“Nachhaltig” und “ökologisch” sind Wörter, die unseren Zeitgeist prägen und politisches Handeln sowie gesellschaftliche Diskurse entscheidend beeinflussen. Die Schlagwörter “Green” oder – weiter gefasst – “Sustainable Finance” stehen auch auf der Agenda der Finanzbranche. Aber worauf konzentrieren sich unsere Debatte und unser Dialog mit Gesellschaft und Politik sowie mit den Aufsichtsbehörden? Wir sprechen über Taxonomien, Eigenkapitalregulierung und Labels. Wichtige Aspekte, zweifelsfrei, aber Green Finance bietet Potenzial für viel mehr.Zehn Jahre nach dem Höhepunkt der Finanzmarktkrise hat sich sehr viel bei der Regulierung und vor allem auch in den Banken getan. Dennoch bleibt die Erfahrung, dass Vertrauen viel schneller verloren geht, als es zurückgewonnen werden kann. Um als Branche Vertrauen zurückzugewinnen, müssen Geschäftsmodelle der Banken auf gesellschaftliche Bedürfnisse reagieren und daraus die passenden Produkte sowie Dienstleistungen entwickeln. Dazu zählt die stärkere Berücksichtigung nachhaltiger und ökologischer Aspekte bei Finanzierungen und weiteren Dienstleistungen. Green Finance wird ein Geschäftsfeld der Zukunft sein. Das gesellschaftliche Interesse und der verbindliche politische Ordnungsrahmen werden für weitere Dynamik und steigende Nachfrage sorgen. Es gibt die Beschlüsse zum 2-Grad-Ziel der Pariser Klimakonferenz der Vereinten Nationen und intensive Arbeit der G 20-Staaten. Auch die Europäische Kommission arbeitet intensiv daran, den Finanzmarkt grün erblühen zu lassen. All diese Aktivitäten beschränken sich nicht auf regulatorische Maßnahmen, sondern wollen privates Kapital umfassender für nachhaltige Investitionen mobilisieren. Den öffentlichen Banken fällt dabei eine besondere Rolle zu. So sind sie zwar auch – aber eben nicht ausschließlich – von betriebswirtschaftlichen Erwägungen geleitet. Betriebswirtschaft und Nachhaltigkeit müssen aber kein Widerspruch sein, so wird die Finanzierung von Klimaschutz und Nachhaltigkeit zukünftig neue Geschäftsmodelle entstehen lassen. Die Suche nach einer gemeinsamen Schnittmenge von Ökologie und Ökonomie wird sich lohnen. Einerseits sind zahlreiche Investoren auf der Suche nach Möglichkeiten, ihre Kundengelder nachhaltig und umweltfreundlich anzulegen. Anderseits besteht ein immenser Investitionsbedarf. Allein in der Europäischen Union sind jährliche Investitionen von 180 Mrd. Euro notwendig, um die EU-Klimaziele 2030 zu erfüllen. Die klassische Aufgabe von Banken ist es, Kapital und Investitionen zusammenzuführen. Die öffentlichen Banken verfügen beispielsweise in der Finanzierung von ökologischen Infrastrukturprojekten über umfangreiche Expertise. Förderprogramme und die Teilung von Risiken in Form von öffentlichen Garantien ermöglichen erst manche ökologischen Infrastrukturvorhaben. Unsere Mitglieder emittieren bereits Green Bonds und finanzieren damit etwa regenerative Energien, energieeffizientes Wohnen, Projekte rund um die E-Mobilität oder die Renaturierung ökologisch zerstörter Landschaften. Markt- und wachstumsorientierte Standards für grüne und nachhaltige Finanzprodukte können deren Transparenz erhöhen. Für Investoren und Emittenten werden damit Unsicherheiten abgebaut und die Transaktionskosten sinken. So können Banken noch umfangreicher zu einem umweltfreundlichen und nachhaltigen Wirtschaftswachstum beitragen. Vertrauen zurückgewinnenEinige Banken hatten vor mehr als zehn Jahren die eine oder andere Balance verloren: die Balance zwischen Risiko und Ertrag. Die Balance zwischen dem Streben nach Gewinn und gesellschaftlicher Verantwortung. Als Branche hatten wir die richtige Balance nicht nur in mancher Bilanz verloren, sondern auch in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit und der Kunden. Ich bin überzeugt, dass die öffentlichen Banken ihre Balance wiedergefunden haben. Green Finance bietet die Chance, dies zu zeigen und Geschäftsmodelle so auszurichten, dass die Kreditinstitute der Gesellschaft dienen. Sehen wir also vor allem die Chance, Vertrauen zurückzugewinnen und Nutzen zu stiften, und diskutieren daran orientiert die Details.—-Zuletzt erschienen:- DVFA-Kodex für Nachhaltigkeit im Anlageprozess (21. März)- “Governance war immer entscheidend” (17. März)—-Iris BethgeHauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes Öffentlicher Banken Deutschlands, (VÖB)