Hannover Rück holt neuen Chef von Swiss Re
Von Antje Kullrich, DüsseldorfDer Chefwechsel bei der Hannover Rück hat es in sich. Wenig überraschend ist zwar, dass Ulrich Wallin im kommenden Jahr das Feld räumt – er hat dann die satzungsgemäße Altersgrenze von 65 erreicht – , doch den Namen seines Nachfolgers hatten wohl nicht viele auf der Liste. Dabei ist Jean-Jacques Henchoz (53) in der Branche alles andere als ein Unbekannter. Doch die Hannover Rück hat bei der Konkurrenz gewildert und der Swiss Re einen ihrer Topmanager abgeworben. Jean-Jacques Henchoz (53) wird von Mai kommenden Jahres an den viertgrößten Rückversicherer der Welt führen. Seit sieben Jahren gehört der Schweizer dem Group Executive Committee der Swiss Re an. Die Hannover Rück holt sich damit einen sehr erfahrenen Manager. Ungewöhnlich ist jedoch der fehlende Stallgeruch. In der konservativen, traditionsbehafteten Branche der Rückversicherer ist die Berufung von Eigengewächsen an die Spitze viel häufiger zu finden als die externe Suche nach einem neuen Lenker.Jean-Jacques Henchoz hat fast sein gesamtes Berufsleben bei der Swiss Re verbracht. Er fing nach Politikstudium und MBA in Lausanne im Mai 1998 als einfacher Underwriter an und legte dann eine klassische Konzernkarriere hin, schnupperte in verschiedenen Sparten in der Schaden- und Lebenrückversicherung und fügte auch eine Auslandsstation zum Lebenslauf hinzu. Fünf Jahre verbrachte Henchoz als CEO der dortigen Tochter in Kanada. 2011 wurde der Schweizer, der Deutsch, Englisch und Französisch spricht, in das Group Executive Committee berufen. Seitdem leitet er die Rückversicherungsaktivitäten in Europa, dem Nahen Osten und Afrika. In dieser Funktion muss er sich tagesaktuell mit einem sehr prominenten Fall beschäftigen: Die Swiss Re ist einer der Hauptversicherer des italienischen Mautautobahnbetreibers Autostrade per l’Italia, der die in Genua eingestürzte Brücke betrieb.Was Henchoz an die niedersächsische Leine zieht? Das Wetter und die Vergütung werden es nicht gewesen sein. Bei der Swiss Re verdiente das durchschnittliche Vorstandsmitglied im vergangenen Jahr gut 3 Mill. sfr. Hannover-Rück-Lenker Ulrich Wallin kam als Chef eines MDax-Unternehmens nur auf knapp 1,8 Mill. Euro. Und mit 1 828 Sonnenstunden im vergangenen Jahr brachte es Zürich auf gut ein Viertel mehr als die norddeutsche Großstadt. WechseljahreVon Wallin übernimmt Henchoz ein weitgehend bestelltes Haus, wie auch Analysten am Mittwoch lobten. Der Aktienkurs hat sich unter seiner Ägide mehr als vervierfacht und damit mit dem MDax Schritt gehalten, was für einen Assekuranzwert nicht unbedingt selbstverständlich ist. 14 Mrd. Euro Marktwert bringt die Hannover Rück mittlerweile auf die Waage. Die Ankündigung des Chefwechsels ließ die Investoren am Mittwoch weitgehend kalt, der Kurs bewegte sich leicht im Plus.Der Generationswechsel bei den weltgrößten Rückversicherern ist indes in vollem Gange. Den Anfang machte vor zwei Jahren die Swiss Re, die mit dem damals 47-jährigen Christian Mumenthaler einen für die Branche regelrechten Jungspund an ihre Spitze berief. Im vergangenen Jahr löste Joachim Wenning (53) bei der Munich Re den langjährigen Konzernchef Nikolaus von Bomhard ab. Die beiden Branchenführer haben sich für Manager aus dem eigenen Haus entschieden, die den Konzern aus dem Effeff kennen.Die Hannover Rück jedoch hat sich offenbar an gute Erfahrungen mit einem externen Lenker erinnert. Zwar ist auch Wallin, der seit 35 Jahren im Konzern arbeitet, ein Eigengewächs. Doch seinen Vorgänger hatte der Aufsichtsrat 1996 auch von einem Wettbewerber geholt. Wilhelm Zeller kam damals von der zum US-Konzern Gen Re gehörenden Kölnischen Rück. Der nächste Chefwechsel in der Rückversicherungsbranche ist aus Altersgründen wohl schon absehbar. Auch Scor-CEO Denis Kessler dürfte demnächst abtreten. Der dienstälteste Konzernchef der Branche amtiert schon seit 2002 und feierte im März seinen 66. Geburtstag.