Geringere Anforderungen als befürchtet

Goldman Sachs setzt sich in Kapitalquoten-Streit gegen Fed durch

Goldman Sachs muss ab Oktober weniger harte Eigenmittelvorgaben erfüllen als von der Fed ursprünglich angepeilt. Trotz des überraschenden Sieges im Konflikt mit dem Regulator schwindet der Spielraum der Bank für Aktienrückkäufe und Ausschüttungen.

Goldman Sachs setzt sich in Kapitalquoten-Streit gegen Fed durch

Goldman Sachs setzt sich in Kapitalquoten-Streit gegen Fed durch

Mindestvorgabe für harte Eigenmittel steigt nach Stresstest weniger stark als von US-Aufsicht angepeilt – Dennoch droht Belastung für Shareholder Return

xaw New York

Goldman Sachs hat sich im Streit um höhere Eigenmittelanforderungen überraschend gegen die Federal Reserve durchgesetzt. Für die standardisierte harte Kernkapitalquote (CET1) des New Yorker Geldhauses gilt ab Oktober eine Mindestvorgabe von 13,7% – nach dem diesjährigen US-Bankenstresstest hatte der Regulator noch ein Minimum von 13,9% bestimmt. Goldman wird damit zum ersten Institut, das erfolgreich Einspruch gegen die Resultate einer Belastungsprobe einlegt. Die Fed gewährt Banken seit 2020 die Möglichkeit dazu, seither schmetterte sie alle acht vorherigen Versuche ab – darunter auch einen vorherigen von Goldman.

Goldman-CEO David Solomon hebt die strategische Weiterentwicklung des Geschäfts der Bank hervor. Foto: picture alliance / NurPhoto | Lenin Nolly.

Die New Yorker hatten mit Unverständnis auf die Resultate des Stresstests reagiert, gemäß denen dem Wall-Street-Institut im Fall einer schweren Rezession Kredit- und Tradingverluste im Volumen von über 40 Mrd. Dollar drohen würden. Vorstandschef David Solomon kritisierte darauf, die neue Vorgabe reflektiere „die strategische Weiterentwicklung unseres Geschäfts nicht“. Nach ihrem verlustreichen, 2016 begonnenen Ausflug ins Consumer Banking hat die Bank seit Herbst 2022 konsequent den Rückzug angetreten. Auch von Kreditkartenpartnerschaften mit Apple und General Motors verabschiedet sich das Institut. Im zweiten Quartal stellte es mit 282 Mill. Dollar bereits deutlich geringere Mittel für die Risikovorsorge zurück als im Auftaktviertel 2024 oder im Vorjahreszeitraum, wobei Abschreibungen im Kartenportfolio noch der größte Treiber sind.

Große Neuorientierung

Stattdessen hat Goldman die Präsenz im Asset- und Wealth Management in den vergangenen Quartalen kräftig ausgebaut. Das New Yorker Geldhaus orientiert sich dabei an der Strategie der traditionell schärfsten Rivalin Morgan Stanley. Diese machte sich nach den Verwerfungen der Finanzkrise 2008 durch eine stärkere Fokussierung auf die Vermögensverwaltung und Anlageberatung weniger abhängig von volatilen Investmentbanking-Erträgen und wurde somit vom Crash-Opfer über Jahre hinweg zum Investorenliebling.

Auch bei Goldman lautet die Logik mit Blick auf das Wealth Management, die Erträge zu stabilisieren und zugleich zusätzliche Vertriebskanäle zu erschließen: Ein vermögender Unternehmer dürfte sich zum Beispiel für die Finanzierung oder gar einen Börsengang seiner Firma eher an eine Bank wenden, zu der er auch privat eine gute Beziehung unterhält, wie Analysten betonen.

Gerade die stärkere Diversifikation der Erträge und ein Gewinnsprung um 150% im zweiten Quartal hatten Goldman in der Auseinandersetzung mit der Fed starke Argumente verschafft. Dennoch hatten Analysten bis zuletzt daran gezweifelt, dass das Geldhaus mit seinem Einspruch gegen die Stresstest-Resultate Erfolg haben würde. Goldman argumentierte, dass der von der Fed angesetzte „Stresspuffer“ von 6,4% der risikogewichteten Aktiva zu hoch berechnet sei. Die Notenbank legte diesen nach der Beschwerde nun auf 6,2% fest.

„Wir wissen die Bereitschaft der Federal Reserve, diese Angelegenheit zu überdenken, zu schätzen“, betonte Goldman-Finanzchef Denis Coleman nun. „Wir werden uns weiterhin mit unserem Regulator austauschen, um seine Ziele besser zu verstehen und uns für einen transparenteren Prozess einzusetzen.“

Denn der Ausgang bedeutet für Goldman gegenüber dem bisher gültigen CET1-Minimalwert von 13% immer noch einen Sprung der Mindestvorgabe um 70 Basispunkte, während auf einige andere Institute unter den größten US-Banken lediglich Aufschläge von 40 Basispunkten zukommt und die in einer umfangreichen Reorganisation steckende Citigroup keine Veränderung schultern muss.

Weniger Mittel für Buybacks

Problematisch für Goldman: Wenngleich die Bank ihre CET1-Quote zuletzt von 14,6% auf 14,8% aufgestockt hat, reduzieren sich die überschüssigen Mittel, die für Aktienrückkäufe und Dividenden zur Verfügung stehen, auf einen Schlag drastisch. Beide Komponenten des Shareholder Return gelten im durch hohe Zinsniveaus und geopolitische Unsicherheit geprägten Marktumfeld als besonders wichtig, um die Anteilseigner bei Laune zu halten. Goldman hatte die Ausschüttung für das dritte Quartal um 9% auf 3 Dollar je Stammaktie angehoben.

Hinzu kommt, dass auf Amerikas führende Geldhäuser im Rahmen der Einführung des globalen Bankenpakets Basel III ab dem kommenden Jahr ohnehin deutlich härtere Kapitalvorgaben zukommen. Branchenvertreter und Lobbyisten laufen seit Monaten gegen die Pläne der Regulatoren Sturm, Fed-Chef Jerome Powell hat auf den heftigen Gegenwind Änderungen an den Vorschlägen angekündigt.

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