BaFin

„Große Frustration“

Der Personalrat der BaFin beschwert sich über die Regeln für Wertpapiergeschäfte und verlangt eine finanzielle Kompensation für die Mitarbeiter wegen der Beschränkungen.

„Große Frustration“

Von Bernd Neubacher, Frankfurt

Wer gedacht hatte, für die Finanzaufsicht wäre der Komplex Wirecard ausgestanden, nachdem das Gesetz zur Stärkung der Finanzmarktintegrität (FISG) im Bundesgesetzblatt verkündet worden ist und der Untersuchungsausschuss seinen Ab­schlussbericht publiziert hat, war falsch gewickelt: Dem Personalrat der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) bleibt es vorbehalten, das Versagen der Be­hörde in Erinnerung zu rufen.

Nachdem sich die BaFin nur für die Bank des Zahlungsabwicklers zuständig erklärt hatte, indem sie Wirecard als Technologiekonzern eingestuft hatte, nachdem sie ein un­seliges Leerverkaufsverbot verhängt und überhaupt einen generellen Mangel an Wachsamkeit an den Tag gelegt hatte, haben die Vertreter der BaFin-Beschäftigten ein letztes Zeichen der Instinktlosigkeit gesetzt: In einem Brief an Finanzstaatssekretär Jörg Kukies beschwert sich ihr Chef über die infolge des Skandals erlassenen Beschränkungen für BaFin-Personal beim Handel mit Wertpapieren.

Das Verbot des privaten Handels mit Aktien, Anleihen und anderen Finanzinstrumenten sorge bei den Beschäftigten für „große Frustration und Verunsicherung“, argumentiert der Personalvertreter laut „Handelsblatt“. Zugleich fordert er einen fi­nanziellen Ausgleich für Nachteile, die BaFin-Beschäftigten dadurch beim Vermögensaufbau erlitten. Ob er eine Kompensation auch für Mitarbeiter von Aufsichtsinstanzen im Ausland fordert, denen Wertpapierhandel seit jeher untersagt ist, oder für ehemalige Aktionäre und Gläubiger von Wirecard, die Milliarden verloren haben, weil die BaFin als Aufsichtsinstanz versagt hat, ist nicht überliefert. Im Zweifel darf vermutet werden: Nein, denn ein jedermann hat so seine eigenen Sorgen. Deshalb waren der Verschärfung ja BaFin-intern offenbar recht rege Transaktionsaktivitäten vorausgegangen. Ende Januar teilte die Behörde mit, sie habe einen Mitarbeiter wegen mutmaßlichen Insiderhandels in Wirecard angezeigt – tags darauf musste BaFin-Präsident Felix Hufeld den Hut nehmen.

Zuvor mussten BaFin-Beschäftigte Wertpapiergeschäfte ihren Vorgesetzten melden – die winkten solche Transaktionen dem Vernehmen nach routinemäßig durch. Ein gescheites internes Meldewesen, das die Verantwortung nicht nur allein dem je­weiligen Vorgesetzten zuschiebt, hat es nicht gegeben, obwohl in Rechtsfragen und in Usancen von Banken be­wanderte Beschäftigte dies wiederholt thematisiert hatten, wie man sich in der BaFin erzählt. Dies geht wohl an die Adresse von Beatrice Freiwald, seit 2016 BaFin-Exekutivdirektorin Innere Verwaltung und Recht.

Die weit verbreitete Meinung, die BaFin habe im Fall Wirecard nicht ge­handelt, ist also zu relativieren: Ihre Beschäftigten haben sehr wohl gehandelt, wenn auch nur in Wirecard und weniger in Sachen Wirecard. In der BaFin wurden noch Orders für Derivate auf Wirecard aufgegeben, als das Fintech-Konglomerat aus Aschheim schon bedenklich wankte. Ob dies die Art von Vermögensaufbau ist, die der Personalrat nun einfordert?

Inzwischen ist gesetzlich geregelt, was im Grunde schon Selbstverständnis und Hygiene diktieren sollten: etwa dass BaFin-Beschäftigte nicht Finanzinstrumente von Unternehmen handeln dürften, welche die BaFin beaufsichtigt. Droht kein Interessenkonflikt, kann die BaFin allerdings Ausnahmen zulassen, wie Reuters festhält. Zudem sind von den Be­schränkungen etwa börsengehandelte Fonds in der Regel ausgenommen, wie es auf Nachfrage heißt. Bei den Mitarbeitern, welche die neuen Regeln laut Personalrat nun abschrecken bzw. vergraulen könnten, muss es sich daher weniger um betaorientierte Investoren handeln, sondern eher um Stock-Picker, Long-Short-, Arbitrage- bzw. Special-Situations-Spezialisten.

Und so lenkt der BaFin-Personalrat nicht nur den Fokus erneut auf eine peinliche Episode im Wirken der Fi­nanzaufsicht. Er illustriert auch, wie viel Arbeit auf den künftigen BaFin-Präsidenten Mark Branson allein in Fragen der Personalentwicklung zu­kommt.