SERIE: BANKEN IM DIGITALEN WANDEL (16)

HVB arbeitet an höherer Schlagkraft

Die Digitalisierung der Geschäftsabläufe treibt die Münchner Unicredit-Tochter zu kosteneffizienteren Konzernstrukturen

HVB arbeitet an höherer Schlagkraft

Im stärker werdenden Wettbewerb ist die Digitalisierung für die HypoVereinsbank (HVB) ein entscheidender Erfolgsfaktor. Der Umbau führt zu schlankeren Konzernstrukturen und damit zu einer verbesserten Kosteneffizienz. Die Unicredit-Tochter wagt mit ihrer Neuordnung einen Spagat, muss sie doch nach den jüngsten Einschnitten im Filialnetz vermutlich auch bei zentralen Funktionen Stellen streichen. HVB-Chef Theodor Weimer will auf diese Weise die Schlagkraft des Instituts erhöhen. Damit soll ein Vorsprung gegenüber der Konkurrenz geschaffen werden.Von Stefan Kroneck, MünchenGeschwindigkeit ist nicht nur bei den Autoherstellern ein hohes Gut, sondern auch in der Finanzbranche. Je schneller man auf den Wandel reagiert, desto bessere Chancen kann man sich erarbeiten im Kampf um Kunden und Marktanteile. Getreu diesem Motto geht auch Theodor Weimer vor. Für den Vorstandschef der HypoVereinsbank (HVB) ist die fortschreitende Digitalisierung ein entscheidender Antriebsfaktor für Umwälzungen bei der Münchner Geschäftsbank.Dabei wächst der Handlungsdruck auf die Unicredit-Gruppe, schließlich sorgen die niedrigen Zinsen infolge der ultralockeren Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) für tendenziell schrumpfende Erträge. Um gegenzusteuern, steht die Konzerntochter HVB nach den Einschnitten im Privatkundengeschäft möglicherweise auch vor einer größeren Einsparrunde bei zentralen Geschäftsfunktionen. Das signalisierte vor kurzem Uncredit-Chef Federico Ghizzoni, der unter anderem die Digitalisierung als entscheidenden Faktor nannte, sich schlanker aufstellen zu müssen, um bei Geschäftsabläufen schneller zu werden. Digitalisierung sei “ein Muss”, um sich im Wettbewerb zu behaupten. “Die Digitalisierung ist ein zentraler Bestandteil unserer Geschäftsstrategie”, sagt eine HVB-Unternehmenssprecherin. Die deutsche Einheit der italienischen Großbank kämpft somit an allen Fronten, um verändertem Kundenverhalten infolge zunehmender Digitalisierung Rechnung zu tragen. Standardisierte, einfache Bankgeschäfte erledigen Kunden vorzugsweise am PC und über Smartphones. Das führte zuletzt zu Unterauslastungen in den Bankfilialen.Somit treffen die damit einhergehenden Veränderungen insbesondere das Privat- und Firmenkundengeschäft der HVB gleichermaßen. Nun dürften auch zentrale Funktionen wie Buchführung, Risikokalkulation und EDV von der Neuordnung betroffen sein – auch eine Folge der EZB-Aufsicht, die eine stärkere Zentralisierung von Schlüsselfunktionen der Bankverwaltung erfordert. Die Digitalisierung kann derweil entscheidend dazu beitragen, die Kosteneffizienz eines Unternehmens zu steigern. Vor diesem Hintergrund besteht bei der HVB immer noch Handlungsbedarf. So lag die Cost-Income-Ratio im ersten Halbjahr bei 75 %. Das ist im Finanzsektor kein Bestwert. Zum Vergleich: Die Commerzbank brachte es auf 71 %, die Deutsche Bank verzeichnete 84 %. Verlagerungen in SichtDie Unicredit-Zentrale arbeitet derzeit noch an den Details ihres Plans. Für die HVB zeichnet sich dabei ab, möglicherweise zentrale Funktionen nach Mailand, dem Hauptsitz der Konzernmutter, abzugeben. Das könnte Arbeitsplätze in München kosten, dürfte aber dazu beitragen, die Schlagkraft der HVB zu stärken. Auf diese Weise wollen sich die Münchner einen Vorsprung gegenüber der Konkurrenz verschaffen. Im Privatkundengeschäft befindet sich die HVB derweil mitten in der Endphase, ihr Filialnetz radikal umzugestalten. Von den einst bundesweit 580 Filialen sollen bis Jahresende nur noch 341 übrig bleiben, die bis dahin komplett in einer modernisierten Form umgestaltet sein sollen. Nach