Geordneter Prozess der Hängepartie

Die Kür einer Commerzbank-Aufsichtsratsspitze hakt nicht zum ersten Mal

Geordneter Prozess der Hängepartie

Von Bernd Neubacher, Frankfurt”Machen Sie sich also keine Sorgen, es gibt hier einen geordneten Prozess”, erklärte Commerzbank-Aufsichtsratschef Stefan Schmittmann Ende vergangener Woche in einem im Intranet des Instituts veröffentlichten Interview, nachdem er seinen Abschied zum 3. August angekündigt hatte. Eine Woche später schon scheint nicht mehr jeder Beobachter den Eindruck eines geordneten Prozesses zu haben.In der außerordentlichen Sitzung des Aufsichtsrates zur Wochenmitte hat sich im 20 Leute umfassenden Gremium offenbar keine Person gefunden, die ihren Hut für die Nachfolge Schmittmanns in den Ring wirft. Nun soll sich dem Vernehmen nach Jutta Dönges, Geschäftsführerin der Finanzagentur des Bundes, als dessen Abgesandte sie erst im Mai in das Kontrollgremium und dessen Präsidial- und Nominierungsausschuss gewählt worden ist, auf die Suche nach einem nachrückenden Aufsichtsratsmitglied machen, das sich im Idealfall direkt an dessen Spitze installieren lässt.Das Anforderungsprofil ist durchaus anspruchsvoll. Die künftige Aufsichtsratsspitze muss schließlich gleich als erste Amtshandlung den Vorstandsvorsitz neu besetzen und dabei den Interessen eines Aktionariats gerecht werden, das soeben bewiesen hat, dass es Vorstand und Aufsichtsrat das Leben sauer machen kann, wenn die Performance lahmt. Dass die Bank offenbar vollkommen unvorbereitet in eine Situation geraten ist, in der sie die Spitzen von Vorstand und Aufsichtsrat zugleich ersetzen muss, lässt nun eine längere Hängepartie erwarten – erst recht, wenn nicht nur die Führung des Kontrollgremiums, sondern auch der Vorstandsvorsitz extern, das heißt wohl mit Hilfe von Headhuntern, besetzt werden sollte. In der Folge dürfte die Bank Zeit verlieren, die sie nach Scheitern ihrer unter Zielke verfolgten Strategie für ihre Neuausrichtung benötigen würde, die vor allem auf drastische Kostensenkungen hinauslaufen dürfte.Zu einer Hängepartie bei der Besetzung der Aufsichtsratsspitze kommt es bei der Commerzbank nicht zum ersten Mal. Tatsächlich würde Schmittmann heute nicht dem Aufsichtsrat vorsitzen, wäre die Suche nach einem Nachfolger für seinen Vorgänger Klaus-Peter Müller vor Jahren nicht lange vergeblich verlaufen. Während nun Schmittmanns abrupter Entschluss zum Rückzug die Aufsichtsräte in Verlegenheit bringt, so war es dem Vernehmen zufolge seinerzeit Müllers Beharrungskraft, welche die Nachfolgeregelung erschwerte. Wenn Externe zurückscheuenZwar hatte “KPM” Ende 2015 schon gut zwei Jahre vor Ende seiner Vertragslaufzeit als Aufsichtsratschef eine Suchkommission zur Regelung seiner Nachfolge angeregt, um eine geordnete Übergabe zu gewährleisten. Dennoch blieb die Suche nach externen Kandidaten lange Zeit erfolglos. Der Grund: Müller wollte, wie damals zu erfahren war, seinen bis 2018 laufenden Vertrag als Aufsichtsratschef erfüllen. Unter den Augen des Managers aber, der losgelöst von Corporate-Governance-Erwägungen schon seit 1990 ohne Unterbrechung als Vorstandsmitglied, Vorstandssprecher oder Aufsichtsratschef in der Bank wirkte, wollte sich kein Externer als Nachfolger warmlaufen, wie kolportiert wurde.Die Folge: Nach einer Suche von gut einem Dreivierteljahr Dauer nahm die Bank Schmittmann in die Pflicht, der Ende 2015 als Risikovorstand ausgeschieden war, um mehr Zeit in seiner Münchener Heimat zu verbringen, und schlug ihn der Hauptversammlung 2018 zur Wahl als Anteilseignervertreter im Kontrollgremium und zugleich als Kandidat für den Vorsitz im Aufsichtsrat vor.Nach der Berufung Martin Zielkes als Vorstandsvorsitzenden zwei Jahre zuvor fiel die Entscheidung damit abermals zugunsten eines internen, wenn auch bereits aus der Bank ausgeschiedenen Kandidaten, der das Amt des Aufsichtsratschefs dem Vernehmen zufolge nicht aktiv angestrebt hatte – und der in den folgenden Jahren als Aufsichtsratschef einen Vorstandsvorsitzenden kontrollieren sollte, mit dem er fünf Jahre lang zusammen im Vorstand gesessen hatte.Schon damals hätte man in Berlin an der Spitze des Aufsichtsrats lieber jemanden gesehen, der einen neuen Blick auf die Bank mitbringt, hieß es seinerzeit. Jutta Dönges hat nun nolens volens die Aufgabe, dies nachzuholen, auch wenn es ein bisschen länger dauern könnte.