IM INTERVIEW: TREVOR MAYNARD, LLOYD'S OF LONDON

"Große Deckungslücke"

86 Prozent der Cyberschäden sind nicht versichert - Versicherer bieten Hilfe

"Große Deckungslücke"

– Herr Maynard, Sie haben als Head of Innovation bei Lloyd’s an dem Bericht mitgearbeitet. Darin wird eindringlich vor den Gefahren eines Angriffs mit Erpressersoftware gewarnt. Es heißt aber auch, die entwickelten Szenarien seien höchst unwahrscheinlich. Wie wahrscheinlich sind sie denn nun?Das ist extrem schwer zu sagen. Denn anders als zum Beispiel bei Erdbeben, die schon eine lange Geschichte haben und deren Auftritte und Ausmaße man daher mit einer gewissen Sicherheit vorhersagen kann, sind Cyberattacken erst seit etwa zehn Jahren als bedeutende Gefahr bekannt. Wir haben natürlich bei der Erstellung der Studie die Wahrscheinlichkeiten diskutiert, sind aber zu dem Schluss gekommen, dass konkrete Wahrscheinlichkeitswerte zu unsicher sind, um sie im Moment zu veröffentlichen.- Und das heißt konkret?Dass wir die Gefahr von Cyberangriffen auf jeden Fall ernst nehmen müssen und dass sie aufsichtsrechtlich relevant sind, also zum Beispiel in der im Aufsichtsregime Solvency II angenommenen Einmal-alle-200-Jahre-Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines extremen Krisenszenarios liegen könnten.- Was sind für Sie die wichtigsten Erkenntnisse der Studie?Die Mitarbeiter müssen auf solche Angriffe vorbereitet, also geschult werden. Die Unternehmen müssen ihre Schutzmaßnahmen verbessern und in der Lage sein, nach Eintritt eines solchen Schadens sofort zu reagieren, also insbesondere durch Back-ups die Daten so schnell wie möglich wiederherzustellen.- Was sollten Ihrer Einschätzung nach Banken und Versicherer speziell beachten?Sie sollten sich über die möglichen systemischen Auswirkungen im Klaren sein, also zum Beispiel die Reaktionen der Aktienmärkte und die Konsequenzen für die eigenen und die Kunden-Portfolien.- Welche Konsequenzen sollten die Versicherer als Anbieter von Schutz gegen solche Angriffe aus dem Bericht ziehen?Es gibt eine große Deckungslücke. 86 % der möglichen wirtschaftlichen Schäden sind nicht versichert. Wir hoffen, dass unser Bericht potenziellen Kunden hilft, die Risiken deutlicher zu erkennen. Versicherungen können ein Teil der Lösung sein. Darauf müssen die Versicherungsgesellschaften reagieren. Es geht aber nicht nur um die Ausstellung von Schecks, sondern – mindestens ebenso wichtig – um konkrete Hilfen im Schadenfall. Wir sind mit solchen Prozessen vertraut und haben auch Zugriff auf entsprechende Experten. Das hilft unseren Kunden im Schadenfall am meisten!—-Das Interview führte Thomas List.