HSBC kehrt zum Wachstum zurück
HSBC hat die Wende geschafft. Im vergangenen Jahr verzeichnete die britische Großbank erstmals seit 2012 wieder nennenswertes Wachstum. Die Erträge stiegen zudem schneller als die Kosten.Von Andreas Hippin, LondonHSBC-Chef Stuart Gulliver wird seinem Nachfolger John Flint ein wohlgeordnetes Haus übergeben. Wie aus den Geschäftszahlen des FTSE-100-Schwergewichts für das abgelaufene Jahr hervorgeht, sind die Erträge der britischen Großbank erstmals seit 2012 wieder nennenswert gestiegen. Zudem wuchsen sie schneller als die Kosten. Seit 2015 hat Gulliver die jährlichen Kosten um 6,1 Mrd. Dollar gedrückt, was in etwa den Assets eines FTSE-250-Unternehmens wie dem Wasserversorger Pennon entspricht. Das bereinigte Vorsteuerergebnis verbesserte sich im Vorjahresvergleich um 11 %. Allerdings sorgten Sondereffekte wie unerwartet hohe Wertberichtigungen auf Kredite zweier Kunden – am Markt wird auf Carillion und Steinhoff getippt – dafür, dass es im Schlussquartal unter den Markterwartungen blieb. Rechne man sämtliche Effekte heraus, sei es sogar etwas besser als erwartet gewesen, schrieb Jefferies-Analyst Joseph Dickerson in einer ersten Einschätzung. Die Aktie notierte gleichwohl im Minus. Das mag auch daran gelegen haben, dass Hoffnungen auf die Ankündigung eines weiteren Aktienrückkaufs verpufften. Denn HSBC will im ersten Halbjahr Bail-in-fähige Anleihen (Additional Tier 1, AT1) im Volumen von 5 Mrd. bis 7 Mrd. Dollar begeben. Währenddessen darf die Bank keine Aktien zurückkaufen. Das Management wolle alle AT1-Erfordernisse im ersten Halbjahr hinter sich bringen, sagte Finanzchef Iain Mackay in einer Telefon-Pressekonferenz nach Vorlage der Zahlen. Der Regulierer schreibe vor, dass AT1-Papiere im Volumen von mindestens 1,5 % der risikogewichteten Assets ausstehen müssen. Dabei befinde man sich alles in allem im Plan. Die Emission diene vor allem der Refinanzierung auslaufender Papiere. An der Einstellung der Bank zu Aktienrückkäufen ändere sich nichts, sagte John Flint, der heute die Führung der Gruppe übernimmt. Die Dividende wurde wie erwartet bei 51 Cent je Aktie stabil gehalten. Weil sie in Dollar gezahlt wird, haben britische Aktionäre am Ende weniger. Dickerson geht davon aus, dass HSBC genug Luft hätte, die Dividende 2018 auf 60 Cent je Aktie zu erhöhen, 2019 dann auf 66 Cent. Er erwartet zudem weitere Aktienrückkäufe. Strategie-Update im AugustFlint will sich “vor oder bei” der Bekanntgabe der Halbjahreszahlen Anfang August zu seinen strategischen Vorstellungen äußern. “Unsere Strategie funktioniert”, sagte er. Es gebe also keinen Grund zur Eile.Die Erträge der Investment-Banking-Sparte Global Banking & Markets (GBM) gingen im Schlussquartal im Vorjahresvergleich um 9 % zurück. Das kapitalintensive FICC-Geschäft – der Handel mit Anleihen, Rohstoffen und Währungen – spielte 24 % weniger ein. Die bislang von Flint geführte Sparte Retail Banking und Wealth Management (RBWM) verzeichnete zwar ein Wachstum von 8 %, blieb aber – wie GBM – hinter den hohen Markterwartungen zurück. Das Commercial Banking (CMB) überraschte dagegen positiv, angetrieben von der Geschäftseinheit Global Liquidity & Cash Management. “Die Tatsache, dass der Aktienkurs gesunken ist, weil Leute Gewinne mitgenommen haben, macht mir überhaupt keine Sorgen”, kommentierte Gulliver die aktuelle Kursentwicklung. Zu seiner Performance als Chief Executive sagte er: “Ich denke, sie war zufriedenstellend.” Seit seinem Amtsantritt 2011 belaufe sich die Gesamtrendite für die Aktionäre auf gut 70 %. Der Konzernumbau sei abgeschlossen. Asien steuerte im vergangenen Jahr fast 90 % zum Vorsteuergewinn bei, Europa dagegen einen Verlust. Allerdings bucht HSBC die Kosten der Zentrale in diese Region. Und dazu gehören wesentliche Ausgaben wie etwa die britische Bankenabgabe.Der neue CEO dürfte aus Gullivers Sicht von zwei Entwicklungen unterstützt werden: steigende Zinsen und rückläufige Kosten aus der Abarbeitung der Skandale der Vergangenheit. Während seiner Amtszeit habe man die infolge der Nullzinspolitik der Notenbanken weggebrochenen Erträge aus dem Einlagengeschäft nicht anderweitig erwirtschaften können. In Sachen Brexit sieht Gulliver derzeit wenig Handlungsbedarf. “Ich denke, die City of London wird das dominante Finanzzentrum in dieser Zeitzone bleiben”, sagte Gulliver. Die größten Kopfschmerzen mache ihm die mangelnde Klarheit in vielen Fragen. “Es bleibt ein Geduldsspiel.” Allerdings verfüge HSBC ja bereits über eine Universalbanklizenz in Frankreich. “Wir werden unter den letzten Firmen sein, die Leute versetzen”, sagte der scheidende HSBC-Chef.