Huarong legt Schreckensbilanz offen
nh Schanghai
Die Saga um den Niedergang der staatskontrollierten chinesischen Bad Bank China Huarong Asset Management kann nach Vorlage der Ergebnisse für das Geschäftsjahr 2020 nun endlich auch mit forensischen Daten unterfüttert und erhellt werden. Fünf Monate nach der eigentlichen Deadline zum 31. März hat der formell noch an der Hongkonger Börse notierte chinesische Kreditverwerter Huarong das Zahlenwerk für 2020 vorgelegt und eine wahrlich schauderhafte Bilanz vorgelegt.
Die mit windigen Schattenbankgeschäften, riskanten Bondmarktspekulationen und unvorsichtigen Kreditvergaben an bereits überschuldete Immobilienentwickler vor die Wand gefahrene Huarong weist einen Verlust über 102,9 Mrd. Yuan (13,5 Mrd. Euro) aus und hat damit erschreckenderweise rund 85% ihrer Aktienkapitalbasis aufgebraucht. Damit verstößt Huarong freilich gegen sämtliche aufsichtsrechtliche Kapitaladäquanz- und Risikoabdeckungsregeln. Nach Aussagen des Chairman Wang Zhanfeng vom Montag wird man nun entsprechende Anträge für die Tolerierung einer zeitweiligen Kapitalunterdeckung bei der Aufsichtsbehörde China Banking and Insurance Regulatory Commission (CBIRC) einreichen.
Huarong hat im Bemühen einer möglichst umfangreichen Aufarbeitung von Altlasten nach einem waghalsigen Expansionskurs seit ihrem Börsengang im Jahr 2015 nun erst einmal reinen Tisch gemacht und ist dabei auf Wertberichtigungsbedarf (Impairment) von knapp 108 Mrd. Yuan gestoßen, zu dem noch Abschreibungen auf Finanzaktiva in Höhe von 12,5 Mrd. Yuan hinzukommen. Insgesamt hat die Begradigung der Bilanz also eine Wertminderung von umgerechnet knapp 16 Mrd. Euro ans Licht gefördert.
Gewissermaßen als Randnotiz hat Huarong am Sonntag auch ihre Ergebnisse für das erste Geschäftshalbjahr 2021 vorgelegt, um zu dokumentieren, dass man jetzt aus dem Gröbsten heraus ist und im operativen Geschäft wieder schwarze Zahlen schreibt. So kommt man auf einen schmalen Gewinn nach Steuern von 158 Mill. Yuan oder knapp 21 Mill. Euro, für den man sich den Vergleich mit der Vorjahresperiode freilich ersparen kann.
Dass die Zahlen für 2020 so spät zum Vorschein gekommen sind, hat Methode. Die bislang im Mehrheitsbesitz des chinesischen Finanzministeriums befindliche Huarong sollte nämlich erst zu einem Zeitpunkt mit der Schreckensbilanz herausrücken, da der chinesische Staat ein Auffangmanöver unter Zuhilfenahme der staatlichen Citic Group präsentieren konnte. Damit wurde zumindest dafür gesorgt, dass die Bondinvestoren keine akuten Zahlungsausfälle mehr befürchten müssen und die befürchteten systemrelevanten Ansteckungsgefahren für den chinesischen Bondmarkt gebannt sind.
Tatsächlich hat sich Huarong trotz der Misere bislang als Anleiheemittent nichts zuschulden kommen lassen und sowohl heimische als auch offshore begebene Bonds mit Zins- und Tilgungszahlungen pünktlich bedient. Allerdings waren insbesondere die Dollar-Bonds von Huarong nach der Verzögerung des Geschäftsausweises und der Unsicherheit über eine Auffangbereitschaft des chinesischen Staates unter Wasser geraten und hatten zeitweilig mehr als die Hälfte ihres Werts eingebüßt (siehe Grafik). Dann aber brachte Mitte August die Nachricht von einem staatlich orchestrierten Auffangplan für Huarong eine wesentliche Entlastung. Mittlerweile sieht man Huarongs Dollar-Bonds, darunter eine besonders kursempfindliche Daueranleihe, nun wieder nahe pari notieren. Dem Vernehmen nach erwägt Huarong auch ein Rückkaufsangebot an ausländische Bondholder, um die Daueranleihe und eventuell andere Dollar-Langläufer abzulösen.
Nun geht es darum, Huarong zu rekapitalisieren und mit einer neuen Kontroll- und Eigentümerstruktur zu versehen. Dabei wird das im chinesischen Finanzdienstleistungsbereich bereits breit aufgestellte staatliche Firmenkonglomerat Citic Group die Kontrolle bei Huraong übernehmen und den weiteren Sanierungskurs der Gesellschaft steuern. Den bislang durchgesickerten Informationen zufolge, werden die Huarong-Anteile des Finanzministeriums auf Citic übertragen, während diese an der Spitze eines Investorenkonsortiums bereitsteht, um Huarong mit einer rund 50 Mrd. Yuan schweren Kapitalinjektion wieder auf eine solidere Basis zu stellen.
Abverkauf startet
Wie Huarong-Chairman Zhang am Montag betonte, befinde man sich in aktiven Gesprächen, um auch abseits der staatlichen Sphäre neue heimische und auch ausländische Kapitalgeber zu sondieren, die bereits sind sich als „strategische Investoren“ zu positionieren. Abgesehen davon laufen Anstrengungen für einen weitreichenden Abverkauf von „Randaktivitäten“, wie beispielsweise der Schattenbankeinheit Huarong Trust, mit denen die Gesellschaft nach den gewaltigen Wertabschreibungen nun noch ein bisschen Kasse zu machen hoffen kann.
Wertberichtigt Seite 6