LEITARTIKEL

Homeoffice not forever

Aufstehen, frühstücken, ein paar Schritte gehen - und schon am Arbeitsplatz Homeoffice. Zwei Stunden Fahrzeit gespart, am Arbeitsplatz kann man ungestört arbeiten. Hin und wieder kommt der Hund rein - also Tür zu. Das Klingeln an der Haustür bleibt,...

Homeoffice not forever

Aufstehen, frühstücken, ein paar Schritte gehen – und schon am Arbeitsplatz Homeoffice. Zwei Stunden Fahrzeit gespart, am Arbeitsplatz kann man ungestört arbeiten. Hin und wieder kommt der Hund rein – also Tür zu. Das Klingeln an der Haustür bleibt, die Paketdienste lassen grüßen und stellen zu Coronazeiten die Pakete auch ohne meine Anwesenheit vor die Tür. Und die Ablenkung am Arbeitsplatz selbst – war da nicht das ein oder andere Buch, das ich noch lesen wollte – es wäre nur ein Handgriff – und der Schreibtisch sieht auch nicht besser aus als im “richtigen” Büro.Ganz so einfach, wie man sich das vorgestellt hat, ist das mit der Arbeit also auch nicht. Dabei sind viel größere Einflussfaktoren noch gar nicht genannt – kleine und größere Kinder, die zu Coronazeiten zu Hause betreut werden müssen, eine kleine Wohnung, in der der Küchentisch zum Arbeitsplatz wird, und nicht zuletzt die technische Ausstattung. Über Stunden am Laptop mit kleinem Bildschirm zu arbeiten, fördert nicht den Spaß an der Arbeit und die Produktivität.Also doch nicht Homeoffice forever? Wohl nicht – eher sometimes. Den Vorteil des relativ ungestörten, konzentrierten Arbeitens in heimischer Umgebung ohne Anfahrtstress gilt es weiter zu nutzen – und die Hälfte der Unternehmen in Deutschland will auch laut einer Umfrage des Ifo-Instituts Homeoffice für ihre Mitarbeiter dauerhaft ausweiten. Allerdings können auch nur etwas mehr als die Hälfte der Beschäftigten hierzulande grundsätzlich von zu Hause arbeiten.Was bedeutet das nun für den unternehmensinternen Arbeitsplatz und die Zukunft der Bürogebäude? Wer es von seiner Arbeit her kann und zu Hause den Platz und die Ausstattung hat, wird zukünftig häufiger das Homeoffice nutzen – einmal, zweimal vielleicht sogar dreimal in der Woche. Sie und er werden aber nach wie vor regelmäßig ins Unternehmen kommen – um Kollegen/Kolleginnen zu treffen, sich auszutauschen und gemeinsam an Projekten zu arbeiten. Denn sich auszutauschen per Telefon, Mail und Webex ist zwar möglich, aber mühsam, langsam, kurz die Kreativität leidet. Von Angesicht zu Angesicht geht es einfach besser. Der Mensch ist eben ein soziales Wesen.Büros müssen vermehrt zu Begegnungsstätten werden. Einzelbüros wird es nicht mehr für jeden geben. Wer ins Unternehmen kommt, nimmt sich aus einem Spind seine (wenigen) persönlichen Sachen und sucht seinen zuvor per Algorithmus zugeteilten Arbeitsplatz auf. Der ist da, wo auch die Kolleg(inn)en derselben Abteilung bzw. Arbeitsgruppe sind. Man kennt also die Schreibtischnachbar(inn)en. Wer konzentriert und ungestört arbeiten muss, der kann in ein Einzelbüro gehen. Meetings werden in Räumen abgehalten, deren Ausstattung die Kreativität fördert.Und was heißt das nun für bestehende und zukünftige Bürogebäude? Der Trend zu mehr Gemeinschaftsflächen im Neubau, aber auch wo möglich in bestehenden Gebäuden wird sich verstärken. Gemeint sind nicht Großraumbüros mit Dutzenden Mitarbeitern auf einem Stockwerk, sondern kleine Gruppen mit schallschluckenden Elementen und möglichst individuellem Mikroklima. Coronabedingt dürfen die Abstände in Deutschland nicht kleiner werden. Im internationalen Vergleich sind sie schon heute eher großzügig. Das und die Ausstattung mit (wenigen) Einzelbüros als Rückzugsmöglichkeiten, gemütliche Treffpunkte zum Kaffeeklatsch (der informelle Austausch ist wichtig) und die Kreativräume erfordern meist erhebliche Umbauten. Bei vielen älteren Bürogebäuden – das sind schon solche, die vor zehn oder 15 Jahren gebaut wurden – wird dies aus baulichen Gründen gar nicht oder nur unter erheblichem zeitlichen und finanziellen Aufwand möglich sein. Da dürfte sich manch Mieter oder Eigennutzer für ein neues Gebäude entscheiden – dann gleich mit weniger Fläche, wie zuletzt die DekaBank.Das bietet Chancen für Projektentwicklungen – und Herausforderungen für Bestandshalter. Investoren sollten diese Entwicklung zum Anlass nehmen, genau hinzusehen: Sind Bestandsgebäude ausreichend veränderbar und wenn ja: Lassen sich Aufwand plus angemessene Rendite über eine langfristige Miete darstellen? Projektentwicklungen können da die bessere Wahl sein, sollten aber durch Vorvermietungen abgesichert werden. Das stellt nicht zuletzt sicher, dass nach den Bedürfnissen der zukünftigen Mieter gebaut wird.——Von Thomas ListDas Homeoffice wird zum zweiten Arbeitsplatz, ohne den Firmen-Arbeitsplatz zu ersetzen. Für Investoren werden Projektentwicklungen interessanter. ——