Gute Gelegenheiten
Gäbe es eine Stellenanzeige für den Job, könnte sie lauten: Gesucht wird eine Managerpersönlichkeit mit großer Erfahrung in der Finanzbranche (bevorzugt Banken), ohne Interesse an strategischen Experimenten, mit viel diplomatischem Geschick und ohne hohe Gehaltsforderung. Ausgeschrieben ist der Vorstandsvorsitz der Bayerischen Landesbank (BayernLB), gesucht wird der Nachfolger von Johannes-Jörg Riegler und Interim-Chef Edgar Zoller.Den künftigen Manager an der Spitze erwartet in München keine leichte Aufgabe, wie die unrühmliche Trennung von Riegler offenbarte. Schnell gerät der Chef der BayernLB ins Getriebe der bayerischen Politik. Wegen der Landtagswahl Mitte Oktober ließ die CSU Riegler lange zappeln. Dabei sollte dessen Zukunft in der Bank bis Ende August geklärt sein.Dass nach dem Ende des EU-Beihilfeverfahrens Riegler deutlich mehr als 750 000 Euro im Jahr verdienen wollte, war längst bekannt. Mit diesem Thema konnten sich die Verantwortlichen also schon seit einiger Zeit befassen. Gewiss, Riegler hat seinen eigenen Kopf und eckte damit offenbar an im Zusammenspiel mit den Gesellschaftern, dem Freistaat (75 %) und den bayerischen Sparkassen (25 %). Aber wollen Ministerpräsident Markus Söder, Sparkassenpräsident Ulrich Netzer und der Aufsichtsratsvorsitzende Wolf Schumacher nur einen willfährigen Erfüllungsgehilfen? Der Chef einer Landesbank sollte doch wohl ein klares Profil haben, zu dem auch manche Kante gehört. Der Umgang mit Riegler wird den potenziellen Nachfolgern zumindest zu denken geben und dürfte den einen oder anderen Kandidaten abschrecken. Um einen grundsätzlichen Konflikt mit dem künftigen Vorstandsvorsitzenden zu vermeiden, sollten die Gesellschafter früh, am besten vorab, das Thema Deutsche Kreditbank (DKB) klären. Der Wechsel an der Spitze bietet eine gute Gelegenheit. Die noch in der DDR 1990 gegründete DKB ist seit 1995 eine Tochter der BayernLB und mauserte sich mit inzwischen 3,9 Millionen Kunden zur zweitgrößten Direktbank in Deutschland hinter der ING-DiBa. Akzeptieren die Sparkassen den erfolgreichen Konkurrenten unter dem Dach ihrer Zentralbank dauerhaft oder bestehen sie auf einen Verkauf?Zum Auftrag der BayernLB gehört die Direktbank jedenfalls nicht. Im Gesetz über die Landesbank heißt es in Artikel 2, die Bank habe insbesondere die Aufgabe, “die angemessene und ausreichende Versorgung der Wirtschaft, insbesondere des Mittelstands, und der öffentlichen Hand mit geld- und kreditwirtschaftlichen Leistungen sicherzustellen”. Und einige Sätze weiter wird ihre Rolle als Sparkassenzentralbank betont: Die BayernLB “betreibt ihre Geschäfte insoweit unter Berücksichtigung der Belange der Sparkassen”.Indirekt profitieren die Sparkassen allerdings via Dividende von den ertragreichen Jahren der DKB. 2018 ist so eines. In den ersten neun Monaten trug die Direktbank mit 292 Mill. Euro gut 40 % zum Konzernergebnis vor Steuern bei. Das liegt auch an der insgesamt niedrigen Risikovorsorge für Kredite.Mit einer Konjunkturschwäche wird sich das Blatt wenden. Die Phase einer kräftig steigenden Vorsorge wegen höherer Risiken wäre – positiv formuliert – eine gute Gelegenheit für den künftigen Chef der BayernLB, sich zu bewähren. Riegler setzte auf der Ertragsseite Maßstäbe: 2016 und 2017 erzielten die Bayern das beste Vor-Steuer-Ergebnis der Landesbanken. Das wird auch in diesem Jahr so sein. Freilich kamen Riegler Sondereffekte zugute, aber die gab oder gibt es auch in Baden-Württemberg und Hessen.Aufgabe des Nachfolgers von Riegler und Zoller wird sein, das Geschäft der BayernLB behutsam weiterzuentwickeln – auch mit kleinen Schritten im Ausland. Experimente und Abenteuer außerhalb des gesetzlichen Auftrags scheuen die Gesellschafter und das Management. Zu Recht: Der Expansionsdrang früherer Jahre hatte die Bank an den Abgrund getrieben. So wird in München die aktuelle Diskussion über eine Superlandesbank bisher nur aufmerksam beobachtet.Eine grundsätzlich neue Strategie wird von dem künftigen Chef der BayernLB folglich wohl nicht erwartet. Er kann auf die Erfolge von Rieglers Sanierungsarbeit aufbauen. Ob mit oder ohne die teils neu besetzte Führungsmannschaft, wird sich zeigen. Rieglers Abgang könnte mancher seiner Weggefährten als Gelegenheit verstehen, sich nach einem neuen Job umzusehen. —–Von Joachim HerrMit dem Vorstandswechsel in der BayernLB muss eine strategische Frage dringend geklärt werden: Wie soll es mit der Direktbank DKB weitergehen? —–