LEITARTIKEL

Heiße Zeiten am M&A-Markt

Da fehlt nicht mehr viel. Bereits jetzt haben Unternehmen mit Übernahmen und Fusionen in diesem Jahr ein weltweites M & A-Volumen von 4,57 Bill. Dollar gedreht. Nur noch 40 Mrd. Dollar fehlen, um den Rekord des Jahres 2007 einzustellen. Das dürfte...

Heiße Zeiten am M&A-Markt

Da fehlt nicht mehr viel. Bereits jetzt haben Unternehmen mit Übernahmen und Fusionen in diesem Jahr ein weltweites M & A-Volumen von 4,57 Bill. Dollar gedreht. Nur noch 40 Mrd. Dollar fehlen, um den Rekord des Jahres 2007 einzustellen. Das dürfte bis Jahresende zu schaffen sein, wobei es ja nicht gleich wieder so ein Mega-Deal wie Pfizers Angebot von 160 Mrd. Dollar für Allergan sein muss.Läuft der M & A-Markt heiß? Aus europäischer Sicht kaum, denn die Musik spielt in den USA. Dort jagt eine mehrstellige Milliardentransaktion die andere, so dass dort das Volumen bereits um mehr als 50 % über dem Vorjahr liegt und der 2007er Rekord schon eingestellt ist. Die im Verlauf des Jahres stark gestiegenen Börsenkurse in den USA sind ein wesentlicher Treiber und erlauben es, eigene Aktien als Akquisitionswährung einzusetzen. Mehr als die Hälfte aller globalen Transaktionen, wobei der Löwenanteil auf die USA entfallen dürfte, sind kombinierte Cash-/Aktien-Deals. Trotz des niedrigen Zinsniveaus und liquider Finanzierungsmärkte entfällt auf reine Bar-Übernahmen nur noch ein Drittel des gesamten Volumens. Das hängt auch damit zusammen, dass für Cash-Deals höhere Übernahmeprämien von zuletzt 32 % anfallen. Bei Transaktionen, bei denen das Übernahmeobjekt in Aktien bezahlt wird, ist die Prämie in den vergangenen drei Jahren von 29 % auf nur noch 12 % geschrumpft. Die Aussicht, mit den Aktien an einer boomenden Börse, allen voran in den USA, zu verdienen, wirkt für Aktionäre stärker als Bargeld.Der Zwang zur weiteren Konsolidierung in Branchen, wo es aus kartellrechtlichen Überlegungen nur noch wenige Übernahmeziele gibt, treibt ebenfalls an. Wer nicht zuerst aktiv wird, wird geschluckt oder im globalen Ranking durchgereicht, weil ihm der einzig sinnvolle und mögliche Fusionspartner weggeschnappt wird. Das, kombiniert mit der Zuversicht, dass es mit der Konjunktur läuft, sowie Rückenwind durch robuste Aktienmärkte machen die Unternehmen mutiger. Die Gangart wird rauer. Unerbetene, teils auch unfreundliche Übernahmeversuche sind seit 2014 so oft zu beobachten wie lange nicht mehr. Auf sie entfallen derzeit etwa 15 % des globalen M & A-Volumens, während der Anteil in den Jahren nach der Finanzkrise auf 5 % gesunken war. Doch nicht alle “Hostiles” sind erfolgreich. Immerhin in einem Drittel der Fälle, so die Beobachtung von Investmentbankern, bleibt das anvisierte Unternehmen unabhängig. Vorläufig, muss man hinzufügen, denn es gibt immer öfter “zweite Versuche” als Beginn einer neuen Kampagne.Ein weiterer, wesentlicher Treiber des M & A-Geschehens sind aktivistische Aktionäre, deren Aktionen in den vergangenen Jahren beständig zugenommen haben und in der Hälfte der Fälle erfolgreich waren. Allein in diesem Jahr soll es mehr als 120 Kampagnen gegeben haben, bei denen die Aktivisten sich große Unternehmen mit einer Marktkapitalisierung von inzwischen über 1 Mrd. Dollar vorgeknöpft haben. Die vorangegangenen Erfolge füllen die Kassen der Aktivisten, die sich dadurch immer größere Zielobjekte aussuchen können – ein Trend, der auch im nächsten Jahr zu beobachten sein dürfte und schrittweise auch hierzulande Einzug halten wird.Blickt man auf das Volumen, dann ist die große M & A-Welle in diesem Jahr an Westeuropa und insbesondere Deutschland vorbeigerauscht. Trotz eines Anstiegs um gut 20 % im Vergleich zum Vorjahr liegt das Volumen in Westeuropa noch 50 % unter dem Rekord von 2007. Die Pipeline sei prall gefüllt, hieß es wie üblich seitens der M & A-Berater am Jahresanfang. Doch viele Unternehmen haben im Jahresverlauf ihre Kaufabsichten abgeblasen, allen voran für Ziele in den USA.Mehrere Gründe sind offensichtlich: die beachtliche Abwertung des Euro gegenüber dem Dollar, gepaart mit stark gestiegenen Aktienkursen in den USA und historisch hohen Multiples für die Unternehmensbewertung, die wiederum zusätzlich von extrem ausgereizten Synergieeffekten hochgetrieben wurden. Das Risiko ist zu groß, sich auf eine überteuerte Übernahmeschlacht einzulassen. Erschwerend gerade für deutsche Unternehmen kommt hinzu, dass sie kaum ihre eigenen Aktien als Akquisitionswährung einsetzen können, weil dem hohe verwaltungstechnische Hürden entgegenstehen. Ducken sich die Unternehmen weiterhin unter der großen M & A-Welle durch, um überteuerte Käufe zu vermeiden? Dies ist ratsam angesichts der unnatürlichen Geldpolitik, die die Assetpreise inflationiert. Die Jahre nach 2007 haben gezeigt, wo dies hinführen kann.——–Von Karin BöhmertIm derzeitigen Umfeld ist das Risiko zu groß für Käufer, sich auf eine überteuerte Übernahmeschlacht einzulassen.——-