Heikler Akt
Die deutsche Finanzaufsicht muss sich ihrer Position schon sehr sicher sein: Sie legt Kreditinstituten nahe, im Falle von uralten Sparverträgen auf ihre Kunden zuzugehen, um sich auf Zinsänderungsklauseln zu einigen. Der Bundesgerichtshof hatte bereits vor vielen Jahren erklärt, dass die Zinsen in einem Vertrag sich auf einen Referenzzinssatz beziehen müssen und die Klausel keine willkürliche Festsetzung zulassen darf. Etliche Sparkassen aber, um deren Prämiensparverträge sich der Streit vor allem dreht, ziehen es vor, die Zinsen zwar an einen Referenzsatz zu koppeln, doch sie führen die Altverträge fort und binden die Kunden nicht noch einmal ein. Verbraucherschützer laufen Sturm. Auch die BaFin hat sich nun festgelegt.Es ist in der Tat denkbar, dass die Sparkassen ihre Position früher oder später aufgeben müssen: Sie verwenden “absolute” und nicht “relative” Zinsklauseln, vollziehen Änderungen im Referenzzinssatz also Prozentpunkt für Prozentpunkt nach und nicht bloß zu einem gewissen Anteil. Ebendiese Praxis hat der Bundesgerichtshof in einem ähnlichen Fall verworfen. Die Verbraucherzentralen beziehen dieses Prinzip auch auf Prämiensparverträge, von “Unrechtsgewinnen” ist bereits die Rede. Der Sparkassenverband DSGV will derweil eine erneute Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs abwarten. Die BaFin positioniert sich speziell zu dieser Rechtsfrage zwar nicht offiziell. Aber wenn sie Kunden ermuntert, auf die Geldhäuser zuzugehen, um über Zinsklauseln zu sprechen – falls nötig, mit rechtlichem Beistand oder einer Verbraucherzentrale -, geht sie offenbar davon aus, dass Kunden etwas vorenthalten wird. Sie bezieht also Position, ohne Position zu beziehen. Ein heikler Akt.Aus Sicht der Sparer geht es zuweilen um viel Geld: Sparkassen haben ihren Kunden vor einigen Jahren im großen Stil gekündigt, weil die Prämiensparpläne für ein Kreditinstitut im heutigen Niedrigzinsumfeld eine Belastung sind. Dafür hat übrigens auch der Bundesgerichtshof unter bestimmten Voraussetzungen den Weg geebnet. Die Kündigungswelle setzt wiederum Verjährungsfristen in Gang, so dass Verbraucherschützer aus nachvollziehbaren Gründen den Kunden nahelegen, sich einer Musterfeststellungsklage anzuschließen, um einer etwaigen unzulässigen Zinsregel noch wirksam zu begegnen.Die BaFin läuft nun Gefahr, sich in einer zivilrechtlichen Frage festlegen zu müssen. Wenn sie gegen einzelne Institute vorgeht oder eine Allgemeinverfügung verfasst, wird sie ihre Worte genau prüfen müssen.