Grüne Anleihen - Der Erfolg ist hausgemacht

Der Markt befindet sich in einem regelrechten Boom - Investoren werden sensibler - Emittenten müssen sich Glaubwürdigkeit erarbeiten

Grüne Anleihen - Der Erfolg ist hausgemacht

Der finnische Kommunalfinanzierer Municipality Finance, kurz MuniFin, genießt am Kapitalmarkt einen unaufgeregt guten Ruf. Doch als das Staatsunternehmen im vergangenen Jahr mit seinem zweiten Green Bond an den Markt ging, wurden die begleitenden Banken von der Nachfrage geradezu überrannt. Für das geplante Volumen von 500 Mill. Euro sammelte MuniFin 2,8 Mrd. Euro an Investoreninteresse ein. So stark überzeichnet war bislang keine grüne Anleihe in der Geschichte dieses Segments. Mit diesem Beispiel ist das gigantische Interesse der Investoren an den grünen Anleihen gut illustriert. Es sortiert sich ein in den seit Jahren zunehmenden Trend hin zu nachhaltigen Investments – sowohl bei Privatanlegern als auch bei institutionellen Kunden. Das Volumen der nachhaltig verwalteten Investments steigt nach Berechnungen des DZ Bank Research in diesem Jahr auf 29,1 Bill. Dollar weltweit. Das entspricht einem Wachstum von 15 % gegenüber 2017. Hierbei sind vor allem Stiftungen, Pensionskassen und Kirchenbanken führende Nachfrager von Green Bonds. Auch klassische Investoren decken inzwischen Nachhaltigkeitsaspekte in ihren Anlagestrategien ab und wenden sich grünen Anleihen zu. Das lässt sich daran ablesen, dass die Orderbücher von Green-Bond-Emissionen mittlerweile ähnlich diversifiziert sind wie bei klassischen Emissionen. Green Bonds stehen auch deswegen im Fokus der Investoren, weil sich ihr Nachhaltigkeitsprofil gut überprüfen und nachhalten lässt – eine wesentliche Voraussetzung für viele Anleger, die wiederum ihren Kunden Rechenschaft über ihre Kapitalanlage ablegen müssen oder wollen. Dabei greifen sie zurück auf spezialisierte Nachhaltigkeitsratingagenturen, die einen Green Bond nur dann als solchen zertifizieren, wenn die mit der Anleihe eingeworbenen Mittel “grünen” Zwecken wie Erneuerbare-Energien-Projekten, energieeffizienter Produktion oder emissionsarmen Transportkonzepten dienen und die Verwendung auch regelmäßig nachgewiesen und dokumentiert wird. Die hohe Aufmerksamkeit der Investoren hat in den vergangenen Jahren immer mehr Emittenten ermutigt, ihre Refinanzierung mit Green Bonds zu ergänzen. So hat die Emissionstätigkeit in den letzten Jahren stark zugenommen und zu einem sprunghaften Marktwachstum geführt. Im zurückliegenden Jahr wurden laut Climate Bond Initiative weltweit Green Bonds mit einem Volumen von 156 Mrd. Dollar begeben. Gegenüber dem Vorjahreswert von 87 Mrd. Dollar hat sich das Neuemissionsvolumen damit beinahe verdoppelt. Viele DebütantenDie Verbreiterung der Emittentenbasis lässt sich an der Anzahl der Green-Bond-Debütanten eindrucksvoll ablesen. Allein im Jahr 2017 haben weltweit 146 Emittenten erstmals eine grüne Anleihe begeben. Das ist mehr als die Hälfte aller in diesem Marktsegment aktiven Emittenten. Einen bemerkenswerten Zuwachs verzeichneten insbesondere die grünen Unternehmensanleihen, wozu auch der erste deutsche Corporate Green Bond im Benchmark-Format zählte – begeben vom Energieunternehmen Innogy. Das Segment der staatlichen Emittenten ist ebenfalls deutlich gewachsen, wenn auch auf bescheidenem Niveau. So brachte die Republik Frankreich mit einem 10,7 Mrd. Dollar schweren Bond die größte jemals emittierte grüne Anleihe an den Markt. Der Markt für Green Bonds befindet sich zweifellos in einem regelrechten Boom. Zugleich stellen wir derzeit eindeutige Anzeichen für eine weitere Reifung des Marktes fest. Vor allem sehen wir, dass die Marktakteure immer präziser und differenzierter auf die einzelnen Emissionen schauen. Dabei spielen Nachhaltigkeitsaspekte ebenso eine Rolle wie ökonomische Argumente, also letztlich die Preisgestaltung der Emission. Das wirft ein Schlaglicht auf die Frage: Wodurch zeichnet sich eine erfolgreiche Green-Bond-Emission aus? Und unter welchen Voraussetzungen bietet die Emission eines Green Bonds Mehrwert für den Emittenten? Eines der zentralen Kriterien dabei ist die Glaubwürdigkeit des Emittenten und seiner geplanten Emission unter Nachhaltigkeitsaspekten sowie der positive Nutzen der Transaktion. Insbesondere die Investoren nähern sich Green Bonds inzwischen mit einer hohen Sensibilität dafür, ob ein Emittent mit seiner Anleihe eine glaubwürdige Nachhaltigkeits- und Klimastrategie verfolgt.Am breiten Markt entwickeln Indexanbieter und Fondsgesellschaften inzwischen Produkte, die bei ihren Investitionen nicht primär auf die Nachhaltigkeit eines Emittenten insgesamt schauen, sondern auf die “use of proceeds”, also die Verwendung der