Vertrauen voll gerechtfertigt: Dem Sozialpartnermodell gehört die Zukunft
Gastbeitrag: Marco Herrmann, BVV
Sozialpartnermodell hat Zukunft
Im privaten Bankgewerbe funktioniert es bereits: das Sozialpartnermodell, welches nach langer Vorbereitung den Weg in die praktische Umsetzung gefunden hat und in dem sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer auf die ausgewogene Ausgestaltung einer chancenreichen betrieblichen Altersversorgung (bAV) einigen. Aus Sicht der Beteiligten ist das Modell eine Kooperation mit Zukunft, die für viele Unternehmen anschlussfähig ist und Mitarbeitenden attraktive Perspektiven für das Alter eröffnet.
Das Sozialpartnermodell und die Rentenpolitik sind zurzeit in aller Munde. Dank vieler Vorteile, die die reine Beitragszusage Unternehmen und Mitarbeitenden bietet, kann die bAV einen ganz praktischen und zeitgemäßen Beitrag leisten, Altersarmut vorzubeugen und finanzielle Freiheit im Alter zu ermöglichen.
Dennoch wird das Modell diskutiert, da die reine Beitragszusage am Verständnis von Betriebsrenten deutscher Prägung rüttelt. Als durchführende Versorgungseinrichtung sehen wir, dass das Sozialpartnermodell für das private Bankgewerbe in der Praxis sehr gut anläuft.
Vorteile der reinen Beitragszusage
Die Vorteile der reinen Beitragszusage sind offensichtlich: Sie bedeutet erheblich weniger bürokratischen Aufwand, da beispielsweise keine Pflicht zur Rentenanpassungsprüfung oder zur Insolvenzabsicherung beim Pensions-Sicherungs-Verein besteht. Durch den Wegfall der Einstandspflicht entfallen auch potenzielle Risiken. Im Gegenzug sind nur BaFin-beaufsichtigte Durchführungswege für ihre Umsetzung zugelassen. Außerdem werden international übliche Standards echter Beitragszusagen (Defined Contribution) realisiert, die zur Arbeitgeberattraktivität beitragen und mehr Menschen in die bAV bringen. Für Mitarbeitende wiederum bedeutet das Sozialpartnermodell oftmals nicht weniger als die erstmalige Gelegenheit, eine bAV abzuschließen, mit der Chance auf attraktive Renditen.
Das Bankgewerbe hat traditionell eine hohe Tarifbindung mit starken Sozialpartnern, die das Modell tragen und prägen. Sie bilden die paritätische Besetzung des vom Gesetzgeber verpflichtend geforderten Steuerungsgremiums, welches die Durchführung der reinen Beitragszusage überwacht und für einen fairen Ausgleich der Interessen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern sorgt.
Größte Pensionskasse Deutschlands
Darüber hinaus handelt es sich bei der Finanzwirtschaft um eine Branche, in der sehr viele Mitarbeitende bereits von bAV profitieren und Unternehmen seit vielen Jahren ihren „garantierten“ Beitrag dazu leisten. Gleichwohl geht diese bereits gut versorgte Branche auch in Sachen Sozialpartnermodell voran: Die Deutsche Bank beispielsweise – 1909 Gründungsmitglied des BVV Versicherungsvereins des Bankgewerbes a. G., der ersten paritätisch organisierten und gemessen am verwalteten Vermögen bis heute größten Pensionskasse Deutschlands – bietet, sozusagen als First Mover, Mitarbeitenden von Tochterunternehmen des ehemaligen Postbankkonzerns jetzt auch ein Produkt nach dem Modell der reinen Beitragszusage an. Dadurch partizipieren insbesondere Mitarbeitende, die bisher keine bAV hatten, am Zugang zur kapitalmarktorientierten Altersversorgung. Und die Renditeerwartungen stimmen positiv, denn der in den klassischen Tarifen zulässige Höchstrechnungszins (Garantiezins) für das Neugeschäft hat in den vergangenen Jahren keine Euphorieschübe ausgelöst. Zudem kosten Garantien nun mal Geld.
Drei Kritikpunkte
Erstens: die fehlenden Garantien. Die Zeiten der hoch dotierten Tarife von bis zu vier Prozent sind im Neugeschäft längst vorbei, und selbst die Erhöhung des Höchstrechnungszinses von 0,25 auf 1,0 Prozent wird daran wenig ändern. Ein ausgewogener Kapitalmix aus Aktien, Anleihen und alternativen Eigen- sowie Fremdkapitalinvestments verspricht hingegen attraktives Rentenpotenzial.
Zweitens: etwaige Rentenkürzungen aufgrund volatiler Kapitalmärkte. Um diese Volatilität abzumildern, wurden in unser chancenorientiertes Produkt Schutzmechanismen eingebaut, die von den Sozialpartnern in paritätischer Verantwortung überwacht werden. Und im Rückblick auf rund 15 Jahre Niedrigzinsphase haben die großen Einrichtungen der bAV diese herausfordernde Zeit historischen Ausmaßes insgesamt sehr gut gemeistert. Man ist geneigt, den Kritikern entgegenzurufen: „Habt Vertrauen! Altersversorgung ist immer langfristig orientiert und keine schnelle Performance-Rally. Es funktioniert.“
Und drittens: die Kritik, Unternehmen könnten sich mittels reiner Beitragszahlungen und wegfallender Haftung aus der Verantwortung stehlen. Es gilt aber unverändert: bAV ist nur dann auch eine „echte bAV“, wenn sich der Arbeitgeber in der Grundversorgung nennenswert finanziell beteiligt. Unternehmen im Gegenzug von langfristigen Haftungsrisiken zu entlasten, ist ein akzeptabler Kompromiss, insbesondere wenn es sich, wie in der Finanzwirtschaft, um Arbeitgeber mit langjähriger bAV-Tradition handelt.
Inhaltlich ausgewogen
Als BVV haben wir mit einem ausgewogenen Produktmix über viele Jahrzehnte hinweg Erfahrung. Wir stehen voll hinter dem neuen Modell und bringen den Vorteil eines nicht gewinnorientierten Unternehmens mit. Wir haben immer an das Sozialpartnermodell geglaubt und sind überzeugt, dass die Zukunft der bAV – neben den klassischen Zusageformen – auch in Modellen dieser Art liegt, die es ermöglichen, etwas inhaltlich Ausgewogenes entstehen zu lassen.
Aktuell gilt es erneut, vorauszuschauen. Das weitere parlamentarische Verfahren zum Zweiten Betriebsrentenstärkungsgesetz soll im Januar nächsten Jahres vollzogen werden. Und auch wenn dieses Gesetz nicht der ganz große Wurf sein wird, den die Rentenpolitik benötigt, so geht es mit kleinen Schritten in die richtige Richtung: den Verbreitungsgrad der bAV zu steigern. So soll es Unternehmen künftig möglich sein, an bestehende Sozialpartnermodelle „anzudocken“. Das zeigt, dass nicht nur wir an das Sozialpartnermodell glauben, sondern auch die Politik. Insofern wäre die geplante Fortentwicklung des Modells ein weiterer Meilenstein in der Zukunft der bAV.