Green Bonds werden sich in den nächsten Jahren sicherlich spannend weiterentwickeln

Unternehmen verpflichten sich mit Anleiheemissionen häufiger zur Finanzierung nachhaltiger Projekte

Green Bonds werden sich in den nächsten Jahren sicherlich spannend weiterentwickeln

Die Akteure der Kapitalmärkte haben das Thema Nachhaltigkeit weit oben auf der Agenda. Und das nicht erst seit kurzem. Aber die Professionalisierung bezüglich Produkten und Services hat erst in letzter Zeit deutlich zugenommen. Besonders im Trend liegt der Bereich “Green Finance”. Das zunehmende Interesse der Investoren trifft dabei auf die steigende Bereitschaft der Wirtschaft, Verantwortung für Umweltschutz und soziale Themen zu übernehmen. Die Folge: Die Volumina steigen deutlich, ebenso erweitern sich Vielfalt und Vielzahl der Finanzierungsinstrumente, der Branchen und der Währungsräume. Wie alles begannAm Anfang stand die Erkenntnis, dass Bevölkerungswachstum, Urbanisierung, Klimawandel und die Endlichkeit natürlicher Ressourcen die Menschheit weltweit vor die Herausforderung stellen, der Bevölkerung Zugang zu Unterkunft, Energie, Wasser, Lebensmitteln, Transportmitteln und nicht zuletzt Bildung zu geben. Nach Schätzung der UN, UNEP und IEA sind dazu weltweit Investitionen von bis zu 9 Bill. US-Dollar pro Jahr notwendig – zu viel, um allein von Regierungen und internationalen Organisationen getragen zu werden.Gleichzeitig lässt sich immer besser quantifizieren, wie sich die Anwendung der sogenannten ESG-Kriterien, also Environmental, Social, Governance, auf die Wertentwicklung eines Unternehmens auswirkt. So bieten beispielsweise Firmen mit guter Corporate Governance höhere Renditechancen, während etwa eine energieintensive Produktionsweise, die Verletzung von Arbeitnehmerrechten oder schlechte Arbeitsbedingungen in Entwicklungsländern zu signifikanten finanziellen Belastungen führen können. Investoren binden diese Erkenntnisse gezielt in ihr Risikomanagement ein und nutzen sie, um attraktive Renditen zu erwirtschaften.Inzwischen haben mehr als 80 % der Unternehmen in Europa Nachhaltigkeit in ihre Unternehmensstrategie integriert, berichten regelmäßig über Fortschritte und entsprechen damit den Rufen der Investoren nach mehr Transparenz. Politik und Regulierung fördern bewusst die Hinwendung zur Green Finance, um private Mittel für dieses entstehende Marktsegment zu gewinnen. In Europa soll gerade das im Pariser Klimaabkommen vereinbarte Klimaziel im Rahmen der geplanten Kapitalmarktunion unterstützt werden.In vielen Bereichen fehlt es jedoch leider noch an standardisierten Prozessen sowie einheitlichen Regeln und damit wichtigen Voraussetzungen für einen funktionierenden Markt. Die von der EU-Kommission im Dezember 2016 eingesetzte Gruppe hochrangiger Experten hat daher bereits Maßnahmen, wie einen europäischen Green-Bond-Standard oder verbindliche Normen für die Nachhaltigkeitsberichte von Unternehmen, gefordert. Im Juli veröffentlichte sie einen Zwischenbericht, der die wesentlichen Punkte einer EU-weiten Nachhaltigkeitspolitik beinhaltet: Neben der Einführung eines Klassifizierungssystems für Projekte und europaweite Standards und Gütesiegel für nachhaltige Bonds und Investitionsprodukte werden auch weitergehende Anforderungen an die Berichterstattung genannt.Green Bonds boomen und sind die Wachstumstreiber auf den Anleihemärkten. Im vergangenen Jahr kamen sie, deren Mittel nur für umweltfreundliche Zwecke verwendet werden dürfen, weltweit mit einem Volumen von insgesamt mehr als 87 Mrd. Euro auf den Markt, mehr als doppelt so viel wie 2015. Geschätzt wird ein weiteres Wachstum auf etwa 115 Mrd. Euro für 2017. Europa konnte Amerika als bedeutendste Herkunftsregion für Green Bonds ablösen. Mit 7 Mrd. Euro begab Frankreich Anfang dieses Jahres den bislang größten Green Bond überhaupt, der als Modell für zukünftige grüne Staatsanleihen stehen könnte. Für die aktive Rolle Frankreichs bei der Förderung nachhaltiger Investments, die den Markt insgesamt beflügelt, gab es auch Lob von Ratingagenturen wie Moody’s. Dies ist ein klares Signal, dass zunehmend auch Staaten Green Bonds für sich entdeckt haben und dieses Finanzierungsinstrument aktiv nutzen werden.Zugleich gibt es starke Anzeichen für eine kontinuierliche Weiterentwicklung des Marktes: Neben einer Anzahl von Emittenten, die zum wiederholten Mal Green Bonds begeben haben, sind