Cum-ex

Hanno Berger schweigt vor Gericht

Sein Versprechen, sich der Justiz zu stellen, hält der Steueranwalt Hanno Berger nicht. Erst setzte er sich in die Schweiz ab, kämpfte erbittert gegen die Auslieferung, nun schweigt er vor Gericht.

Hanno Berger schweigt vor Gericht

Reuters/lee Bonn/Frankfurt

Auch nach seiner Auslieferung aus der Schweiz sieht der Steueranwalt und frühere Finanzbeamte Hanno Berger offenbar keinen Grund, sich an der juristischen Aufarbeitung des Cum-ex-Komplexes zu beteiligen. Seit Montag muss sich der als Schlüsselfigur der strafbaren Geschäfte zulasten der Steuerkasse geltende Jurist vor dem Landgericht Bonn verantworten. Die Staatsanwaltschaft Köln wirft ihm schwere Steuerhinterziehung in drei Fällen vor, die einen Steuerschaden von insgesamt gut 278 Mill. Euro verursachten (Az. 62 KLs 2/20). Doch der Angeklagte schweigt – auf Anraten seiner Verteidiger.

Berger wurde, aus der Untersuchungshaft kommend, in Handschellen in den Gerichtssaal geführt und nach seinen Personalien befragt. Anschließend verlas die Staatsanwaltschaft die Anklage. Nach Rücksprache mit seinen Pflichtverteidigern, Carsten Rubarth und Martin Kretschmer, will sich Berger offenbar nicht zu den Vorwürfen äußern. In die Beweisaufnahme gegen den prominenten Angeklagten will die Kammer in dem bereits vor einem Jahr begonnen Strafprozess am Donnerstag einsteigen.

Berger hatte sich 2012 in die Schweiz abgesetzt, während im Zuge der Fahrt aufnehmenden Cum-ex-Ermittlungen die Geschäftsräume seiner Kanzlei durchsucht wurden. Dort lebte er lange Zeit unbehelligt von der Justiz . Als im vergangenen Frühjahr am Landgericht Wiesbaden das Verfahren gegen ihn und weitere Angeklagte eröffnet wurde, rechneten viele Beobachter bis zuletzt damit, dass Berger doch noch auftauchen würde. Schließlich hatte er die Cum-ex-Geschäfte stets als Ausnutzen einer Gesetzeslücke bezeichnet und über sein Umfeld die Erwartung schüren lassen, dass der Bundesfinanzhof (BFH) die Transaktionen irgendwie doch noch legitimieren würde. Tatsächlich stellte das oberste Finanzgericht in einem lange erwarteten Urteil Mitte März jedoch fest, dass es Cum-ex-Geschäfte auch steuerrechtlich für unzulässig hält (BZ vom 15. März.).

Zwei parallele Verfahren

Auf Ersuchen der hessischen und nordrhein-westfälischen Justiz wurde Berger schließlich in der Schweiz festgenommen. Nachdem er sich erfolglos mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln erst gegen die Auslieferungshaft und dann gegen die Auslieferung gewehrt hatte, wurde er schließlich Ende Februar der deutschen Justiz übergeben. Nun muss er sich parallel vor der 12. großen Strafkammer des Landgerichts Bonn und von der kommenden Woche an auch vor der 6. Strafkammer der Landgerichts Wiesbaden verantworten (Az. 6 KLs – 1111 Js 18753/21).

Die in dem Verfahren in Bonn anklageführende Staatsanwaltschaft Köln wirft Berger gemeinschaftliche Steuerhinterziehung in mehren Fällen vor. Dabei soll er auch mit Bankern der Hamburger Privatbank M.M. Warburg vorgegangen sein. Die Vorwürfe betreffen Fälle im Zeitraum von 2007 bis 2013. Berger soll dabei selbst einen Profit von 27,3 Mill. Euro eingefahren haben. Dem Gericht zufolge droht Berger eine Haftstrafe von 15 Jahren. Im Cum-ex-Komplex hat das Landgericht Bonn bereits zwei langjährige Haftstrafen gegen frühere Warburg-Manager verhängt. Der Steueranwalt gilt als Miterfinder des Betrugssystems, mit dem sich Investoren eine einmal gezahlte Kapitalertragsteuer vom Finanzamt doppelt erstatten ließen, indem sie um den Dividendenstichtag herum Aktienkreisgeschäfte mit („cum“) und ohne („ex“) Dividendenanspruch orchestrierten.

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