IM INTERVIEW: LIHONG ZHOU, BANK OF CHINA LUXEMBOURG

"Green Finance ist ein boomender Finanzmarktbereich"

Bankchefin hat grünes Pfandbriefgesetz in Luxemburg im Fokus - Großherzogtum gilt als Renminbi-Hub - Assetmanagement wird aufgebaut

"Green Finance ist ein boomender Finanzmarktbereich"

Die Bank of China Luxembourg hat neben diversen anderen Geschäftsbereichen auch das Segment Green Finance im Fokus. Das legt Bankchefin Lihong Zhou im Interview der Börsen-Zeitung dar.- Frau Zhou, was sind aus Sicht einer chinesischen Bank die wesentlichen Vorzüge des Luxemburger Finanzplatzes?In den vergangenen Jahrzehnten hat sich Luxemburg sehr erfolgreich als Finanzplatz mit einem hohen Grad an Internationalität etabliert. Der Fondsstandort Luxemburg ist heute der zweitgrößte weltweit nach den USA, und es gibt eine Reihe von ganz offenkundigen Vorteilen in Luxemburg, von denen ich drei besonders hervorheben möchte. Da ist zuallererst die Stabilität zu nennen. Luxemburg hat eine ausgesprochen solide Wirtschaft mit einem Triple-A-Rating der Kreditwürdigkeit des Staates. Dazu kommt die soziale und politische Stabilität, die zweifelsohne für langfristige Geschäftsentwicklungen sehr attraktiv ist. Auch deshalb entscheiden sich chinesische Banken, hier einen regionalen Hub aufzubauen. Des Weiteren ist die Offenheit des Platzes zu nennen und die Möglichkeit, Geschäftsbereiche aufbauen zu können. – Was heißt das für den Geschäftsalltag konkret?Wir haben es hier mit einer professionellen, effizienten und sehr gewissenhaft arbeitenden Banken- und Finanzmarktaufsicht zu tun. Der Platz bietet uns ein geschäftsfreundliches, vielsprachiges und multikulturelles Umfeld mit einer offenen Atmosphäre. Das alles erlaubt es uns, ausländische Investmentgelder anzuziehen, und ist vor allem für chinesische Geschäftsaktivitäten attraktiv. In Sachen Innovation und Diversifikation ist Luxemburg aber nicht nur offen, sondern vor allem auch zukunftsorientiert, wie man an den Bereichen Green Finance, Fintech, E-Commerce und Ähnlichem unschwer erkennen kann.- Und der dritte Punkt?Das ist der geografische Aspekt und damit der Zugang zu anderen Ländern. Luxemburg liegt bekanntlich im Herzen Europas, und mit dem EU-Pass kann man von diesem Standort aus grenzüberschreitende Geschäfte sehr schnell gestalten. Das ist für viele Akteure gerade heute in Zeiten des Brexit sehr wichtig.- Denken Sie, dass Luxemburg ein Brexit-Gewinner ist?Als Folge des Brexit-Vote wird es unweigerlich zu Veränderungen in Europa und in der Beziehung zu Großbritannien kommen, ob nun in positiver oder negativer Hinsicht. Ich möchte den Brexit zum jetzigen Zeitpunkt nicht allzu sehr fokussieren. Luxemburg wird seine Stärken ausbauen, so wie es der Finanzplatz schon in der Vergangenheit getan hat – ohne jeglichen Bezug zum Brexit. Darüber hinaus denke ich, ist es zu früh zu sagen, wer der Gewinner des Brexit sein wird. Letztlich ist sogar zu bezweifeln, dass es in der EU überhaupt einen Brexit-Gewinner geben wird.- Gehen Sie davon aus, dass weitere chinesische Banken eine Niederlassung in Luxemburg eröffnen werden – nicht zuletzt aufgrund des Brexit?In den vergangenen Jahren haben wir schon eine steigende Zahl von chinesischen Banken und Unternehmen gesehen, die sich in Luxemburg niedergelassen haben. Sie sehen Luxemburg als einen idealen Platz an, um hier ihre Geschäftsaktivitäten zu betreiben und auch, um von Luxemburg aus in anderen europäischen Ländern ihren Fußabdruck zu hinterlassen. Sollte es nicht gerade zu völlig unerwarteten und drastischen Veränderungen kommen, wird sich dieser Trend meiner Meinung nach fortsetzen. Das hängt natürlich auch von der Geschäftsstrategie diverser chinesischer Banken und Unternehmen ab.