Immun gegen Veränderungen

Schweizer Banker sehen verunsichert in die Zukunft

Immun gegen Veränderungen

dz Zürich – “Die Euphorie ist verflogen”, resümiert Patrick Schwaller das Ergebnis der jüngsten Befragung von 100 Führungskräften im Schweizer Bankensektor durch das Beratungsunternehmen EY. Zwar rechnen mehr als drei Viertel der befragten Kredit- und Vermögensverwaltungsinstitute in den kommenden sechs bis zwölf Monaten mit besseren Geschäftsergebnissen, doch nur noch knapp ein Fünftel hält das im vergangenen Jahr erreichte Niveau für uneingeschränkt positiv. So tief war der Wert des EY-Barometers zuletzt 2011 gewesen. Vor Jahresfrist zeigte das EY-Barometer noch Hochstimmung an. Ein Drittel der Banken äußerte sich damals klar positiv über die aktuelle Geschäftsentwicklung. Doch an die Stelle von Jubel ist Ernüchterung getreten. EY-Partner Schwaller spricht von “verstärkter Verunsicherung”. Gute GründeDafür gibt es ein paar offensichtliche Gründe (wie die Konjunktur und das anhaltende Negativzinsregime) und einige tieferliegende Erklärungen. Woher soll das Wachstum kommen, mit dem die Banken ihre Rentabilität wieder ins Lot bringen können? Nach einer über zehnjährigen Expansionsphase scheint dem inländischen Kreditgeschäft die Luft langsam auszugehen. 56 % der befragten Banken möchten deshalb im Anlagegeschäft stärker Gas geben. Doch auch dort wachsen die Bäume längst nicht mehr in den Himmel. 2007 verwalteten die Banken in der Schweiz Kundenvermögen im Gesamtwert von knapp 7,1 Bill. sfr. Daraus zogen sie Kommissionseinnahmen von 37 Mrd. sfr. 2017 belief sich das verwaltete Vermögen auf 7,3 Bill. sfr, während die Erträge auf 22 Mrd. sfr zurückgegangen sind. Die Summe der Ambitionen der Banken im Anlagegeschäft sei wohl größer als das effektive Marktpotenzial, vermutet der Bankenspezialist und EY-Partner Olaf Toepfer.Neue Konkurrenten machen den Platzhirschen das Geschäft mit innovativen Geschäftsmodellen und disruptiven Technologien streitig. Während die traditionellen Banken immer noch funktionieren wie große Verkaufsmaschinen von Finanzprodukten, steht bei vielen Technologieunternehmen der Kundennutzen im Zentrum. Um auf solche Geschäftsmodelle umschwenken zu können, müssten die Banken das Immunsystem abstoßen, das sie in der Vergangenheit so gut geschützt habe und jetzt zur Innovationsbarriere mutiert sei, erklärt Toepfer.Doch davon sind die Institute noch weit entfernt. Das belegt nicht zuletzt der Umstand, dass die Banken trotz ungenügender und im übereinstimmenden Urteil der Branche (74 %) weiter sinkenden Renditen immer noch die mithin höchsten Managerlöhne zahlen. UBS-Chef Sergio Ermotti war 2017 mit einem Jahresgehalt von über 14 Mill. sfr der am zweitbesten verdienende CEO aller Firmen an der Schweizer Börse. UBS-Präsident Axel Weber schaffte es mit über 6 Mill. sfr auf den dritten Platz der höchstbezahlten Verwaltungsräte.Eine Änderung ist nicht in Sicht: “Die Erhöhung der Vergütungen für die obersten Führungskräfte bei Banken werden dieses Jahr – je nach Resultaten im letzten Quartal – im tieferen bis höheren einstelligen Prozentbereich liegen”, prophezeit der Zürcher Vergütungsexperte Stephan Hostettler, Chef der Beratungsfirma HCM International. “Die Unternehmensgröße ist nach wie vor einer der zentralen Faktoren für die Bestimmung der Gehälter in den obersten Führungsebenen”, sagt er.Die Glaubwürdigkeit der Banken in ihrem Leistungsversprechen hänge auch mit der Höhe der Managerlöhne zusammen, sagt EY-Berater Toepfer und meint damit, dass die Millionengehälter der Bankenchefs im Kontakt mit einer neuen, technologieaffinen und nutzenorientierten Kundschaft zum Wettbewerbsnachteil für die Branche wird.