Große Wirtschaftskoalition gegen Trennbanksystem
ge/wf Berlin – Eine “große Koalition” aus Industrie, Handwerk, Arbeitgebern und allen Säulen der Finanzwirtschaft spricht sich gegen ein Auftrennen des Universalbanksystems in Geschäfts- und Investmentbanken aus. Vor allem die exportorientierte Wirtschaft würde dadurch geschwächt, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung. “Eingriffe in die Geschäftsmodelle der Banken erhöhen nicht die Stabilität des Finanzmarkts, beschränken aber die Funktionsfähigkeit der deutschen Kreditwirtschaft.” Gerade hierzulande gingen Hausbankprinzip und Universalbank Hand in Hand und seien eine wichtige Voraussetzung für ein breites Angebot. An Stabilität einbüßenGleichzeitig bewertet das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) die unterschiedlichen Vorschläge für ein Trennbanksystem als “Nebenschauplatz” bei der angestrebten Reduzierung von Systemrisiken. Weder ein starkes Kreditwachstum noch eine unzureichende Eigenkapitalbasis oder ein hoher Anteil an kurzfristiger Kapitalmarktfinanzierung würde durch ein Aufsplitten von Banken in Retail und Investment vermieden – “daher stellt die Diskussion um die Einführung eines solchen Bankensystems nur einen Nebenschauplatz in der Debatte um die Reduktion des Systemrisikos dar”, erklärt Michael Schröder, der Leiter des Forschungsbereichs Internationale Finanzmärkte und Finanzmanagement am ZEW und Mitautor der vom Bundesverband Öffentlicher Banken (VÖB) bestellten Studie. Durch eine strikte Trennung würden sowohl die Geschäftsbank als auch die Investmentbank an Stabilität einbüßen, verglichen mit der Situation vor einer Trennung.Dieser Befürchtung trage die im Bericht des finnischen Notenbankchefs Erkki Liikanen vorgeschlagene Trennung durch die Einführung von Schwellenwerten Rechnung. Da erst ab einem Anteil des Investmentgeschäfts von 15 bis 25 % eine Trennung empfohlen wird, blieben Diversifikationsvorteile gewahrt. Generell zeige die Forschung, dass Universalbanken mit einem relativ geringen Anteil an Investmentbankaktivitäten weniger krisenanfällig seien als die Alternativen reiner Investment- und Geschäftsbanken. Zudem verbessere ein relativ geringer Anteil von Investmentbankaktivitäten die Ertrag-Risiko-Relation von Universalbanken – “der gleiche Ertrag lässt sich dadurch mit geringerem Risiko erwirtschaften”, heißt es in der Studie “Trennbanken” weiter.Die Ergebnisse der Untersuchung sprächen dafür, kein reines Trennbanksystem einzuführen – aber den Einfluss des Investmentbankgeschäfts auf die Gesamtbank “in engen Grenzen zu halten”. Genau deswegen dürfte die Liikanen-Gruppe die Schwellenwerte eingeführt haben. Damit sei ein signifikanter Anteil an Investment Banking möglich, ohne dass dieses in einer separaten Investmentbank durchgeführt werden müsste. Aber auch die Vorschläge des SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück verlangten keine vollständige Trennung aller Funktionen des Investment Banking von der Retailbank, urteilt das ZEW. CDU-Lob für LiikanenHessens Finanzminister Thomas Schäfer (CDU) will zunächst den Konsultationsprozess auf EU-Ebene abwarten, bevor er sich in der Frage einer Trennbankregelung positioniert. “Ich bin nicht festgelegt”, sagte Schäfer – in der Regel Anwalt des Banken- und Finanzplatzes – in Berlin. Mit den Stimmen von CDU/CSU und FDP hatte der Bundestag einen Antrag von Schwarz-Gelb verabschiedet, in dem die Regierung aufgefordert wird “zu prüfen”, inwieweit die Vorschläge der Liikanen-Gruppe “zur Abschirmung von Risiken innerhalb von Banken geeignet sind, die Komplexität von Banken zu reduzieren und die Abwicklung von Banken im Bedarfsfall zu erleichtern”. Schäfer wertet es als Verdienst der Experten, “unter Aufrechterhaltung des Universalbankprinzips” eine Lösung für die “unversöhnliche Positionen” zwischen Befürwortern des Universal- und Trennbanksystems gefunden zu haben.