Green Bonds nutzen nicht nur der Umwelt

Attraktive Finanzierungsalternative - Voraussetzung für die Realisierung der Vorteile ist eine unabhängige Begutachtung der "grünen" Qualität der Emission

Green Bonds nutzen nicht nur der Umwelt

Für das laufende Jahr rechnen Experten mit einem weiteren starken Anstieg bei den Emissionen von Green Bonds. Ein Grund für den anhaltenden Boom ist, dass Green Bonds neben dem Nutzen für Umwelt und Klima auch den Emittenten und hier insbesondere den Unternehmen zahlreiche Vorteile bieten.Jeder vierte Dollar, Euro oder Yen, der 2017 über Green Bonds am Markt aufgenommen wurde, floss in Projekte von Unternehmen aus dem Nicht-Finanzsektor. Mit einem Marktanteil von 25 % lagen Unternehmen nach Angaben der Climate Bond Initiative (CBI) damit erstmals vor den Förderbanken (23 %). Deutlich zugenommen hat in den vergangenen Jahren auch die Emissionstätigkeit der Finanzunternehmen, die 2017 einen Anteil von 15% am Bruttoemissionsvolumen hatten. Auch wenn meist von Green Bonds die Rede ist, haben Unternehmen ganz unterschiedliche Möglichkeiten, grüne Wertpapieremissionen zu gestalten. Neben der klassischen Anleihe gehören dazu auch grüne Hybridanleihen und grüne Schuldscheine.Es ist nicht zuletzt diesem gestiegenen Engagement der Unternehmen zu verdanken, dass das weltweite jährliche Emissionsvolumen von Green Bonds zwischen 2013 und 2017 um das 25-fache gestiegen ist und mit rund 157 Mrd. Dollar im Jahr 2017 eine neue Bestmarke erreichte. Für das laufende Jahr rechnen Experten mit einem weiteren kräftigen Anstieg bei den Neuemissionen. Green Bonds gehören damit zu den am stärksten wachsenden Marktsegmenten am internationalen Anleihemarkt.Aus Unternehmenssicht gibt es eine Reihe von Gründen, die dafür sprechen, grüne Anleihen oder vergleichbare Papiere zu emittieren:- 1. Breitere InvestorenbasisZahlreiche Emittenten von Green Bonds berichten, dass sich ihr Orderbuch bei der Emission von Green Bonds von dem bei konventionellen Anleihen unterscheidet. Auffällig ist nach Aussagen deutscher Emittenten ein vergleichsweise hoher Anteil ausländischer Investoren. Zugleich sprechen die grünen Anleihen Investoren an, die bei konventionellen Emissionen bislang nicht zugegriffen haben. Dazu zählen insbesondere Investoren, die auf nachhaltige Kapitalanlage spezialisiert sind.So berichtete etwa der Windanlagenbauer Nordex, dass ein Viertel seines Green Schuldscheines von nachhaltigen Investoren gezeichnet wurde. Über 50 % des Emissionsvolumens ging an internationale Investoren. Die DKB registrierte bei ihrem zweiten, im September 2017 begebenen Green Bond einen bemerkenswert hohen Anteil ausländischer Interessenten. Knapp jeder dritte Investor kam aus dem nachhaltigen Bereich.Eine breitere Investorenbasis ist insbesondere in markttechnisch schwierigen Perioden für Emittenten vorteilhaft. In solchen Marktphasen zeichnen Investoren häufig kleinere Volumina, weshalb Emittenten für die Platzierung ihrer Anleihen eine größere Zahl von Investoren benötigen.- 2. Positive Wirkungen auf Aktienkurs und FirmenwertMarktanalysen geben Hinweise darauf, dass sich die Emission eines Green Bonds positiv auf den Aktienkurs und den Firmenwert des emittierenden Unternehmens auswirken kann. So belegt eine Studie der Boston University eine signifikant positive unmittelbare Reaktion des Aktienmarktes auf die Ankündigung einer Green-Bond-Emission mit einem Abnormal Return von 0,67 %. Nach Aussagen der Forscher ist die Reaktion des Marktes noch größer, wenn die Emissionen von unabhängiger Seite als qualitativ hochwertige Green Bonds zertifiziert werden. Positive Effekte der Ankündigung einer Green-Bond-Emission konnten die Forscher auch im Hinblick auf den Firmenwert (Tobins Q) und die Profitabilität – gemessen am Return on Assets – nachweisen.- 3. Beitrag zur ReputationGrüne Emissionen wirken aber nicht nur auf materielle Vermögenswerte wie den Firmenwert, sondern können auch immaterielle Werte wie die Reputation positiv beeinflussen. So signalisiert ein Green Bond den Investoren, aber auch den Mitarbeitern, Geschäftspartnern und nicht zuletzt einer breiteren Öffentlichkeit, dass sich ein Unternehmen für den Umwelt- und Klimaschutz engagiert. Dies kann sich wiederum positiv auf die Reputation des Emittenten auswirken.Einigen Emittenten wurde in der Vergangenheit vorgeworfen, es vor allem auf diese Wirkung abgesehen zu haben. Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn Green Bonds von Unternehmen emittiert werden, bei denen Umwelt- und Klimaaspekte ansonsten eine untergeordnete Rolle spielen. Während Kritiker darauf verweisen, dass solche Unternehmen ein Glaubwürdigkeitsproblem haben und auf die Emission von Green Bonds verzichten sollten, stellen andere Markteilnehmer die positive Wirkung der finanzierten Einzelprojekte in den Vordergrund und akzeptieren Green Bonds auch von diesen Unternehmen.- 4. FinanzierungskostenEin Preisvor- oder -nachteil grüner Anleihen ist zumindest auf der Corporate-Seite derzeit nicht erkennbar. Sowohl bei Neuemissionen als auch am Sekundärmarkt handeln grüne Anleihen zurzeit auf demselben Level wie konventionelle. Unternehmen können die genannten Vorteile also ohne Mehrkosten realisieren.Aus Sicht der EU-Kommission sind Green Bonds ein wichtiges Instrument zur Erreichung der Pariser Klimaziele. Zur Förderung des Marktes plant die Kommission daher die Entwicklung und Einführung von verbindlichen Transparenz- und Qualitätsstandards für Green Bonds. Noch weiter gehen Überlegungen, die Emission auch finanziell gezielt zu fördern. Im Gespräch sind beispielsweise niedrigere Risikogewichte, die Investoren dazu bringen könnten, niedrigere Renditen zu akzeptieren. Dadurch würde eine Emission für Unternehmen zusätzlich an Attraktivität gewinnen.Inwieweit die genannten positiven Wirkungen realisiert werden können, hängt maßgeblich von der “grünen” Qualität der Emission ab. Viele Investoren erwarten eine unabhängige Bestätigung dafür, dass die über den Green Bond aufgenommenen Mittel tatsächlich in geeignete Projekte fließen und damit einen belegbaren Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz leisten.Die Emittenten können diese Anforderung auf verschiedenen Wegen erfüllen. Weit verbreitet ist die Beauftragung einer sogenannten Second Party Opinion (SPO). Im Rahmen der Erstellung der SPO prüft der Gutachter insbesondere zwei Dinge: die Kriterien, nach denen die Unternehmen die über ihre Green Bonds finanzierten Projekte auswählen, und die tatsächliche Verwendung der Mittel für diese Projekte. Häufig bewertet der Gutachter zudem die Nachhaltigkeitsleistungen des Emittenten und macht ein positives Gutachten damit auch davon abhängig, ob ein Emittent insgesamt nachhaltig agiert. Die Green Bond PrinciplesEin wichtiger Bezugspunkt für die Gutachten sind die Green Bond Principles (GBP). Sie wurden als freiwilliger Marktstandard von der ICMA – International Capital Market Association entwickelt, um die Marktentwicklung zu fördern. Kern der GBP sind Standards für vier Bereiche: die Verwendung der aufgenommenen Liquidität, der Prozess zur Bewertung und Auswahl der finanzierten Projekte, das Management der Emissionserlöse und die Berichterstattung. Analoge Prinzipien hat die ICMA im Juni 2017 auch für Social und Sustainability Bonds veröffentlicht.Vergleichbare Ziele verfolgt die Climate Bond Initiative, die den internationalen Anleihemarkt stärker in die Finanzierung des Klimaschutzes einbinden will. Neben der Bereitstellung aktueller Marktdaten setzt die CBI vor allem auf die Definition von strengen Marktstandards. Unternehmen können ihre Green Bonds nach dem Climate-Bond-Standard zertifizieren lassen. Breitere InvestorenbasisFazit – Green Bonds sind für Unternehmen eine attraktive Alternative zur Finanzierung von Projekten, die positive Wirkungen für den Umwelt- und Klimaschutz haben. Ihre Emission bringt den Unternehmen verschiedene Vorteile, die von einer breiteren Investorenbasis über positive Wirkungen auf den Aktienkurs und Unternehmenswert bis hin zu einer Steigerung der Reputation reichen. Politische Maßnahmen könnten dazu führen, dass die Emission für die Unternehmen zusätzliche wirtschaftliche Attraktivität gewinnt. Voraussetzung für die Realisierung der Vorteile ist eine unabhängige Begutachtung der “grünen” Qualität der Emissionen.—-Paul Kuhn, Abteilungsleiter DCM Origination Corporates bei der BayernLB