COMMERZBANK IM FÜHRUNGSVAKUUM

Im Bankenverband laufen die Drähte heiß

Hauptgeschäftsführer zeigen sich "überrascht" und wollen rasch Nachfolger für BdB-Präsident Zielke küren

Im Bankenverband laufen die Drähte heiß

Von Bernd Neubacher, FrankfurtIm Bundesverband deutscher Banken (BdB) laufen seit Freitagabend die Drähte heiß: Nachdem Commerzbank-Chef Martin Zielke seinen Rücktritt angekündigt hat, braucht die Lobby-Organisation der privaten Banken dringend einen neuen Präsidenten – als der war Zielke erst im April angetreten. Der Verband macht Tempo: “Uns geht es jetzt vor allem um einen geordneten Übergang an der Spitze des Bankenverbandes”, heißt es in einer der Börsen-Zeitung vorliegenden Mail vom Montagmorgen, welche die beiden Ko-Hauptgeschäftsführer Andreas Krautscheid und Christian Ossig den Mitarbeiten der Organisation gesendet haben: “Dazu standen wir bereits dieses Wochenende in engem Kontakt mit unserem Vorstand und Martin Zielke.” Wie zu hören ist, will die Organisation im Idealfall schon zur Wochenmitte den Namen eines Nachfolgekandidaten bzw. einer -kandidatin präsentieren. Zumindest aber will man den Weg zur Kür der künftigen Verbandsspitze aufzeigen. Das Horrorszenario: Der Aufsichtsrat der Commerzbank beendet schon in seiner Sitzung am morgigen Mittwoch Zielkes Bestellung als Vorstandsmitglied und Vorstandschef, und der Bankenverband steht präsidentenlos da, ohne dass Zielke noch die Nachfolge koordinieren kann. Dass der Manager mit Ausscheiden aus dem Vorstand der Commerzbank die längste Zeit in der Führung des Bankenverbands gewesen sein wird, ergibt sich aus der Satzung der Organisation: Dem Regelwerk zufolge haben im Vorstand allein Geschäftsleiter Sitz und Stimme. Im Verband ist es zudem Usus, wenn auch nicht in der Satzung festgelegt, dem scheidenden Präsidenten in der Nachfolgefrage ein Vorschlagsrecht einzuräumen. Ist ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin für Zielke ausgeguckt, muss zunächst die Zustimmung der Delegiertenversammlung eingeholt werden, bevor der Vorstand ein Mitglied auf den Schild heben kann. Schmales TableauVon Zielke und den beiden BdB-Hauptgeschäftsführern Krautscheid und Ossig abgesehen kommen theoretisch alle neun weiteren Mitglieder des BdB-Vorstands für den Posten in Frage. In der Praxis dürfte das Tableau der Wunschkandidaten indes deutlich schmaler ausfallen. So ist aus Kreisen der privaten Banken das Argument zu hören, in Zeiten von Corona und des Brexits brauche die Organisation eine starke Führungspersönlichkeit, welche die ganze Palette des Bankgeschäfts repräsentiere und breite Rückendeckung genieße. Vor diesem Hintergrund werden Zweifel angemeldet, ob etwa Repräsentantinnen ausländischer Häuser wie Dorothee Blessing, Chief Executive Officer der J.P. Morgan AG, oder Carola von Schmettow, Sprecherin des Vorstands von HSBC Deutschland sowie BdB-Präsidiumsmitglied, diese Eigenschaften auf sich vereinen. Sollte die Funktion in einer Auslandsbank ein Ausschlusskriterium sein, sind ING-Deutschland-Chef Nick Jue, BNP-Paribas-Deutschland-Chef Lutz Diederichs sowie Michael Diederich, Vorstandssprecher der Unicredit Bank, ebenfalls aus dem Rennen. Aareal-Bank-Chef Hermann Merkens und Bankhaus-Metzler-Partner Emmerich Müller leiten unterdessen Häuser, die nicht an die Größe der Commerzbank heranreichen, und könnten damit kaum die Forderung erfüllen, in härter werdenden Zeiten müsse der Vertreter einer Großbank den Verband führen. Hans-Walter Peters, Präsidiumsmitglied und Sprecher der persönlich haftenden Gesellschafter der Privatbank Berenberg, stünde zwar eventuell bereit. Mit Assets von gerade einmal 5 Mrd. Euro zählt aber auch Berenberg nicht gerade zu den Dickschiffen der Branche. Als Zielkes Vorgänger würde Peters zudem eher wie eine Rückfalloption und nicht als Lösung für die Zukunft wirken. Im engeren Sinne wird dem Profil der Anforderungen allein Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing gerecht: Wie Zielke kennt er sich mit Retail Banking und Wholesale-Geschäft ebenso aus wie mit Aufsicht, Regulierung und Bilanzierung. Sewing rückt in den FokusEin Sprecher der Deutschen Bank wollte sich am Montag auf Anfrage nicht zu der Frage äußern, ob Sewing zur Verfügung stünde. In Finanzkreisen wurde indes darauf verwiesen, dass der Manager, der das in der Restrukturierung befindliche Haus seit April 2018 führt und im Juli vergangenen Jahres zusätzlich die Verantwortung für die neu geschaffene Unternehmensbank sowie für die Investmentbank übernommen hat, bereits sehr gut ausgelastet sei. Vielleicht galt Sewing im vergangenen Jahr auch deshalb als Unterstützer einer Wahl Zielkes: weil er selbst dieses Amt nicht anstrebt.