LEITARTIKEL

Heilere Welt bei China-Banken

Bei der oft ventilierten Prophezeiung, dass Chinas staatliche Großbanken angesichts ausufernder Kreditrisiken auf eine große Krise zuschlittern, die die Mutter alle Banken-Bail-outs erfordert, ist es wie mit einem Terminkontrakt, der zu Stichtagen...

Heilere Welt bei China-Banken

Bei der oft ventilierten Prophezeiung, dass Chinas staatliche Großbanken angesichts ausufernder Kreditrisiken auf eine große Krise zuschlittern, die die Mutter alle Banken-Bail-outs erfordert, ist es wie mit einem Terminkontrakt, der zu Stichtagen periodisch wieder erneuert werden muss. Für die Untergangsthese in Sachen China-Banken steht ein neuer “Roll-over” an. Mit den jüngsten Ergebnissen zum Juniultimo bei den chinesischen Großbanken kann man zumindest erkennen, dass die staatlichen Kreditriesen aus einem Zyklus herausfinden, der ihnen immer größere Anstrengungen bei der Bewältigung von Kreditausfallrisiken abgenötigt hat.Die vor drei Jahren ins Rollen gekommene Lawine hat an Kraft verloren und droht nicht mehr die Ergebnisse der nach Bilanzsumme weltgrößten Kreditinstitute zu verschütten. Gegenwärtig zeigen die Kreditausfallquoten wieder nach unten, während sich gleichzeitig die Abdeckungsquoten für ausfallgefährdete Aktiva mit entsprechenden Risikovorsorgeposten wieder erhöhen. Die chinesischen Banken können damit die Risikopuffer wieder ausdehnen, ohne die “Schmach” rückläufiger Gewinne zu erleiden.Schreckensszenarien zur Tragfähigkeit des chinesischen Banksystems fußen auf einem Niedergang der heimischen Konjunkturkräfte und/oder einem Crash am Immobilienmarkt als einer potenziellen systemischen Risikoquelle. Entgegen den noch zu Jahresbeginn im internationalen Rund umgehenden Befürchtungen zu einem scharfen Wachstumseinbruch im Reich der Mitte, einem möglichen Handelskrieg mit den USA und einem von einer Abwertung des chinesischen Yuan beflügelten Kapitalexodus hat sich ein ausgesprochen mildes Szenario eingestellt. Chinas Industriesektor hat auf der Basis von anziehenden Erzeugerpreisen mächtigen Rückenwind bekommen, der Außenhandel zeigt sich gekräftigt, der Yuan hat wieder eine stabile Basis gefunden und die Immobilienpreisblase in den Großmetropolen beginnt zu erschlaffen.Durchweg zweistellige Zuwächse bei den Industriegewinnen, die vor allem großen Schwerindustrieunternehmen als wichtigster Kreditklientel der Großbanken zugute kommen, tragen in Verbindung mit den laufenden Programmen zum Abbau von Überkapazitäten zu einer Entschärfung der Kreditrisikoproblematik bei. Hinzu kommt die Umpolung von Krediten der chinesischen Lokalregierungen auf Kommunalanleihen, die für transparentere Verhältnisse sorgt und einen unheilvollen Kreislauf unterbricht, bei dem die Gebietskörperschaften ihren Schuldendienst mit immer neuen Bankkrediten bewältigt haben.Zwar hat die von der Regierung ausgerufene Finanzstabilitätskampagne mit einem forcierten Einwirken auf Schattenbankwesen und verschärfter Finanzregulierung zunächst für mächtig Unruhe im Sektor gesorgt. Mittlerweile aber haben auch die Anleger verstanden, dass diese Maßnahmen sich letztlich positiv auf das Kreditgewerbe auswirken, und favorisieren wieder Bankenaktien. Dabei entwickeln vor allem größere Bankenwerte wieder Zugkraft an der Börse.Der von der Zentralbank eingeleitete Zinsauftrieb am kurzen Ende zeitigt bei den Großbanken positive Effekte, weil sie als Mittelanbieter am Interbankenmarkt auftreten. Die seit 2014 unter Druck stehenden Zinsmargen weiten sich nun wieder aus. Kehrseite der Medaille ist freilich, dass es die kleineren Banken im Reich der Mitte schwerer haben, sich mit Kundeneinlagen zu refinanzieren, und beim Rückgriff auf Wholesale Funding am Interbankenmarkt unter dem gegenwärtigen Zinsgefüge eher leiden. Sie legen im Gegensatz zu den Großbanken nun ein schwächeres Gewinnwachstum an den Tag.Chinas Finanzsystem ist damit noch lange nicht aus dem Schneider. Es gibt beredte Anzeichen dafür, dass unter den Hunderten von kleineren regionalen Kreditinstituten jede Menge schwarze Schafe unterwegs sind, die sich mit kreativer Buchführung dergestalt behelfen, dass sie stark ausfallgefährdete Kredite über Schattenbankkanäle verpacken und als Forderungen aus Investmenttiteln auszeichnen. Für Chinas Finanzregulatoren gibt es hier noch einen großen Sumpf nach und nach auszutrocknen. Man darf davon ausgehen, dass hier ein größerer Rekapitalisierungsbedarf und auch Konsolidierungszwang ansteht. Immerhin aber gibt es hier Möglichkeiten, die Probleme auf lokaler Ebene anzugehen, ohne systemische Schockwellen befürchten zu müssen. Die gute Nachricht ist auf jeden Fall, dass in Chinas Bankensystem der Fisch nicht am Kopf zu stinken beginnt.——–Von Norbert HellmannChinas Großbanken finden immer besser aus einem unheilvollen Kreditrisikozyklus heraus. Damit lindern sich drohende Finanzsystemrisiken im Reich der Mitte.——-