KOMMENTAR

Gewurschtel reloaded

Die Sparkassen und ihr Spitzenverband DSGV sind dabei, sich zu überfordern. Das gemeinsame Zentralinstitut mit einer Kombination von DekaBank und Helaba als Nukleus wird schon jetzt mehr zerredet und auf die lange Bank geschoben, als dass konkrete...

Gewurschtel reloaded

Die Sparkassen und ihr Spitzenverband DSGV sind dabei, sich zu überfordern. Das gemeinsame Zentralinstitut mit einer Kombination von DekaBank und Helaba als Nukleus wird schon jetzt mehr zerredet und auf die lange Bank geschoben, als dass konkrete Fortschritte auf dem Weg zu einer Fusion erkennbar wären. Befürworter der Kräftebündelung auf Landesbanken- und Deka-Ebene sehen sich von “Heckenschützen” umzingelt. Aber über welche Art von Institut redet man überhaupt? Helmut Schleweis, der seit einer gefühlten Ewigkeit für das Projekt trommelt, ist mittlerweile in seinem dritten Jahr als DSGV-Präsident, doch bis heute gibt es kein konkretes Zielbild für die Superbank?! Prozesse vereinheitlichenUnterdessen wird längst die nächste Sau durchs Dorf getrieben: “Sparkasse reloaded”. Auch hier geht es um mehr Zentralisierung und nicht zuletzt um Standardisierung. Auf einer Vorständetagung im Januar hatte Schleweis ausgeführt, “wir sollten die Zahl der Produktvarianten drastisch reduzieren”. Die Gruppe brauche wenige einheitliche Produkte. “In manchen Fällen wird die notwendige digitale Vermarktung sogar eine zentrale Produktion erzwingen.”Die Sparkassen sollten sich voll auf die Beziehung zum Kunden konzentrieren können. Damit sie ihr Potenzial im Markt einsetzen könnten, müsse die Gruppe im Stab und im Back Office effizienter und schlanker werden. Auch die Prozesse, die schließlich in den Sparkassen im Norden nicht anders sein müssten als bei jenen im Süden, will Schleweis daher vereinheitlicht sehen. Heute gebe es “zig verschiedene Varianten”. Das könne man sich nicht mehr leisten. Notwendig sei mithin eine deutlich bessere gemeinsame Arbeit der Verbände und der zentralen Verbunddienstleister. Ziel sollte sein, dass es für jedes Verbundangebot nur einen Verbundanbieter gebe – wie es im Publikumsfondsgeschäft mit dem zentralen Angebot der Deka Investment der Fall ist.Die Argumente sind für sich genommen so plausibel, wie sie es vor zehn, 20 oder 50 Jahren waren. So lange kennt man sie nämlich im Grunde schon. Doch die Sparkassen, die sich bis heute sogar in einem Bundesland eigene Verbände für das Rheinland sowie für Westfalen und das Lipperland leisten, offenbar ohne daran wirtschaftlich zugrunde zu gehen, sind nun mal notorisch “dezentral bis auf die Knochen”. Die Unternehmensverantwortung vor Ort ist, wie die Gemeinwohlorientierung, das Regionalprinzip oder das arbeitsteilige Zusammenwirken und die Solidarität im Verbund, eines ihrer Markenzeichen und einer ihrer Wettbewerbsvorteile. Nicht zuletzt die Dezentralität macht die Kultur und den Charme von Sparkassen und Landesbanken aus und trägt zu ihrem geschäftlichen Erfolg bei.Und die Öffentlich-Rechtlichen sind eben – vor allem das unterscheidet sie vom anderen, dem genossenschaftlichen Verbund mit seiner DZ Bank und den zentralen Töchtern von Bausparkasse Schwäbisch Hall über R+V bis Union Investment, auf den sie oft neidvoll schauen – kommunal respektive in Bundesländern verankert. Das macht das Leben zuweilen komplizierter – man denke zum Beispiel nur an die Diskussion über Gewinnausschüttungen. Doch dürften auf Dauer für die lokale beziehungsweise die regionale Wirtschaft, für die Gesellschaft und nicht zuletzt für die Sparkassen selbst bei allen Schwächen und bei aller ordnungspolitischen Diskussionswürdigkeit die Vorteile dieser Einbindung in politisch geprägte Strukturen überwiegen. Das Modell der Volks- und Raiffeisenbanken lässt sich darauf nicht eins zu eins übertragen. Auf dem Weg zum Konzern?Wer in der Sparkassen-Finanzgruppe Zentralisierung und Standardisierung predigt, setzt sich dem Verdacht aus, den Weg zum Konzern beschreiten zu wollen. Diese Absicht soll dem DSGV hier nicht unterstellt werden. Aber der Widerstand derjenigen, die das Vermögen (Landesbanken, Verbundunternehmen) halten und damit letztlich das Sagen haben, und das sind die Regionen beziehungsweise deren Verbände, gegen das “Gewurschtel reloaded” nimmt spürbar zu.