickungen in Ermittlungen gibt es von ihm nicht zu vermelden. Seine einzige Besonderheit sind die etwas längeren, aber stets gepflegten dunklen Haare.Messina legt auch Wert auf die Pflege des reichhaltigen künstlerischen Erbes der Bank, das über 30 000 Werke und drei Museen in Mailand, Vicenza und Neapel umfasst. Regelmäßig werden Ausstellungen organisiert. Die Kunst, eine Großbank erfolgreich zu führen, beherrscht er ja ohnehin schon.