- In welchen Geschäftsbereichen ist Bank of China beziehungsweise Bank of China Luxembourg aktiv?Die Bandbreite der Geschäftsbereiche der Bank of China ist sehr weit gefächert und reicht vom Firmenkundengeschäft über das Investment Banking bis zu Versicherungen, Flugzeugleasing et cetera. Die Bank of China Luxembourg operiert am Platz über eine Niederlassung und eine rechtlich selbständige Tochterunternehmung in Form einer Société Anonyme und ist im Bereich Firmenkundengeschäft aktiv, was insbesondere das allgemeine Bank- beziehungsweise Zahlungsverkehrsgeschäft, Corporate Banking inklusive Kreditgeschäft und Finanzmarkttransaktionen umfasst. Es geht also um grenzüberschreitende M & A-Aktivitäten inklusive Beratung, Structured Finance, Finanzierung von Gewerbeimmobilien, Handelsfinanzierung, Fixed Income, Währungs- und Rohstoffprodukte, Anleiheemissionen, Bondplatzierungen bei Investoren. – Wie viele Mitarbeiter hat die Bank of China Luxembourg, welche Bilanzsumme, und wie ist es um die Profitabilität des Hauses bestellt?Die Luxemburger Niederlassung, die Société Anonyme und die fünf weiteren europäischen Niederlassungen in Rotterdam, Brüssel, Warschau, Stockholm und Lissabon beschäftigen zusammen derzeit rund 300 Mitarbeiter. 2017 war ein sehr gutes Jahr für uns. Wir sind stark gewachsen und haben eine sehr gute Performance erzielt. Die Geschäftsbereiche sind insgesamt stark gewachsen, und die Profitabilität konnte gesteigert werden. Wir haben einen Gewinn von 146 Mill. Euro erzielt, und die Bilanzsumme erreichte 19 Mrd. Euro. Beide Werte erreichten damit Rekordmarken in unserer 39-jährigen Geschichte am Luxemburger Platz. – Sehen Sie Luxemburg als einen Renminbi-Hub an?Ja, und dafür gibt es drei Gründe. Erstens: Der Luxemburger Kapitalmarkt weist einen engen und guten Bezug zu Renminbi-Assets auf. Für die sogenannten Renminbi Qualified Foreign Institutional Investors – ein Programm, das aufgelegt wurde, um ausländischen Investoren die Investition an den Aktien- und Anleihemärkten Festlandchinas zu ermöglichen, – hat Luxemburg eine Quote von 50 Mrd. Renminbi. Das ist eine solide Grundlage, um eine enge Verbindung zwischen den Kapitalmärkten beider Länder zu schaffen. Der erste aus Übersee begebene Renminbi-Bond in Europa war der sogenannte Schengen-Bond, und dieser Bond kam von der Bank of China Luxembourg und wurde an der Luxemburger Börse gelistet. Heute präferieren viele chinesische Emittenten Luxemburg, um hier ihre RMB-Bonds zu begeben und an der Luxemburger Börse listen zu lassen. Die Luxemburger Börse hat jüngst sogar die Hongkonger Börse als Listingplatz für RMB-Bonds überholt, und zwar im Hinblick auf die Zahl gelisteter Anleihen.- Und die anderen beiden Gründe?Als Finanzzentrum in Europa ist Luxemburg der ideale Ort, um den Hub für das europäische Business zu errichten. Nicht nur wir, die Bank of China, sondern auch ICBC, China Construction Bank und andere chinesische Banken haben Luxemburg als Ort für ihr europäisches Headquarter gewählt. Eine höhere Konzentration von chinesischen Banken am Platz bedeutet mehr RMB-Geschäft, und die meisten chinesischen Banken betreiben und vermarkten ihr RMB-Geschäft sehr intensiv. Und darüber hinaus haben Luxemburg und China eine sehr gute Beziehung zueinander mit einer starken wirtschaftlichen Verknüpfung. Aufgrund der Internationalisierung des Renminbi wird diese Währung künftig noch häufiger in bilateralen Handelsgeschäften zum Einsatz kommen. Davon profitiert dann auch Luxemburg.