Heftiger Krach im Schweizer Bankenmilieu
Von Daniel Zulauf, Zürich Iqbal Khan, der frühere Credit-Suisse-Manager und neue Hoffnungsträger der UBS, fühlt sich von seiner ehemaligen Arbeitgeberin offenbar bedroht. Vergangene Woche hat der 43-Jährige bei der Zürcher Oberstaatsanwaltschaft gegen mehrere Personen Strafanzeige wegen Nötigung und Drohung eingereicht. Die Justizbehörde bestätigte eine entsprechende Information des Zürcher Nachrichtenportals “Insideparadeplatz”. Bei den angezeigten Personen handelt es sich offenbar um private Detektive, die Khan und dessen Ehefrau auf einer privaten Autofahrt in die Zürcher Innenstadt nachgestellt haben. Als der 43-Jährige den Wagen stoppte, um seine Verfolger zur Rede zu stellen, soll es zu einem Handgemenge gekommen sein. Die Verfolger hätten versucht, Khan das Handy zu entreißen, nachdem dieser deren Autonummer fotografiert habe. Als Passanten auf den Streit aufmerksam geworden seien, hätten die Verfolger die Flucht ergriffen. Von der Polizei gestelltWeit kamen sie nicht. Sie wurden alsbald von der Polizei gestellt und sehen sich jetzt mit einem Strafverfahren konfrontiert. Wer die offensichtlich ziemlich amateurhaft agierenden Detektive mit der Beschattung beauftragt hatte, ist nicht geklärt. Gemäß Darstellung verschiedener Medienberichte steht die Credit Suisse dahinter. Die Schweizer “SonntagsZeitung” berichtete, diese habe gegenüber der Polizei zugegeben, den Auftrag an die Detektive erteilt zu haben.In Anbetracht der schwerwiegenden Vorwürfe und des großen Medienrummels dauerte es erstaunlich lange, bis die Großbank am Montagnachmittag Stellung bezog. Zunächst informierten CEO Tidjane Thiam und Verwaltungsratspräsident Urs Rohner via Intranet die Mitarbeiter: “Am Wochenende wurde Credit Suisse verschiedentlich in Medienberichten genannt, wobei in einer sensationsgetriebenen Darstellung die Fakten und Vorgänge nicht akkurat beschrieben wurden. Der Verwaltungsrat wird detaillierte Abklärungen treffen, um den Vorgängen auf den Grund zu gehen und die genauen Fakten ans Licht zu bringen.” Kurz darauf erging dann auch eine offizielle Mitteilung an die Presse: “Der Verwaltungsrat hat sich entschieden, eine Untersuchung der Vorfälle einzuleiten. Die mit dieser Untersuchung betrauten Personen werden direkt an den Verwaltungsratspräsidenten berichten. Sobald die Untersuchung abgeschlossen ist, wird der Verwaltungsrat über deren Ergebnisse informieren. Bis dahin können keine weiteren Angaben gemacht werden.”Bis Anfang Juli war Khan als Leiter des Internationalen Vermögensverwaltungsgeschäfts Mitglied der Konzernleitung. Nach seiner überraschenden Kündigung wurde in den Medien heftig über seine berufliche Zukunft spekuliert. Zunächst wurde Khan gerüchteweise als neuer CEO der Bank Julius Bär gehandelt. An diesen Spekulationen war Khan selber nicht unbeteiligt. Über einen PR-Berater unterhielt er privilegierte Kontakte zu einzelnen Journalisten. Statt stillzuhalten, wie dies bei Wechseln in der obersten Chefetage üblich ist, sprach Khan von verschiedenen Karriereoptionen, unter denen er demnächst auswählen werde. Am 29. August war es soweit. Khan wurde als neuer Co-Chef der globalen Vermögensverwaltungsdivision von UBS angekündigt. In dieser Rolle gilt er auch als möglicher Nachfolger von CEO Sergio Ermotti.In Bankenkreisen wird nun vermutet, dass Khan noch vor seinem Stellenantritt Anstrengungen unternommen haben könnte, vormalige Mitstreiter bei der Credit Suisse zu einem Wechsel zu der großen Rivalin zu bewegen. Es wird spekuliert, die Credit Suisse habe die Schnüffel-Aktionen gestartet, um Khan beim Treffen mit Credit-Suisse-Kundenberatern zu ertappen. Ungewöhnlich ist indessen, dass Khan nach nur drei Monaten bereits zum Erzrivalen wechseln darf. Üblicherweise gibt es bei Wechseln auf diesen Hierarchiestufen Konkurrenzverbote von bis zu einem Jahr und länger.Warum die Credit Suisse ihrem vormaligen Spitzenmanager so schnell freies Geleit gewährte, weckt Verdächtigungen, dass dieser seine Freiheit mit einem Druckmittel erzwingen konnte. Deshalb müsste die Angelegenheit auch ein Fall für die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) sein. Diese hält sich aber bedeckt. “Die Finma äußert sich nicht zu (möglichen) Einzelheiten ihrer Aufsichtstätigkeit”, erklärte ein Sprecher auf Anfrage. Die UBS hat sich bislang offiziell nicht geäußert, was darauf schließen lässt, dass man dort nach wie vor mit Khans Arbeitsbeginn am 1. Oktober rechnet.——Iqbal Khan fühlt sich offenbar bedroht von seiner ehemaligen Arbeitgeberin Credit Suisse.——