Gute Pläne brauchen Zeit
Die deutschen Versicherer werden aktiv in Sachen Pandemieversicherung. Innerhalb weniger Wochen haben sie sich auf ein Konzeptpapier verständigt, dass die Idee eines künftigen Pandemieschutzes für Unternehmen in einem Public-Private Partnership umreißt.Die Branche hat akuten Handlungsbedarf. Denn ihr drohte und droht ein Reputationsschaden. Da Betriebsschließungsversicherungen wohl allzu oft als Rundum-sorglos-Paket verkauft wurden und die Ausschlüsse den Restaurant- und Hotelbesitzern nicht deutlich erläutert beziehungsweise Versicherungsbedingungen nicht immer eindeutig formuliert wurden, gibt es jetzt zahlreiche Streitigkeiten.Das soll nicht noch einmal passieren. Die Assekuranz will ihre Lehren aus der Coronakrise ziehen. Der Ansatz einer Kooperation von Privatwirtschaft und öffentlicher Hand ist ein sinnvoller. Mit dieser Grundidee und zwei unterschiedlichen, bislang nur grob skizzierten Modellen geht die Branche in die Diskussion mit der Politik. Das ist ein geschickter Schachzug, denn die Assekuranz vermeidet damit den Eindruck, das Gesetzgebungsverfahren von vornherein zu stark zu beeinflussen.Die mangelnde Tiefe der bisher vorliegenden Vorschläge führt allerdings auch dazu, dass viele Fragen offen sind. Die größten Knackpunkte des Versicherer-Vorstoßes sind der Vorschlag einer Pflichtversicherung und die Einführung von Pandemiebonds. Die Konzeption solcher Katastrophenanleihen, die am Kapitalmarkt platziert werden sollen, ist ein technisch äußerst anspruchsvolles Unterfangen. Es gibt noch keine echte Blaupause, der einzige bisher emittierte Pandemiebond der Weltbank war für Entwicklungsländer und Nothilfen für die Gesundheitssysteme dort konzipiert worden. Auch die Akzeptanz von Investoren ist keineswegs sicher. Ihre Renditeerwartungen könnten die Bonds unattraktiv machen.Weniger technisch, aber politisch heikel ist die Frage einer Pflichtversicherung. Der Diskussion muss genügend Raum und Zeit gegeben werden. Es eilt ja auch nicht. Coronaschäden wird der künftige Pandemieschutz nicht mehr abdecken, und dass es Schlag auf Schlag geht mit der nächsten Bedrohung durch einen globalen Krankheitserreger, ist eher unwahrscheinlich. Der staatlich-private Pandemieschutz steht nicht unter Zeitdruck. Wirtschaft und Politik sollten das Konzept sorgfältig ausarbeiten. Mit einem gewissen zeitlichen Abstand zur aktuellen Krise dürften außerdem Investoren aufnahmewilliger und die heute gebeutelten künftigen Kunden zahlungsbereiter sein.