- Stellt das Asset-&-Wealth-Management-Geschäft für chinesische Banken einen interessanten Geschäftsbereich dar?Im Jahr 2016 haben wir im Rahmen der überseeischen Geschäftsentwicklung unserer Bankengruppe das European Asset Management Center in Luxemburg gegründet. Innerhalb von nur zwei Jahren haben die Assets under Management der Bank of China Ucits Sicav 1,25 Mrd. Renminbi erreicht, also rund 170 Mill. Euro. Unser Ziel besteht darin, europäische Investoren an den chinesischen Kapitalmarkt zu bringen. Wir wollen dabei insbesondere unsere Expertise hinsichtlich des chinesischen Kapitalmarktes einsetzen und hier Benchmark-Produkte chinesischen Ursprungs nach Luxemburger beziehungsweise EU-Standards aufbauen. Es soll maßgeschneiderte Investmentlösungen für europäische Investoren geben, mit denen sie am chinesischen Kapitalmarkt partizipieren können. Es wird eine Reihe von Investmentfonds – sowohl Ucits als auch Alternative Investment Funds – auf dieser neuen Plattform geben.- Gibt es daneben noch andere Geschäftsbereiche, in denen Sie künftig tätig sein wollen?In dieser Hinsicht sind wir vollkommen offen. Banken werden heute laufend mit Veränderungen konfrontiert sowohl im Bereich des Bankservice als auch bei Produkten sowie regulatorischen Anforderungen, zunehmendem Kostendruck et cetera. Neben der Weiterentwicklung und Stärkung unserer aktuellen Geschäftsaktivitäten sind wir als Bank of China hier in Luxemburg definitiv offen und bereit, neue Marktopportunitäten und Produktinnovationen aktiv zu begleiten. Wir folgen dabei unseren Kunden, sich globaler aufzustellen, und bieten ihnen neue Services und Lösungen für ihre Geschäftsaktivitäten.- Bank of China ist ein Emittent grüner Anleihen. Wie viele Green Bonds haben Sie bislang emittiert, und wie sehen Ihre künftigen Emissionspläne aus auch im Hinblick auf herkömmliche Bonds und Hybrid-Anleihen?Bis heute hat die Bank of China Group drei grüne Anleiheemissionen über ihre Übersee-Niederlassungen in den entsprechenden Märkten. Eine Einheit, die dafür genutzt wurde, sind wir. Die Bank of China Luxembourg hat die Debüt-Emission des Offshore Green Bond der Bank of China gebracht. Das war im Juli 2016 zusammen mit der Bank of China New York. Das war ein vorrangiger unbesicherter – also senior unsecured – Green Bond in mehreren Währungen über insgesamt 3,03 Mrd. Dollar. Es ist die bislang größte internationale grüne Anleiheemission einer Finanzinstitution. Bank of China Luxembourg hat davon 2,25 Mrd. Dollar aufgenommen über drei Tranchen. Unsere Bank hat eine sehr gute Kapitaladäquanzquote, und wir verfügen über eine starke und sehr gut diversifizierte Liquiditätssituation. In unserer Zentrale werden sämtliche Refinanzierungsaktivitäten zentral geplant und gesteuert inklusive der überseeischen Funding-Aktivitäten in Form von Bond-Emissionen. Sobald diese Pläne finalisiert sind, werden wir unsere künftigen Emissionsaktivitäten kommunizieren.- Der Luxemburger Finanzplatz verfügt über eine breite Green-Finance-Infrastruktur. Luxemburg ist zudem im Ranking unter den weltweiten grünen Finanzplätzen die Nummer 2. Wird Luxemburg in diesem speziellen Bereich weiter wachsen?Ja, das denke ich. Green Finance ist nicht nur ein boomender Finanzmarktbereich, sondern auch ein wichtiges Thema hinsichtlich der nachhaltigen Entwicklung der Wirtschaft. Wir sind glücklich darüber, Teil des grünen Luxemburger Finanzsystems zu sein, nicht nur, weil wir Emittent grüner Anleihen sind, die hier gelistet werden, sondern auch, weil dieser Markt den ersten und bis heute aktivsten Emittenten – die Europäische Investitionsbank – vorzuweisen hat. Darüber hinaus ist hier die einzige grüne Börse Europas. Zudem gibt es hier nachhaltige Investmentfonds, europäische Impact-Fonds sowie den Bereich Mikrofinanz. Die Unterstützung seitens der Luxemburger Regierung und das gesamte Finanzökosystem hier am Platz haben aus dem Nischenprodukt mittlerweile einen nachhaltigen Markt geformt.