Hedgefonds-Debakel lässt Bankwerte abstürzen
lee/dz Frankfurt/Zürich
– Die Schieflage des US-Hedgefonds Archegos Capital erschüttert den Bankensektor. Nachdem die Großbanken Credit Suisse und Nomura mit Gewinnwarnungen in die Woche starteten, die sie mit Verlusten aus Kundenbeziehungen in den USA begründeten, gerieten am Montag weitere Bankaktien an der Börse unter Druck, darunter auch Deutsche Bank und Commerzbank.
Wie aus der kurzen Mitteilung von Credit Suisse hervorgeht, war ein namentlich nicht genannter, aber als bedeutend bezeichneter US-Hedgefonds in der vergangenen Woche den mit der Schweizer Großbank und anderen Kreditinstituten vereinbarten Margenforderungen nicht nachgekommen. Die Institute hätten daraufhin begonnen, die betreffenden Positionen aufzulösen. Zwar sei es zu früh, um die daraus resultierenden Verluste zu quantifizieren, doch es zeichne sich eine signifikante Belastung des Ergebnisses im ersten Quartal ab. Übereinstimmenden Medienberichten zufolge stellt sich die Schweizer Großbank auf eine Belastung von mindestens 1 Mrd. Dollar ein. Die japanische Investmentbank Nomura befürchtet laut Mitteilung einen Verlust von 2 Mrd. Dollar. Auch wenn beide Institute sich über den Namen des Geschäftspartners ausschweigen, wurde schnell der Name Archegos Capital herumgereicht, ein wie ein Hedgefonds agierendes Family Office.
Großer Hebel
Archegos soll mit großem Hebel unter anderem auf die Medien- und Internettitel ViacomCBS, GSX Techedu, Farfetch und Discovery gesetzt haben. Da deren Aktienkurse in den vergangenen Wochen nicht wie erhofft zulegten, habe der Fonds die Margenvereinbarungen nicht einhalten können. Weil es Fondsmanager Bill Whang offenbar an den erforderlichen Mitteln fehlte, um nachzuschießen, begannen die beteiligten Prime Broker frühzeitig mit Notverkäufen der bei ihnen als Sicherheit hinterlegten Aktien.
Wie so häufig in solchen Fällen waren manche Banken dabei schneller als andere. So sollen sich die US-Banken Goldman Sachs und Morgan Stanley per Blocktrade im Volumen von 20 Mrd. Dollar von den Aktientiteln getrennt haben, was hohe Kursverluste auslöste. Auch der Deutschen Bank, die sich am Montag nach dem Handelsbeginn in den USA dazu bekannte, als Prime Broker von Archegos agiert zu haben, gelang es offenbar, ihr Engagement erheblich zu reduzieren, ohne Verluste zu erleiden. „Die verbleibenden, nicht-wesentlichen Kundenpositionen werden wir weiter abbauen. Auch dabei erwarten wir keinen Verlust“, teilte die Bank in einer schriftlichen Stellungnahme mit.
Am Markt war zuvor kolportiert worden, dass das Exposure der Deutschen Bank ohnehin nur bei einem Bruchteil der Summe gelegen habe, die Nomura und Credit Suisse zu Gewinnwarnungen zwangen. Im Zuge des Konzernumbaus hat das Institut den entsprechenden Geschäftsbereich an die BNP Paribas verkauft. Der Eigentümerwechsel soll zum Jahresende vollzogen werden, die dort tätigen Beschäftigten arbeiten künftig für den neuen Eigentümer. Die Commerzbank und weitere Großbanken wie DZBank und LBBW wollten die Frage nach einer Geschäftsbeziehung mit Archegos mit Blick auf die Wahrung der Vertraulichkeit von Kundenbeziehungen am Montag nicht beantworten. Wie am Markt zu erfahren war, rechnen sie in diesem Zusammenhang jedoch nicht mit Verlusten.
Kurs tief im Minus
Während Deutsche Bank und Commerzbank die anfänglichen Kursverluste im Handelsverlauf begrenzen konnten, schlossen die Aktien von Credit Suisse mit 10,75 sfr tief im Minus. Die Hiobsbotschaft aus den USA belastete die durch die Verstrickung in den Greensill-Skandal ohnehin schwer belasteten Aktien zusätzlich. Seit Jahresbeginn haben die Papiere gegen den Markttrend beinahe 6 % eingebüßt.