jüngstem Stand hat die HVB dies bei über 250 bereits umgesetzt. Hohe InvestitionenVor über eineinhalb Jahren entschloss sich Weimer zu diesem Schritt, da infolge der wachsenden Nutzung des Internets und des Zinstiefs viele Filialen nicht mehr den Auslastungsgrad erreichten, um kostendeckend zu wirtschaften. In der Folge fielen auf der HVB-Dauerbaustelle 1 300 Stellen zusätzlich weg. In die Modernisierungsmaßnahmen und den Ausbau digitaler Vertriebswege investiert die HVB insgesamt über 300 Mill. Euro.Für den HVB-Chef ist der Weg ein logischer Schritt. Die neue Struktur soll beitragen, Wettbewerbsvorteile zu schaffen. Das insgesamt rund 2 Millionen Privatkunden aus dem Retailsegment und gehobenen Bereich zählende Kreditinstitut zielt dabei auf mehr Qualität in den Kundenbeziehungen ab. So fokussiert sich die HVB künftig insbesondere auf eine Klientel, die mit der Bank mehrere Geschäftsbeziehungen unterhält (neben dem Girokonto Baufinanzierungen, Vermögensaufbau usw.).Dieses Cross-Selling kann im Zuge der Digitalisierung dadurch verstärkt werden, dass die Bank Beratungen und andere Dienstleistungen online und offline zunehmend verzahnt. So setzt die HVB verstärkt auf papierlose Beratung durch Fachleute der Bank per Video mit einem offline oder online zugeschalteten Kunden. Dieses Angebot bietet die HVB seit rund drei Jahren. Seit zwei Jahren bietet sie zudem eine sogenannte Online-Filiale an, die mittlerweile rund 110 000 Kunden nutzen. Dabei setzt die HVB auf eine persönliche Beratung unabhängig von Zeit und Ort. Beratungsprotokolle können der Bankangestellte und der Kunde nun gemeinsam am Bildschirm erstellen.Zugleich will das Institut ein umfangreicheres App-Angebot bis Jahresende einführen. Nach Angaben der HVB kommt dieses neue Konzept bei den Kunden gut an. So findet fast jedes zweite Beratungsgespräch in der Online-Filiale mittlerweile per Video statt.Im Firmenkundengeschäft definiert die HVB die Digitalisierung sogar als Wachstumstreiber, wie es im Januar der für die Unternehmer Bank zuständige Vorstand Lutz Diederichs formulierte (vgl. BZ vom 24. Januar). Die seit drei Jahren bestehende digitale Firmenkundenplattform namens Business Easy nutzt die HVB zunehmend als Vertriebskanal, um vor allem junge Unternehmen zu locken. Mittlerweile umfasst die Plattform nach Unternehmensangaben rund 125 000 Kunden. Dieser kostensparende Online-Kanal für Standardkredite zielt vor allem auf kleine, aufstrebende Mittelständler ab. Das Institut stößt aber dabei rasch an seine Grenzen, wenn die Finanzierungsformen komplexer werden. Bei strukturierten Krediten für Großkonzerne ist eine personliche, umfassende Betreuung aus Sicht der Bank(en) nach wie vor notwendig. Allerdings zielt die HVB in einer nächsten Stufe der Digitalisierung darauf ab, diese moderne Kommunikationsform im Geschäft mit Firmenkunden künftig “zu personalisieren”, sich also in diesem Bereich breiter aufzustellen. “Permanenter Prozess”Vor diesem Hintergrund ist nach Angaben der Unternehmenssprecherin die Digitalisierung ein “permanenter Prozess, der nie abgeschlossen sein wird”. So würden sich die technischen Möglichkeiten und Kundenanforderungen stetig und immer schneller ändern.”Mit dem müssen wir Schritt halten, bzw. ist es unser Bestreben, einen Schritt voraus zu sein.” Für die HVB kann das als Ansporn aufgefasst werden, aber auch als Warnung nach innen. Denn wer mit der Entwicklung nicht dauerhaft mithält, kann rasch ins Hintertreffen geraten. Für die gegen sinkende Margen ankämpfende drittgrößte private deutsche Geschäftsbank ist es daher existenziell, ihre Rolle als Hausbank für viele ihrer Privat- und Firmenkunden mit Hilfe der Digitalisierung zu festigen.—-Zuletzt erschienen:- Konkurrenz belebt Kooperation und Innovation (8. September)- Allianz kombiniert Internet mit Agenturen (5. September)