- Luxemburg hat nun das weltweit erste grüne Anleihegesetz, speziell für grüne Pfandbriefe. Sind Sie daran als Emittent interessiert, wollen Sie unter diesem neuen Gesetz grüne Pfandbriefe hier aus Luxemburg heraus emittieren?Luxemburg ist schon häufig Pionier in diversen Kapitalmarktsegmenten gewesen, wie zum Beispiel bei Investmentfonds oder Eurobonds. Dieses neue Gesetz fokussiert nun die Refinanzierung von Krediten im Bereich der erneuerbaren Energien. Wir werden dieses Gesetz, das nun verabschiedet wurde, genau verfolgen insbesondere auch im Hinblick auf die CRR- und Ucits-Konformität. Aufgrund des starken internationalen Wachstums des Green-Finance-Bereichs gibt es derzeit viele Initiativen, um die Unterschiede in Standards und Definitionen zu harmonisieren. Auch die EU-Expertengruppe für nachhaltige Finanzierungen hat nun im EU-Aktionsplan vorgegeben, dass eine einheitliche Klassifikation erarbeitet werden muss. – Was heißt das konkret für die Standards?Viele internationale Organisationen überarbeiten momentan ihre Standards. Chinas Green-Finance-Komitee und die EIB haben ein White Paper veröffentlicht, in dem die Unterschiede zwischen den europäischen und chinesischen Green-Bond-Standards dargelegt und Perspektiven entwickelt werden, wie sie künftig harmonisiert werden können. Als Bank of China arbeiten wir daran, an unseren Standorten die jeweilige heimische Wirtschaft voranzubringen, und sehen parallel nach Synergien bei Geschäftsopportunitäten zwischen China und Europa. Das schließt auch Green Finance und entsprechende Klima- und Umweltprojekte ein. Wir sind sehr daran interessiert, dass dieses neue Gesetz und die entstehenden einheitlichen Standards uns in dieser Hinsicht weiter voranbringen.- In China gibt es viele Klima- und Umweltprojekte. Ist ein grüner Pfandbrief auf einer entsprechenden Gesetzesgrundlage interessant für chinesische Banken, um die Vermögenswerte aus diesem Bereich zu refinanzieren? Erwarten Sie steigende Green-Bond-Emissionen?Beim 19. Parteitag der KP Chinas hat Staatspräsident Xi Jinping nochmals betont, dass die Aktivitäten im Bereich des Umwelt- und Klimaschutzes verdoppelt werden sollen im Rahmen eines neuen Modells der Modernisierung. China hat konkrete Pläne im Bereich grüner Entwicklungen, bei der Bekämpfung der Umweltverschmutzung und der Implementierung robusterer Regulierung zum Schutz der Umwelt. Starke Betonung erfährt auch der Bereich sauberer Energien. Das globale Emissionsvolumen von grünen Anleihen hat im vorigen Jahr 150 Mrd. Dollar erreicht. Mit 36,4 Mrd. Dollar war Chinas Green-Bond-Markt 2017 der zweitgrößte dieses Segments. Davon sind 22,5 Mrd. Dollar der Emissionen auf die internationalen Green-Bond-Standards ausgerichtet. Zertifizierte Green Bonds von chinesischen Emittenten gab es 2017 im Umfang von 6 Mrd. Dollar. Banken dominieren den Markt mit einem Anteil von 74 % der grünen Anleihen in Chinas Heimatmarkt. Aber wir sehen auch eine zunehmende Zahl von Emissionen seitens der Unternehmen.- Was sind die Herausforderungen für Luxemburgs Finanzplatz innerhalb der nächsten fünf Jahre?Die größte Herausforderung nicht nur in Luxemburg ist das strikter werdende regulatorische Umfeld. Viele neue Regularien müssen in den nächsten Jahren implementiert werden. Für die Banken wird das zweifelsohne eine große Herausforderung. Aber ich habe keinen Zweifel, dass die Regierung hier in Luxemburg und die Akteure am Finanzplatz diese Herausforderungen bewältigen werden. Und mit Herausforderungen gehen immer auch Opportunitäten einher. Luxemburg hat schon häufig unter Beweis gestellt, dass das Land sich auf ein sich veränderndes, herausforderndes und volatiles Umfeld sehr schnell einstellen und neue Antworten finden kann.—-Das Interview führte Kai Johannsen.