fast die Hälfte aller Emittenten 2017 zum ersten Mal mit einem Green Bond am Markt. Gleichzeitig konnten Green Bonds mit immer längeren Laufzeiten erfolgreich platziert werden, wie die SNCF Réseau mit einer 750 Mill. Euro schweren 30-jährigen Anleihe. Mit grünen Hybridanleihen und Verbriefungen wurde zudem das Produktspektrum erfolgreich erweitert und die Erfolgsstory fortgesetzt. Ganz aktuell hat der Energiekonzern innogy einen Green Bond mit einem Volumen von 850 Mill. Euro und zehnjähriger Laufzeit aufgelegt. Mit der mehrfach überzeichneten Unternehmensanleihe, die unter anderem von der Société Générale als eine der Emissionsbanken begleitet wird, werden oft Off- und Onshore-Windkraftprojekte refinanziert. Steigende VoluminaGrößte Green-Bond-Investoren sind Assetmanager sowie Pensionsfonds, Banken und Versicherer. Steigende Volumina und eine immer größere Branchenauswahl wirken sich positiv aus. Vorreiter waren zwar halbstaatliche und supranationale Emittenten. So wurde der erste “Climate Awareness Bond” 2006 von der Europäischen Investitionsbank (EIB) aufgelegt. Die größte Emittentengruppe ist inzwischen aber der Corporate-Sektor. Dessen Angebot kletterte von überschaubaren 2 Mrd. US-Dollar im Jahr 2012 auf 79 Mrd. US-Dollar 2016 und lag Mitte 2017 bereits bei fast 50 Mrd. US-Dollar. Aus Sicht der Analysten der Société Générale könnten in diesem Jahr neue Emissionen grüner Unternehmensanleihen sogar die Schwelle von 90 Mrd. US-Dollar überschreiten.2014 hat die International Capital Market Association (ICMA) die “Green Bond Principles” verfasst. Ihre Anwendung ist zwar nicht zwingend vorgeschrieben, doch mehr als 140 Investoren, Emittenten und Underwriter erkennen die Prinzipien bereits an. Emittenten verpflichten sich damit, das eingesammelte Geld ausschließlich zur Finanzierung von Umwelt- und Klimaschutzprojekten zu verwenden. Dazu gehören zum Beispiel Investitionen in den Bereichen erneuerbare Energien, Energieeffizienz, umweltfreundliche Mobilität sowie nachhaltige Wasserversorgung und Abfallreduzierung. Mindestens einmal jährlich sollen die Emittenten aus Investorensicht die Verwendung der Mittel in einem Nachhaltigkeitsbericht erläutern.Im Juni wurden diese Prinzipien ausgeweitet, um auch Social Bonds und Nachhaltigkeitsanleihen zu berücksichtigen. Damit können Anleihen zur Finanzierung von beispielsweise grundlegender Infrastruktur oder Dienstleistungen im Gesundheits- oder Bildungswesen in diesem schnell wachsenden Marktsegment berücksichtigt werden.Die KfW, eine der gegenwärtig aktivsten Adressen, hat im September einen achtjährigen Green Bond über 2 Mrd. Euro unter Beteiligung der Société Générale begeben, der auf große Nachfrage bekannter Green-Bond-Investoren stieß. Mit dem Erlös werden Projekte zur Gewinnung erneuerbarer Energien in Deutschland und weiteren OECD-Ländern finanziert. Erneuerbare Energien und Energieeffizienz sind mit Abstand der wichtigste Verwendungszweck von Green Bonds. In Deutschland werden mehr als 50 % des gesamten Volumens dafür genutzt. Global stammen inzwischen 40 % des neu emittierten Green-Bond-Volumens von Energieunternehmen, die sich damit zur dominierenden Branche entwickelt haben.Zwar machen Green Bonds derzeit nur 0,13 % des globalen institutionellen Vermögens aus. Der Weg zu einer wirklich nachhaltigen Finanzierung und Geldanlage ist noch weit. Insbesondere mit Blick auf die Klima- und Energieeinsparziele der EU, die bis 2030 erreicht werden sollen, dürfte das starke Wachstum weiter anhalten. Eine Standardisierung von Messkriterien und die Harmonisierung verbindlicher Regeln werden ein weiterer Motor für die Entwicklung eines grünen Kapitalmarktes sein. Zusätzliche DynamikMit den ersten grünen Staatsanleihen wird der Markt eine zusätzliche Dynamik erhalten. Dies wird sich nicht nur positiv auf die Volumina und damit die Entwicklung neuer Investmentfonds auswirken, sondern auch die Schaffung einheitlicher Standards vorantreiben. Social Bonds, die Sektoren wie Gesundheit, Bildung und Infrastruktur abbilden, werden die nachhaltige Produktpalette erweitern. Green Bonds haben ihren festen Platz am Kapitalmarkt gefunden und werden sich in den kommenden Jahren sicherlich spannend weiterentwickeln.—Martin Wagenknecht, Head of Debt Capital Markets für Deutschland, Österreich und die Schweiz bei Société Générale Corporate & Investment Banking, Frankfurt am Main