Harte Landung für Number26
Von Björn Godenrath, FrankfurtDass Banken Kundenkonten für die weitere Nutzung sperren, ist nicht ungewöhnlich. Dass sie es aber gleich massenweise zu einem Stichtag und ohne Angaben von Gründen tun, ist dann doch eher ungewöhnlich. So geschehen war es dieser Tage aber bei der Smartphone-Bank mit dem kostenlosen Girokonto, Number26. Und da sich das Fintech nicht schnell weiter erklären wollte, wurde es von seinen Nutzern sowie der Presse in den sozialen Medien in die Mangel genommen.Eine Lektion, die sich dem ersten Eindruck zufolge als lehrreich erwiesen hat. Denn inzwischen gibt sich das mit dem Slogan “Join the revolution and change banking with us” werbende Unternehmen geläutert und hat dargelegt, was es mit den Kontenkündigungen auf sich hat. Dabei gehe es insbesondere um “sehr ungewöhnliches Nutzerverhalten”, das sich deutlich vom Durchschnitt abhebe, teilte das in Berlin ansässige Unternehmen am Sonntag mit. Aussortiert wurden Kunden, “die ihr Number26-Konto außer für sehr häufige Bargeldabhebungen” nur wenig verwendet hätten, heißt es erklärend.Rund 500 Konten sollen betroffen sein, die über Monate 15 bis 30 Abhebungen pro Monat tätigten. Das geht ins Geld für das Unternehmen, fallen pro Abhebung doch 1,50 bis 2 Euro an Kosten an – und Number26-Kunden dürfen sich an jedem Mastercard-fähigen Automaten bedienen. Und wer über das bis dahin nicht definierte “gewöhnliche Maß” hinausging, kriegte die zunächst als “unwiderruflich” deklarierte Kündigung zugestellt.Angesichts der heftigen Reaktionen bietet Number26 den betroffenen Kunden nun doch eine Einzelfallprüfung an und will gemeinsam eine “Fair Use Policy” einführen – wäre das wirklich eine Herzensangelegenheit gewesen, wäre man besser schon vor dem “Shitstorm” tätig geworden. So wirkt es, als würde das Büßergewand allein als PR-Schachzug übergezogen.Beschwerden über mangelhaftes Kundenmanagement waren schon vorher ruchbar geworden. Achillesferse sei der Kundenservice, urteilte das für seine Fachkenntnis bekannte Online-Magazin “t3n”, nachdem es mit der telefonischen Warteschleife Bekanntschaft gemacht hatte und über eine Woche keine Lösung des Problems erfolgte.Number26-Gründer Valentin Stalf sicherte einen Ausbau des Supports zu – so behäbig wie das Unternehmen auf den Widerspruch zu den Kontenkündigungen reagierte, steht zu befürchten, dass neben einer gewissen Portion an Überheblichkeit auch eine gewisse Überforderung angesichts des rasanten Wachstums besteht. Mehr als 160 000 Kunden nutzen das Angebot, das in seiner Basis kostenlos ist.Und genau da liegt die Krux: Number26 muss so langsam Einnahmen generieren und kann nicht alles verschenken. Das Geschäftsmodell, als Drehkreuz für weitere Finanzdienstleistungen zu fungieren und dafür Provisionen zu kassieren, verlangt schon nach sehr großen Skaleneffekten. Und dass nun publik geworden ist, dass kostenlos mit Einschränkungen verbunden ist, dürfte angesichts des Reputationsschadens die Kundenakquise erschweren. Number26 erlebt gerade die harte Fintech-Landung in der Bankenrealität.