Emissionserlöse einer Emission abstellen. Damit werden Autobauer, Energieversorger und andere große Konzerne investierbar für Investoren, deren Anlagerichtlinien auf Nachhaltigkeit setzen. So kommt es, dass zum Beispiel Apple im Jahr 2016 mit einem Green Bond 1,5 Mrd. Dollar eingesammelt hat, um damit die Umstellung des Unternehmens auf erneuerbare Energien, energieeffiziente Heiz- und Kühlsysteme und die stärkere Nutzung von biologisch abbaubaren Materialien zu finanzieren. Das Beispiel Apple zeigt zugleich einen Kritikpunkt am Green-Bond-Markt auf. So ist zu hören, dass die Emission von Green Bonds durch Unternehmen mit insgesamt ökologisch fragwürdigen Aktivitäten – etwa Ölkonzerne – primär der Reputationsverbesserung diene. Dann ist vom sogenannten “Greenwashing” die Rede. Diese Kritik ist nachvollziehbar, hebt aber vor allem die verantwortungsvolle Rolle des Investors hervor. Letztlich liegt es im Entscheidungsspielraum des Investors, welche Emittenten er in seinem Anlageuniversum zulässt und welche Mittelverwendung er für akzeptabel hält. Klar ist: Als reines Reputationsprodukt wird ein Green Bond künftig nicht mehr erfolgreich sein können.Emittenten können eine Reihe von Werkzeugen einsetzen, um ihre Glaubwürdigkeit herauszuarbeiten und zu dokumentieren. Bereits auf der Ebene des Gesamtunternehmens sind Instrumente wie eine regelmäßige und umfängliche Nachhaltigkeitsberichterstattung und ein oder mehrere Nachhaltigkeitsratings renommierter Agenturen wie Sustainalytics oder Oekom Research hilfreich. Dies lässt sich auf die Ebene der einzelnen Emission übertragen: Hier braucht es zunächst ein belastbares und professionell verfasstes Rahmenwerk für die Emissionen, das sich an internationalen Standards wie etwa den Green Bond Principles orientiert. Dieses Rahmenwerk sollte anschließend durch eine der erwähnten Ratingagenturen evaluiert und zertifiziert werden. Und schließlich sollte es bereits klare Kriterien definieren, nach denen die Wirkung der eingesetzten Emissionserlöse anschließend qualitativ und quantitativ gemessen und bewertet wird. Solche Investitionen in die Vorarbeit lohnen sich für Emittenten ebenso wie die intensive Investorenarbeit, beispielsweise in Form von Roadshows sowie Präsentationen des Rahmenwerkes und der Strategie bei Investoren. Diese sollte bei Green-Bond-Emissionen den Fokus auf diejenigen institutionellen Investoren legen, die bei ihren Investments bereits nachhaltige Kriterien ansetzen. Dabei kann es sich um Investoren mit einem per se auf Nachhaltigkeit angelegten Mandat wie Kirchenbanken handeln oder auch um klassische Assetmanager und Banken, die bereits Expertise im Nachhaltigkeitsbereich aufgebaut haben. Diese Investorengruppen bilden üblicherweise den Nukleus des Orderbuchs jeder Green-Bond-Emission. Von der Qualität überzeugenEmittenten, denen es gelingt, die Investoren von der Qualität ihres Green Bonds zu überzeugen, werden belohnt mit einem gut gefüllten und breit diversifizierten Orderbuch. Auf dieser Basis wird es einem professionellen Bankenkonsortium gelingen, eine attraktive Preisgestaltung durchzusetzen. So hat die erwähnte Anleihe des auf den ersten Blick unscheinbaren finnischen Kommunalfinanzierers auch deswegen einen Green Bond of the Year Award erhalten, weil die Konditionen eindrucksvoll günstig waren: So konnte die Preisgestaltung der Emission gegenüber der ursprünglichen Zielgröße mehrfach im Sinne der Emittentin nach unten angepasst werden. Die siebenjährige Anleihe kam mit einer Rendite von 0,78 % an den Markt. Die Konditionen des Green Bonds sind damit für MuniFin sogar günstiger als die Konditionen ihrer bisher begebenen klassischen in Euro denominierten Anleihen.Dieses Beispiel zeigt: Für den Erfolg eines Green Bonds sind in erster Linie der Emittent und die von ihm mandatierten Banken verantwortlich. Zusätzlich muss an den Rahmenbedingungen des Gesamtmarktes gearbeitet werden. Denn der Markt nachhaltiger Anleihen bildet keine kohärente eigene Assetklasse, sondern erstreckt sich von den Staaten und Staatsagenturen über Covered Bonds bis hin zu ungedeckten Bank- und Unternehmensanleihen. Um die weitere Vertiefung des Marktes zu fördern, braucht es insbesondere einheitliche Transparenzstandards für die Mittelverwendung und Standards für deren Einordnung. Unterstützend kann das Research von Banken mit unabhängigen Nachhaltigkeitsbewertungen von Emittenten und Anleihen einen Beitrag leisten. Eine Konzeption einer übergeordneten europäischen Nachhaltigkeitstaxonomie wird indes herausfordernd, kann jedoch als wichtiger Katalysator für eine noch stärkere Dynamik im Markt für nachhaltige Anleihen dienen.—-Wolfgang Köhler, Kapitalmarktvorstand der DZ Bank