INTERCONTINENTAL EXCHANGE GREIFT NACH NYSE EURONEXT

ICE macht einen großen Sprung

Energiespezialist steigt zum weltweit drittgrößten Terminmarktbetreiber auf

ICE macht einen großen Sprung

Von Christopher Kalbhenn, FrankfurtSollte die Übernahme der Nyse Euronext durch die Intercontinental Exchange (ICE) wie geplant zustande kommen, würden die Karten in der weltweiten Terminbörsenlandschaft gründlich neu gemischt. Denn mit dem Erwerb der Terminmarktaktivitäten der Nyse Euronext würde der in Atlanta/Georgia beheimatete Derivatespezialist im Ranking der umsatzstärksten Terminbörsenbetreiber der Welt vom zwölften auf den dritten Rang vorrücken und nach gehandelten Kontrakten fast die zweitplatzierte Eurex einholen.Wichtiger noch dürften aber die qualitativen Veränderungen für das Unternehmen sein. Derzeit bestreitet die ICE rund 50 % ihrer Erlöse im Energie- und Emissionshandel. Davon entfallen rund 20 % auf börslichen und rund 30 % auf außerbörslichen Energiederivatehandel. Hinzu kommen u. a. der Handel mit außerbörslichen Kreditderivaten, den Credit Default Swaps mit einem Erlösanteil von 13 %, Marktdaten (9 %) sowie Zucker- und Baumwoll-Futures (7 %). Börsliche Finanzderivate spielen eine untergeordnete Rolle. Auf Aktienindexderivate entfallen lediglich rund 3 %.Letzteres wird sich mit dem Erwerb der zur Nyse Euronext gehörenden Nyse Liffe nachhaltig verändern. Mit den europäischen Aktivitäten der Liffe würde die ICE insbesondere das hochliquide Geschäft mit Kurzzinsderivaten mit dem Drei-Monats-Euribor-Future als entscheidendem Produkt sowie die britischen, französischen, niederländischen, belgischen und portugiesischen Aktienmarktderivate erhalten. Der Handelsumsatz dieser Aktivitäten belief sich in den ersten acht Monaten des Jahres auf rund 660 Millionen Kontrakte. In den USA würde die ICE durch die Plattformen Nyse Liffe Amex Options und Nyse Liffe Arca Options mit einem kombinierten Marktanteil von rund 24,5 % die neue Nummer 2 im Aktien- und Indexoptionshandel. Von Januar bis August wurden auf den US-Plattformen der Nyse Liffe 664 Millionen Kontrakte gehandelt. Der börsliche Umsatz der ICE konzentriert sich auf Europa. 189 Millionen Kontrakte wurden von Januar bis August an der ICE Futures Europe gehandelt, ca. 53 Millionen Kontrakte auf den nordamerikanischen Börsenplattformen des Unternehmens. Das Übergewicht Europas ist vor allem auf die Übernahme der Londoner International Petroleum Exchange durch die ICE im Jahr 2001 zurückzuführen.Die Übernahme der Nyse Euronext ist nicht zuletzt vor dem Hintergrund des sich intensivierenden Kampfs der Börsen um den europäischen Derivatemarkt zu sehen. Mehrere Marktbetreiber, darunter die London Stock Exchange, Nasdaq OMX, Bats Chi-X und CME haben börsliche Derivatehandelsplattformen angekündigt. Gleichzeitig findet ein Wettlauf um das erhoffte große Geschäft mit dem außerbörslichen Derivatehandel statt. Mit der Emir-Richtlinie der EU wird es für den weit überwiegenden Teil des außerbörslichen Derivatehandels zur Pflicht, zur Verrechnung auf zentrale Clearing-Stellen zurückzugreifen. Eine Vielzahl von Plattformbetreibern wie Eurex Clearing, CME, LCH.Clearnet etc. sind in dem Bereich bereits aktiv bzw. wollen in diesen Markt einsteigen. Im Clearing für Kreditderivate ist die Entscheidung bereits gefallen. Die ICE hat sich mit ICE Clear sowohl in den USA als auch in Europa als führender Clearer durchgesetzt.