Hypothekarkredit-Richtlinie in trockenen Tüchern
Europäisches Parlament, Rat und EU-Kommission haben sich in “Trilog-Verhandlungen” am Montagabend auf die Inhalte der neuen europäischen Richtlinie zu Wohnimmobilienkreditverträgen geeinigt. Sie soll in den nächsten Wochen von Parlament und Rat endgültig verabschiedet werden. tl Frankfurt – Nach Überzeugung des zuständigen EU-Kommissars Michel Barnier wird die Hypothekenkredit-Richtlinie dabei helfen, Exzesse wie den Immobilienboom in Spanien und Irland mit anschließendem Marktzusammenbruch zukünftig zu verhindern. “Die Verbraucher werden besser informiert, sodass sie das Hypothekarkreditprodukt wählen können, das ihren Bedürfnissen am ehesten entspricht – zum besten Preis und unter voller Kenntnis der Risiken, die sie dabei eingehen”, heißt es in einer Stellungnahme des EU-Kommissars.So erhalten die Verbraucher vor Vertragsabschluss künftig ein einheitliches Informationsdokument (ESIS), in dem die wichtigsten Daten des Vertrages übersichtlich dargestellt werden. Für Sven Giegold, Schattenberichterstatter und wirtschafts- und finanzpolitischer Sprecher der Grünen im Europaparlament, ist das eine der wichtigsten Errungenschaften der Richtlinie. “Damit wird der Europäische Binnenmarkt auch für die Finanzierung des Eigenheimes geöffnet.”Im ESIS gehe es insbesondere um die Risiken, zum Beispiel in Bezug auf variable Zinssätze und Fremdwährungskredite, teilte Barnier mit. Bereits in der Werbung muss darauf hingewiesen werden, wie teuer Fremdwährungskredite bei Währungsschwankungen werden können. “Die verbrauchertäuschende Verwendung niedriger Zinsen in der Werbung wird für Fremdwährungskredite weitgehend beendet”, ist Giegold überzeugt.Daneben nimmt der grüne EP-Abgeordnete für sich in Anspruch, bei Fremdwährungskrediten ein Notbremse in der Richtlinie verankert zu haben. Dabei geht es insbesondere um ein Umtauschrecht. Einzelheiten bestimmen aber die Mitgliedsstaaten.Deutschen Kreditgebern wie Bausparkassen und Hypothekenbanken war der Erhalt der Festzinskultur ein besonderes Anliegen. Besonders umstritten war dabei die Vorfälligkeitsentschädigung bei einer vorzeitigen Rückzahlung des Hypothekarkredites. Der Richtlinienentwurf sah das Recht des Kreditnehmers vor, die gesamte Kreditsumme oder Teile davon vor dem im Kreditvertrag vorgesehen Zeitpunkt zurückzuzahlen und dabei von einer Reduzierung der Kreditkosten zu profitieren. Ohne Kompensation der Kreditgeber wäre aber die deutsche Festzinskultur gefährdet gewesen, wurden insbesondere die Europäische Bausparkassenvereinigung und der Verband deutscher Pfandbriefbanken (VDP) nicht müde zu betonen (vgl. BZ vom 14.2.2012).Jetzt ist klar, dass die Kreditgeber einen fairen und objektiven Ausgleich für die direkten Kosten in Zusammenhang mit einer vorzeitigen Rückzahlung erhalten – ohne dass dieser aber für den Konsumenten einen Strafcharakter hat. Der Ausgleich darf also den finanziellen Verlust des Finanzinstituts nicht übersteigen. Für Giegold ist wichtig, dass die Bestimmungen “zukünftige Exzesse in diesem Bereich”, genannt werden überzogene Gebühren, unterbinden.Für Jens Tolckmitt, Hauptgeschäftsführer des VDP, ist damit klar, dass es “auch künftig die in Deutschland übliche Wahlfreiheit bei der Finanzierung von Immobilien geben wird – und damit auch die Möglichkeit, Wohneigentum über die hier zu Lande am weitesten verbreitete Variante des langjährigen Festzinskredits zu finanzieren”. Ins gleiche Horn stößt Andreas J. Zehnder, geschäftsführender Direktor des Europäischen Bausparkassenvereinigung: Der Festzinskredit “entspricht dem Wunsch des Verbrauchers nach stabilen und verlässlichen Kalkulationsgrundlagen.”Umstritten war auch, ob es eine zwingende Bedenkzeit vor Vertragsabschluss geben soll. Jetzt ist eine generelle Frist von sieben Tagen vorgesehen, die auch durch ein nachträgliches Widerspruchsrecht erfüllt werden kann.—– Wertberichtigt Seite 8