"Habe keine Angst vor der Zukunft"

Deutsche Bank untersucht Nutzung von Blockchain für Unternehmensanleihen

"Habe keine Angst vor der Zukunft"

Die sogenannte Blockchain-Technologie könnte der Finanzbranche enorme Einsparungen ermöglichen. Zahllose Initiativen wurden bereits an den Start gebracht. Die Deutsche Bank arbeitet an einem “Proof of Value” für Corporate Bonds.Von Andreas Hippin, LondonDie Deutsche Bank hat ein Pilotprojekt gestartet, mit dem festgestellt werden soll, ob sich die Bitcoin zugrunde liegende Blockchain-Technologie für Unternehmensanleihen verwenden lässt. “Für uns ist das ein kleines Experiment”, sagte Satvinder Singh, Global Head of Institutional Cash & Securities Services der Bank, über den “Proof of Value”. Es sei noch zu früh, um abschätzen zu können, was Blockchain für die Branche bedeuten könnte.Es geht dabei kurz gesagt um ein dezentrales Buchungssystem, das über Peer-to-Peer-Netzwerke betrieben werden kann. Auf dem Weg zur bargeldlosen Gesellschaft könnte es eine große Rolle spielen. Noch steckt die Technologie in den Kinderschuhen. Schon bald aber könnten damit nicht nur Bargeld, sondern auch Vermögenswerte wie Aktien oder Bonds ohne Intermediär transferiert werden. Großes Interesse der BankenAm Dienstag kündigten neun Großbanken, darunter Barclays, BBVA, Commonwealth Bank of Australia, Credit Suisse, J.P. Morgan, State Street, Royal Bank of Scotland und UBS, an, zusammen mit dem Start-up R3 an der Entwicklung gemeinsamer Standards und Protokolle für die neue Technologie arbeiten zu wollen. R3-CEO David Rutter, zuvor Chef von ICAP Electronic Broking, rechnet damit, dass sich weitere Banken anschließen. In New York ging gerade die Fachmesse “Consensus 2015″ zu Ende. Mittlerweile gibt es kaum noch Banken, die nicht mit Blockchain experimentieren.”Wie wir die Produktivität steigern können, steht bei uns im Mittelpunkt”, sagte etwa James Bardrick, Citi Country Officer UK. “Blockchain und verwandte Technologien werden sicher Teil davon sein.” Die Entwicklung habe Ähnlichkeiten damit, wie die Tauschbörse Napster die Musikindustrie veränderte, sagt Ken Moore, Citi Head of Innovation Labs. Auch Bitcoin umgebe der Hauch des Verruchten. Potenziell ließen sich durch die Blockchain-Technologie Kosten drücken und operative Risiken mindern und bei Geschwindigkeit und Integration nie dagewesene Niveaus erreichen. In einem Transaktionssystem auf dieser Grundlage gäbe es weniger Intermediäre. “Aber noch sind die Stützräder nicht abmontiert.” Zwei der acht Innovationszentren gehören zur Sparte Treasury & Trade Solutions (TTS). Sie beschäftigen sich zwölf bis 24 Monate vor den Produktgruppen der Bank mit Neuentwicklungen. Rajesh Mehta, der die Sparte TTS in der Region Europa, Afrika und Nahost führt, sagte, er finde die Möglichkeiten, die Blockchain biete, “unglaublich aufregend”. Schließlich könne man damit nicht nur schneller tun, was man ohnehin mache, sondern es könnten auch neue Wertschöpfungsmöglichkeiten entwickelt werden. Zahlreiche Fintech-Neugründungen widmen sich exklusiv dem Thema Blockchain.”Wir können nicht sagen: ,Das ignorieren wir”`, sagte Werner Steinmüller, Head of Global Transaction Banking (GTB) bei der Deutschen Bank. “Wir müssen uns das sehr genau ansehen. Technologien haben das Potenzial, die Effizienz zu steigern.”Er habe die Taxifahrerproteste gegen den US-Fahrdienstvermittler Uber in der britischen Metropole beobachtet. “Alte Industrien ändern sich über Nacht”, sagte Steinmüller. “Davor müssen wir uns als Branche in Acht nehmen.” Noch sei es allerdings weltweit so, dass die Banken die Standards setzten. Er sitzt im 19 Köpfe starken Global Executive Committee (GEC) der Bank, einer Art erweitertem Vorstand. Als er seine Karriere begonnen habe, sei noch mit Telex gearbeitet worden. Fax und E-Mail lösten die Fernschreiber ab. “Ich habe keine Angst vor der Zukunft.” Bis 2020 will die Bank konzernübergreifend bis zu 1 Mrd. Euro in ihre Digitalisierung stecken. Unicredit kündigte Investitionen in vergleichbarer Größenordnung an. Bei der Royal Bank of Scotland (RBS) soll so viel Geld schon binnen vier Jahren fließen. BBVA hat sich 4,3 Mrd. Euro binnen sieben Jahren vorgenommen.Blockchain biete große Chancen, sagte Singh. Er glaube jedoch nicht, dass eine Organisation eine Lösung entwickeln werde, die sich durchsetzt. “Die Branche wird zusammenarbeiten müssen.” Ein bisschen mehr Effizienz könne ihr nicht schaden. Von Selbstgefälligkeit könne bei der Deutschen Bank angesichts der Entwicklungen keine Rede sein. Das Institut unterhält weltweit drei Entwicklungszentren – in Berlin, London und an der US-Westküste. Partner sind unter anderem IBM und Microsoft. Welche Blockchain-Technologie die Deutsche Bank bei ihren Experimenten verwendet, konnte Christian Westerhaus, Global Co-Head of Client Products & Solutions, nicht sagen. Zur R3-Initiative wollte er keine Stellungnahme abgeben.An allen Ecken zeigt sich, dass sich die Effizienz beim Bezahlen noch steigern lässt: Wenn die Crew-Mitglieder der Pendlerfähren auf der Themse Tickets an Passagiere verkaufen, haben sie oft einen Arm voll mobiler Endgeräte, um alle möglichen Zahlungsweisen akzeptieren zu können. Die Betreibergesellschaft will sich damit künftig nicht mehr beschäftigen. In Zukunft sollen auf den Schiffen nur noch Prepaid-Tickets oder Oyster-Smartcards von Transport for London akzeptiert werden.