IM GESPRÄCH:CLAUS FRIEDRICH HOLTMANN

Im Ostdeutschen Sparkassenverband verschieben sich die Gewichte

Präsidentenwechsel - Institute im Osten stärker als erwartet - Schwierige Zeiten stehen bevor - Bei Zentralisierung "sehr erfolgreich gescheitert"

Im Ostdeutschen Sparkassenverband verschieben sich die Gewichte

Von Ulli Gericke, BerlinGut 23 Jahre nach der Wende in der Ex-DDR geht die Nachwendezeit auch für die ostdeutschen Sparkassen zu Ende. Mit dem am 1. Juni stattfindenden Wachwechsel an der Spitze des Ostdeutschen Sparkassenverbands (OSV) vom lebenslangen Sparkässler Claus Friedrich Holtmann zum langjährigen Landrat Michael Ermrich findet wenn schon kein Generationentausch, so doch ein Interessenwechsel statt. Bislang dominierten SparkassenBelange den Verband.Mit der Wahl des Landrats aus dem Harz und eines der vier Vizepräsidenten des Deutschen Landkreistages zum Geschäftsführenden OSV-Präsidenten würden kommunale Interessen gleichwertig mit SparkassenInteressen, betont Holtmann im Gespräch mit der Börsen-Zeitung – “ein Wechsel, der uns normaler macht”. Und der gleichzeitig belegt, dass der Aufbau Ost auch bei den Sparkassen beendet ist. Die Institutsinteressen wird auch künftig Verbandsgeschäftsführer Wolfgang Zender vertreten, der als ehemals stellvertretender Vorstandschef der Sparkasse Chemnitz – wie Holtmann – eine langjährige Sparkassen-Vergangenheit hat.Zweifelsohne hatten die öffentlichen Hände – egal, ob Kreis, Kommune oder Land – auch bisher schon Einfluss auf ihre Sparkassen. Die bis dato heftigste Attacke ritt vor Jahren der einstige freistaatliche Ministerpräsident Georg Milbradt – einer der Laudatoren bei Holtmanns Abschied – mit seinem Projekt einer vertikal integrierten Sachsen-Finanzgruppe, durchgedrückt gegen den erbitterten Widerstand der regionalen Sparkassen und des Vier-Länder-Verbands OSV. Abstieg der Sachsen-GruppeNach der Finanzkrise, die sich über die Landesbank Sachsen bis in den letzten Winkel des Freistaats durchgefressen hatte, zeigt sich, dass die ehedem fünf, heute nur noch vier Finanzgruppen-Sparkassen “signifikant schlechter mit Kapital ausgestattet sind” als die anderen acht Institute im Land. Was insofern nicht verwundert, als diese Gruppen-Institute über Jahre merkliche Beträge an ihre Träger ausgeschüttet hatten. “Das wäre sicher zu einem Konkurrenzmodell geworden”, wenn die Finanzkrise nicht auch in der Sachsen-Gruppe schwere Verwüstungen hinterlassen hätte, räumt Holtmann ein, der bis 2006 auch im Gruppen-Vorstand amtierte. Doch mit dem Untergang der Sachsen LB, die in der Finanzgruppe mit den Sparkassen verknüpft war, versank auch die Idee einer sich gegenseitig befruchtenden vertikalen öffentlich-rechtlichen Einheit.Zudem erzwang die Sachsen-Gruppe mit ihren ehrgeizigen Ausschüttungszielen, dass “systematisch höhere Risiken eingegangen wurden”, erinnert sich Holtmann – was in der Finanzkrise höhere Abschreibungen zur Folge hatte. “Erkennbar sind die außenstehenden Sparkassen finanziell besser ausgestattet”, zieht der scheidende OSV-Präsident einen Strich unter das Experiment Sachsen-Finanzgruppe. Nachdem die Stadt Leipzig und der angrenzende Landkreis schon zur Jahreswende ihre Sparkasse aus der Gruppe herausgenommen hatten, überlegen momentan auch der Erzgebirgs- und der Vogtlandkreis, ihre