Hongkongs Börse fährt in London vor die Wand
Von Andreas Hippin, LondonCharles Li hat sich in London mit seinem unverhofften Kaufangebot für die London Stock Exchange Group (LSEG) keine Freunde gemacht. Die veröffentlichte Meinung zum Vorstoß des Chefs der Hongkonger Börse war überraschend einheitlich: “Nicht überzeugend”, lautete das Urteil der “Financial Times”. “Zu wenig Vorteile und zu viel Politik”, hieß es im “Guardian”. Der Kommentator der “Times” verwies darauf, dass gut drei Viertel des gebotenen Kaufpreises in Aktien der Hong Kong Exchanges & Clearing (HKEx)gezahlt werden sollten. “Und wer will die haben, wenn an der chinesischen Grenze gepanzerte Fahrzeuge aufgefahren werden?”Abgesehen von den Unruhen in der chinesischen Sonderwirtschaftszone und der Volatilität der HKEx-Papiere: Vielen britischen Fonds untersagen ihre Anlagerichtlinien, Aktien zu halten, die nicht in britischen Indizes enthalten sind. Den Beratern von Moelis & Co. sollte das eigentlich bekannt sein. Zudem schwächt sich der China-Glaube zusehends ab. Ernst zu nehmende Experten, die davon ausgehen, dass das Wachstum des Wirtschaftswunderlands in Wirklichkeit nur noch ungefähr halb so hoch ist als offiziell angegeben, finden in der City immer mehr Gehör. Dass die Aktie der LSEG am Donnerstag zunächst nachgab, zeugt nicht von großer Zuversicht der Anleger, die von Li versprochene Prämie zu erhalten. Auf die Höhe des Kaufpreises war der Kurs nach Bekanntwerden des Angebots aus Fernost gar nicht erst gestiegen. Schon bei der Übernahme der London Metal Exchange hatte Li die China-Karte gespielt. Das Wachstum blieb jedoch aus. Großbritannien sollte sich nach dem Brexit an eine einfache Regel halten, empfahl der “Telegraph”: Ja zur wirtschaftlichen Globalisierung, nein zu politischer Einflussnahme und schleichender Verstaatlichung durch fremde Nationen. Nur so könne man die richtige Art eines “Global Britain” aufbauen.