Hunderte klagen gegen Daimler-Bank
Ab Freitag wird das Stuttgarter Oberlandesgericht die bundesweit erste Musterfeststellungsklage verhandeln. Es geht um Kreditverträge der Daimler-Tochter Mercedes-Benz Bank, deren Widerrufsklauseln der Schutzgemeinschaft für Bankkunden zufolge fehlerhaft sind. Es wird für alle Beteiligten eine Premiere. igo Stuttgart – Durch eine Musterklage gegen Kreditverträge der Mercedes-Benz Bank will die Schutzgemeinschaft für Bankkunden erreichen, dass die Widerrufsregeln der Bank für ungültig erklärt werden. Der Klägerin zufolge verwendet die Bank in Kreditverträgen seit Juni 2014 nicht ordnungsgemäße Widerrufsinformationen. Die Bank des Autokonzerns Daimler hält die Klage für unbegründet. Von 112 Widerrufsklagen, die seit Mitte 2017 gegen die Verträge eingereicht wurden, seien 108 zugunsten der Bank entschieden worden. Man glaube daher, dass die Klauseln verbrauchergerecht formuliert seien, so ein Sprecher.Bislang haben sich laut der Berliner Kanzlei Gansel Rechtsanwälte, die die Schutzgemeinschaft vertritt, rund 600 Kreditnehmer für die Klage beim Bundesamt für Justiz (BfJ) registriert. Die Mercedes-Benz Bank wird von der Kanzlei Noerr vertreten. Im Schnitt wird jedes zweite von Daimler ausgelieferte Fahrzeug über die Finanzsparte finanziert oder geleast, mindestes zwei Drittel davon gewerblich – diese Kunden sind gemäß dem Gesetz nicht klageberechtigt. Insgesamt liegt die Finanzierungsrate ohne Leasing laut einer Befragung der Deutsche Automobil Treuhand (DAT) bei gut 60 %.Für das Gericht und die beteiligten Parteien ist die am Freitag beginnende Verhandlung eine Premiere. Musterfeststellungsklagen sind erst seit November möglich. Verbraucherschützer können darüber stellvertretend für Betroffene gegen Unternehmen klagen, ohne dass die Kunden ein finanzielles Risiko tragen. Die Verbraucherzentralen hatten bereits Ende November ein Musterverfahren gegen den VW-Konzern beim Oberlandesgericht (OLG) Braunschweig eingereicht. Darüber sollen vom Abgasskandal betroffene VW-Kunden entschädigt werden. Das Verfahren ist noch nicht terminiert.Auch die Schutzgemeinschaft reichte in Braunschweig eine Musterklage gegen Kreditverträge der VW-Bank ein. Allerdings verweigern die Richter die Eintragung ins Klageregister, da sie bezweifeln, dass die Schutzgemeinschaft gemäß dem neuen Gesetz klageberechtigt ist. Die Schutzgemeinschaft hat Beschwerde eingelegt. Das OLG Stuttgart hat das Verfahren zwar eröffnet, sieht aber bezüglich der Klageberechtigung ebenfalls offene Fragen. Diese sollen gleich am Freitag erörtert werden.”Da die Bundesregierung an die kollektive Klagemöglichkeit zur Stärkung des Verbraucherschutzes hohe Erwartungen geknüpft hat, werden die Mütter und Väter des Gesetzes das Verfahren genau beobachten”, so einer der Rechtsanwälte der Schutzgemeinschaft, Timo Gansel. Sollte die Klage erfolgreich sein, können weitere Banken mit Musterklagen rechnen. Gansel zufolge haben beispielsweise auch die Audi Bank, die BMW Bank sowie in der Autofinanzierung tätige Institute wie Targobank oder Santander Consumer Bank Fehler in ihren Kreditverträgen. Sollte das OLG ein Musterfeststellungsurteil erlassen, wäre dagegen nur mehr die Revision zum Bundesgerichtshof möglich.Bei Kunden der Mercedes-Bank gehe es um Angaben wie jene zum Beginn der 14-tägigen Widerrufsfrist. Die Klausel verweise auf Gesetzesparagrafen, die auf weitere Paragrafen verwiesen. Durch diese Verschachtelung habe der Verbraucher keine Chance, sein Widerrufsrecht auszuüben. Ziel sei es daher, feststellen zu lassen, dass die beklagten Kreditverträge “ewig” widerruflich seien. Egal ob Neu- oder Gebrauchtwagen und ob das Fahrzeug einen Verbrenner- oder Diesel-Motor habe.Die Klagen gegen die Banken stehen auch in Zusammenhang mit dem Diesel-Skandal. Feststellungsziel sei es, dass die Halter im Falle einer falschen Widerrufsinformation keinen Ersatz für den Wertverlust des Autos leisten müsse, so die Kanzlei. “Insbesondere für Dieselfahrer wäre das eine gute Möglichkeit, sich von ihren abgasmanipulierten Fahrzeugen weitgehend ohne Verlust zu trennen”, heißt es weiter.