Institute wieder unter eigene Regie zu nehmen.Nicht erwartet hätte Holtmann, als er 1990 als Prüfungsstellenleiter aus Hannover in die untergehende DDR kam, dass die damals das Privatkundengeschäft beherrschenden Sparkassen ihre starke Stellung so dominant auch in Wettbewerbszeiten behalten würden. “Wir haben mehr geschafft als erwartet”, staunt der 63-Jährige rückblickend.Den Marktanteil gemessen an den Kontoverbindungen beziffert er im ostdeutschen Schnitt auf etwa 60%. Und von den Häuslebauern seien rund 40% bei der Landesbausparkasse Ost, die es vor der Wende überhaupt noch nicht gab. Wenig geändert hat sich über die Jahre aber auch an der Passivlastigkeit der Ost-Sparkassen, die zwar viele Einlagen verwalten, aber wegen der chronischen Industrieschwäche der neuen Länder kaum Firmenkredite vergeben können.In toto stellen die 46 Sparkassen in den Ländern Brandenburg, Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt momentan 40 Mrd. Euro als Kredite zur Verfügung, während sich die Einlagen auf fast 85 Mrd. belaufen. Bis dato ist das kein Problem. Gesättigt mit hochverzinslichen Wertpapieren aus der guten alten Zeit leben die Ost-Sparkassen von ihrem hohen Depot-A-Volumen durchaus gut, zumal wenig Kredite an die Wirtschaft auch wenig Abschreibungen erzwingen. Sagenhafte 2,26% der durchschnittlichen Bilanzsumme kann etwa die in Cottbus beheimatete Sparkasse Spree-Neiße als Betriebsergebnis vor Bewertung zeigen – womit die Lausitzer locker die Zielrendite der Deutschen Bank übertrumpfen. Insgesamt sieht Holtmann die OSV-Sparkassen “betriebswirtschaftlich exzellent aufgestellt” – mit der Einschränkung allerdings, dass mit dem Auslaufen der hochverzinsten Papiere der Zinsüberschuss nach 2013 einbrechen dürfte. Die bislang üblichen hohen Rücklagendotierungen dürften damit in Zukunft zusammenschnurren.Gescheitert ist der OSV-Präsident mit seinem Versuch einer zentralen Kreditfabrik. Gegen den damit verbundenen Eingriff in den Kernbereich einer Sparkasse und den Personalabbau samt “Verlust von Know-how in der Fläche” haben sich die Institute vor Ort erfolgreich gewehrt. Holtmann tröstet sich mit Verweis darauf, dass mit dem Vorhaben Prozesse definiert und vereinheitlicht worden seien, die anschließend von den Sparkassen als Steinbruch benutzt worden seien – “da sind wir sehr erfolgreich gescheitert”. Zwangsumlage für BerlinErfolgreich gescheitert ist die gesamte SparkassenFamilie beim Kauf der Landesbank Berlin. Diese wurde 2007 zu einem weit überzogenen “Abwehrkaufpreis” von gut 5 Mrd. Euro erworben, damit sie nicht in andere, nicht-öffentlich-rechtliche Hände fällt. Der OSV hat davon rund 400 Mill. Euro übernommen und inzwischen die Hälfte abgeschrieben.Anders als in westdeutschen Regionen hat der Verband diesen Anteil selbst übernommen und mit einem Kredit (anfangs der WestLB) finanziert. Die Zinsen wurden und werden per “Zwangsumlage” bei den Mitgliedssparkassen eingezogen – genauso wie der Verlustausgleich infolge der hohen Abschreibungen. Ein Verfahren, das Holtmann zufolge sowohl in der Öffentlichkeit als auch im Verhältnis Sparkassen-Vorstand zu -Verwaltungsrat wesentlich geräuschärmer über die Bühne geht als bei Instituten, die ihren Landesbank-Anteil direkt halten – und immer wieder abschreiben und rechtfertigen müssen.