VERSICHERER

Hausgemachte Intransparenz

Jetzt sind sie da, die ersten individuellen Solvenzberichte der deutschen Versicherer. Vor allem die Bedeckungsquoten der vom Zinstief gebeutelten Lebensversicherer sorgten für Spannung. Wer am Montag versuchte, sich einen Überblick zu verschaffen,...

Hausgemachte Intransparenz

Jetzt sind sie da, die ersten individuellen Solvenzberichte der deutschen Versicherer. Vor allem die Bedeckungsquoten der vom Zinstief gebeutelten Lebensversicherer sorgten für Spannung. Wer am Montag versuchte, sich einen Überblick zu verschaffen, hatte es schwer. Nur wenige Unternehmen machten sich die Mühe, ihre Quoten vollständig – also mit und ohne Übergangsmaßnahmen und Puffer – übersichtlich aufzuführen. Viele Versicherer haben ihre Berichte mit den komplizierten Tabellen der BaFin einfach ins Netz gekippt und bemühten sich noch nicht einmal in der Zusammenfassung am Anfang um eine verständliche Darstellung. Der Unwillen über den Zwang, einen tiefen Einblick in den Zustand der einzelnen Anbieter zu gewähren, schlägt einem förmlich entgegen.Klar, die Quoten lassen sich aus den Datenblättern mühselig errechnen, doch Transparenz sieht anders aus. Die Branche tut sich mit diesem Verhalten keinen Gefallen. Wer im Vorfeld lang und breit über die mangelnde Vergleichbarkeit der Quoten und die Komplexität der Thematik schimpft, aber gleichzeitig nichts tut, um Vergleichbarkeit zu erleichtern bzw. das Ganze sinnvoll zu erklären, darf sich hinterher nicht beschweren. Denn auch wenn die Quoten von Quartal zu Quartal stark schwanken können und von dem einen mehr, von dem anderen weniger konservativ gerechnet wurden, sagen die Daten natürlich einiges über die finanzielle Kraft der Unternehmen aus.Starke Anbieter wie R+V Leben oder die Allianz haben es sich denn auch nicht nehmen lassen, proaktiv auf ihre Zahlen hinzuweisen. Das ist ihr gutes Recht. Ein Anbieter, der ohne die Übergangsmaßnahmen heute eine Solvenzquote von weit unter 100 aufweist, muss sich indes schon fragen lassen, wie er sich in den kommenden Jahren das nötige Eigenmittel-Polster beschaffen will – und das nicht nur von der Aufsicht.Es besteht eine gute Chance, dass die erzwungene Offenlegung den Strukturwandel bei den Lebensversicherern beschleunigt. Der Druck zu handeln und innovativ zu sein, wird bei den schwächer ausgestatteten Unternehmen noch stärker. Erstmals steht eine valide Datenbasis zur Verfügung, mit der nicht nur die Aufsicht, sondern auch Kunden, Analysten und sonstige Stakeholder gezielt Fragen stellen können. Die Unternehmen sollten sich daher nicht schmollend in ihr Schneckenhaus zurückziehen, sondern ihre strategischen Überlegungen für die kommenden Jahre nach außen transportieren. Sonst ist das Vertrauen bald weg.