Heidrick relativiert Personalabbau

Headhunter registriert durch Automatisierung "noch keine drastische Schrumpfung des Headcount"

Heidrick relativiert Personalabbau

Noch macht Heidrick & Struggles keine gravierenden Folgen der Automatisierung für den Arbeitsmarkt im Finanzsektor aus. In anderen Branchen sind Banker dabei derzeit zumindest auf Führungsebene gefragt, wie der Headhunter beobachtet hat.Von Bernd Neubacher, FrankfurtDer Headhunter Heidrick & Struggles relativiert zumindest fürs Erste Prognosen eines drastischen Abbaus von Arbeitsplätzen im Finanzsektor infolge von Automatisierung. “Wir sehen noch keine drastische Schrumpfung des Headcount”, sagt David Boehmer, Global Managing Partner der Financial Services Practice bei Heidrick, der Börsen-Zeitung. Bislang geht die Einsparung von Arbeitsplätzen in Banken durch Automatisierung mit einem Aufbau von Personal wegen regulatorischer Vorschriften einher, wie er erklärt.Wann diese Entwicklung auslaufe, lasse sich nicht prognostizieren, da dies auch von den Vorgaben der Politik abhänge. Es bestehe aber kein Zweifel daran, dass die Automatisierung voranschreiten werde, erklärt Boehmer. Ein dominierender Trend sei dabei Predictive Analytics, die Vorhersage künftigen Verhaltens. IT-Leute erhalten mehr Banker sind gefragtUnterdessen sind zumindest Führungskräfte, die aus dem Finanzsektor kommen, Boehmer zufolge in anderen Branchen recht gefragt, zum Beispiel in der Fertigungswirtschaft oder im Energiesektor, aber auch bei Produzenten von Konsumgütern. Im Falle der 500 weltweit umsatzstärksten Unternehmen seien etwa auf Board-Ebene in den vergangenen Jahren die meisten Neubesetzungen auf Leute aus dem Finanzdienstleistungssektor entfallen, rechnet er vor. Diese würden geschätzt, da sie sich auf Größe und Komplexität verstünden. Zuletzt hätten Unternehmen auch den Posten des Finanzvorstands des Öfteren mit einem Investmentbanker besetzt.Einen mindestens ebenso großen Bedarf macht Boehmer in umgekehrter Richtung aus: bei Finanzdienstleistern, die außerhalb ihrer Branche Führungskräfte suchen. Dabei bedienen sich die Banken vor allem im Einzelhandel und im Telekomsektor. Hierzulande hat etwa die Commerzbank Ulrich Coenen, dem ehemaligen Chief Innovation Officer der E-Plus-Gruppe, die strategisch wichtige Betreuung kleinerer Firmenkunden übertragen.Vor wenigen Monaten berief sie zudem den Chief Marketing and Analytics Officer des US-Einzelhändlers Sears, Kerem Tomak, an die Spitze ihres neuen Konzernbereichs “Big Data & Advanced Analytics”. Die Deutsche Bank wiederum hat den Posten des Digitalchefs ihrer Transaktionsbank mit Thomas Nielsen besetzt, der von der britischen Einzelhandelskette Tesco kommt, wo er sich um das digitale Marketing gekümmert hat. Gemischte Resultate”Wir vermitteln der Finanzbranche derzeit einige Leute aus anderen Bereichen”, sagt Boehmer. Dabei sinke der Telekomsektor bereits in der Gunst der Banken. Lange Zeit sei diese Branche wegen ihrer Gemeinsamkeiten mit dem Finanzsektor sehr beliebt gewesen. Beide Bereiche seien hoch reguliert, bedienten verschiedene Kanäle und seien im Business-to-Consumer-Geschäft tätig. Inzwischen aber seien Telekommunikationsdienste zum Rohstoff geworden. Nun stehe dafür etwa das Gastgewerbe höher im Kurs.Auf Vorstandsebene hört das Bäumchen-wechsel-dich-Spiel in die Finanzbranche freilich auf, da den Einzelhandels- und Telekom-Managern das aufsichtsrechtliche Plazet fehlt. Um sich dennoch die Expertise dieser Leute zu sichern, gründet manche Bank deshalb ein Technologie-Beratungsgremium, wie Boehmer sagt.Mit der Akquise von Leuten aus dem Silicon Valley hat der Headhunter dabei generell gemischte Resultate erzielt. Sie kämen nicht immer gut zurecht in Banken, in denen es immer noch eher um Größe gehe als darum, ein Geschäft aufzubauen, sagt er. Umgewöhnung fällt schwerBanker wiederum, die zu Fintechs wechselten, stellten dagegen oft fest, dass die Veränderung weitaus größer sei als erwartet. Schließlich gelte es, sich an ein deutlich kleineres Unternehmen mit entsprechend schmaleren Ressourcen zu gewöhnen. Einigen Kandidaten gebe dies enormen Auftrieb. Auch sie aber müssten vor einem Wechsel ehrlich zu sich selbst sein, was diese Veränderung mit sich bringe: Am neuen Arbeitsplatz sei oft nicht nur viel Geduld gefordert. Auch was Boni und die Arbeitsplatzsicherheit angehe, müssten die Banker sich umstellen. Und die Arbeitsintensität sei vielfach höher als erwartet.