Im Zahlungsverkehr schwinden die Erträge

Accenture: Instant Payments, Nichtbanken, Regulierung und Preisdruck fressen mehr als die Hälfte des künftigen Zuwachses auf

Im Zahlungsverkehr schwinden die Erträge

Im Zahlungsverkehr winken Banken weltweit in den nächsten sechs Jahren Mehrerträge in Milliardenhöhe. Doch über die Hälfte dieses Zuwachses könnten sie infolge des durch die Digitalisierung ausgelösten Strukturwandels des Geschäfts verlieren, wie eine Studie von Accenture aufzeigt. kb Frankfurt – 500 Mrd. Dollar mehr könnten Banken weltweit in den nächsten sechs Jahren im Zahlungsverkehr einnehmen. Dies entspricht einer jährlichen Zunahme um 5,5 % von 1,5 Bill. Dollar im Jahr 2019 auf 2,1 Bill. Dollar im Jahr 2025, wie aus dem Payments Survey des Beratungsunternehmens Accenture hervorgeht. Trügerisches BildDoch dieses Bild ist trügerisch, denn mehr als die Hälfte dieser Zunahme, und zwar 280 Mrd. Dollar wie Accenture errechnet hat, können Banken verlieren. Die Gründe dafür sind bekannt: Starkes Wachstum neuer digitaler Bezahlmöglichkeiten auf Basis von Instant Payments, zunehmende Konkurrenz durch Nichtbanken sowie ein sich weiter verstärkender Preisdruck. “Im Zahlungsverkehrsmarkt stehen traditionelle Banken unter Druck und spüren den zunehmenden Erfolg der Nicht- und Digitalbanken, die innovative Zahlungsmethoden entwickeln und erfolgreich am Markt platzieren”, sagt Oliver Hommel, Zahlungsverkehrsexperte bei Accenture. “Banken können aber selbst von dieser Welle digitaler Zahlungsmethoden profitieren, indem sie schnell neue Technologien einsetzen und mit Hochdruck an innovativen Geschäftsmodellen arbeiten.” Arme deutsche BankenFür deutsche Banken fällt die Prognose im internationalen Vergleich besonders schlecht aus, wie Accenture hervorhebt. Hierzulande stünden für Banken und Sparkassen im gleichen Zeitraum rund 6,7 Mrd. Euro jährlich auf dem Spiel. Vor allem rückläufige Erträge aus Konto- und Kartengebühren setzten Banken in Deutschland in den kommenden sechs Jahren verstärkt Druck. Dieser Preisdruck sei mit 19,4 % deutlich stärker ausgeprägt als im globalen Durchschnitt (8 %) und werde auch durch das zu erwartende Wachstum des Zahlungsverkehrs (14,5 % bis 2025) nicht kompensiert. Global sei die Wachstumsdynamik mit 38,5 % zudem deutlich stärker ausgeprägt.Ohnehin seien in den letzten Jahren Erträge aus Kartentransaktionen weltweit insbesondere durch regulatorische Eingriffe stark rückläufig gewesen. Zwischen 2015 und 2018 sanken die Erträge aus Kreditkartentransaktionen von Geschäftskunden um 33 %. Die Gewinne aus Transaktionen mit Debitkarten gingen im gleichen Zeitraum um etwa 15 %, aus Kreditkartenzahlungen um rund 12 % zurück, so Accenture. Unsichtbare ZahlungenDieser Trend dürfte anhalten, denn Zahlungen würden in Zukunft im Hintergrund stärker automatisiert und damit quasi unsichtbar abgewickelt, prognostizieren die Berater. In diesem Bereich, bei denen die Zahlungen zum Beispiel in der “virtuellen Brieftasche” einer App oder auf einem mobilen Gerät abgewickelt werden, stünden auch die deutschen Bankhäuser im Wettbewerb mit neuen Marktteilnehmern (Nichtbanken und reine Digitalbanken). Diese neue Konkurrenz führe bei traditionellen Geldhäusern voraussichtlich zu zusätzlichen Gewinneinbrüchen von rund 3 % (global: 3,9 %, siehe Grafik). Nicht zuletzt würden Überweisungen in Echtzeit (Instant Payments) die klassische Kartenzahlung in bestimmten Bereichen verdrängen – knapp 1 % der Erträge (global: 2,7 %) stünden hierdurch für deutsche Banken auf dem Spiel. Dies sei auf Einbußen aus Kartentransaktionen und Gebühren zurückzuführen und letztlich eine Folge von Regulierung.Die Branche hat die Herausforderungen, die neue Technologien im Zahlungsverkehr mit sich bringen, durchaus erkannt, wie die Befragung von 240 Zahlungsverkehrsexperten von Banken in 22 Ländern ergibt. So gehen mehr als zwei Drittel (71 %) der befragten Bankmanager davon aus, dass Zahlungen in Zukunft vermutlich weitgehend unentgeltlich werden. Diese Einschätzung vertreten sogar fast alle in Europa Befragten (93 %) und 75 % in Asien. Fast drei Viertel (73 %) glauben, dass die Mehrheit der Zahlungen bereits heute im Hintergrund stattfindet oder im Laufe der nächsten zwölf Monate “unsichtbar” wird. Ein noch größerer Teil (78 %) ist der Meinung, dass Zahlungen in Echtzeit (Instant Payments) bereits genutzt oder aber in den nächsten zwölf Monaten erfolgen werden.Der Trend zu Instant Payments sowie unsichtbaren und unentgeltlichen Zahlungen bleibt nicht ohne Folgen für die operative Marge, die auf 4,3 % bis 2025 sinken könnte. Für die am wenigsten effizienten Banken könnte sie sogar negativ werden, befürchten die Berater. Neue Quellen erschließenZahlungsverkehrsexperte Hommel mahnt Banken angesichts des Digitalbooms im Zahlungsverkehr dringend die Zusammensetzung ihrer Erträge zu überdenken und neue Ertragsquellen zu erschließen. “Kanäle, die den Banken einst Milliarden-Gewinne bescherten, werden nicht länger lukrativ sein und sukzessive vom Markt verschwinden. Um in Zukunft erfolgreich zu sein, müssen Institute neue digitale Geschäftsmodelle entwickeln und One-Click-Zahlungen zur neuen Norm machen.” Banken seien gut beraten, “alles daranzusetzen, ihren Kunden in Zukunft sichere, bequeme und reibungslose Bezahlerlebnisse zu bieten”. Doch erst 18 % der Befragten geben an, dass ihre Priorität auf dem Aufbau von mehr Sicherheit im Privatkundengeschäft liegt. Erst fast ein Viertel (22 %) betrachtet künstliche Intelligenz, Robotik, maschinelles Lernen und innovative Bezahlarten als wichtige Fähigkeiten, ihre Plattformen aufzubauen und ihre Kernsysteme an schnelle Zahlungsabläufe anzupassen.