Im Gespräch: Ferdinand von Bennigsen

Atacama Partners setzt auf spezielle Stockpicking-Methode

Fondsgründungen sind selten in der Fintech-Branche, aber Atacama Partners hat's getan. Mit dem "Global Equity Impact Opportunities" ist ein erstes Produkt am Markt.

Atacama Partners setzt auf spezielle Stockpicking-Methode

Gründungen in der Finanzbranche fangen nach der Idee in der Regel mit dem Blick auf das regulatorische Setup für Lizenzen an und was man alles braucht für den Aufbau der Organisation, die beim Start-up immer schlank ist. Das war auch bei Atacama Partners so, die seit Anfang Juli mit ihrem ersten eigenen Fonds „Global Equity Impact Opportunities“ am Markt ist. Das ist ein Aktienfonds nach Artikel 9 Offenlegungsverordnung gemäß SFDR (Sustainable Finance Disclosure Regulation) – der mehr kann als gewöhnliche Artikel-9-Vehikel.

"Eine Fondsgründung ist diffizil, man braucht eine ganze Menge, um damit an den Markt zu gehen."

Ferdinand von Bennigsen

„Eine Fondsgründung ist diffizil, man braucht eine ganze Menge, um damit an den Markt zu gehen. Deshalb haben wir den Partner-Approach gewählt und diesen Partner in dem Assetmanager Laiqon gefunden,“ so Atacama-CEO Ferdinand von Bennigsen im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Kapitalverwaltungsgesellschaft ist Universal-Investment, Verwahrer HSBC Trinkaus & Burkhardt und Vertriebsstelle die LAIC Vermögensverwaltung.

Laiqon (ehemals Lloyd Fonds) ist ein in Hamburg, Frankfurt und München ansässiges Haus mit 6 Mrd. Euro Assets under Management. „Laiqon verfügt über eine erstklassige Infrastruktur für die Auflage von Fonds. Außerdem hat Laiqon gut in den Aufbau eines cloudgesteuerten Data Warehouses investiert, das wir für die Entwicklung einer Software zur Verbesserung des Investmentprozesses nutzen. Zudem gibt es Unterstützung durch das Vertriebsteam.“

Die Folge von zu viel Greenwashing

Neben dem eigenen Fonds unterstützt Atacama auch den Laiqon-Fonds „Global Multi Asset Sustainable“, wo man hinsichtlich der Aktienquote und beim Upgrade auf Artikel 9 berät. Den Artikel-9-Prozess selbst beschreibt der Gründer als extrem aufwendig. Denn nachdem es zu viel Greenwashing gegeben habe, werde nun genau geprüft, ob Unternehmen mit ihrem ökologischen Fußbadruck hineinpassen und damit Artikel-9-fähig sind.

Eine Viererbande

Aber für diese Aufgabe ist Atacama quasi erfunden worden. Denn im Gründungsteam hat Bennigsen, der selber für BCG und Earlybird digitale Geschäftsmodelle und Transformationsstrategien betreute, die richtigen Experten an seiner Seite. Stanislaus Thurn und Taxis ist Portfolio Manager & CIO. Er war Head of ESG Research bei Flossbach von Storch. Mátyás Csiky, Global Head of Impact bei der Partners Group, agiert als Senior Advisor – und hat in Brüssel das Ohr am Markt. Vierter im Bunde ist Daniel Münch als Junior Portfolio Manager. Auch er hatte zuvor bei Flossbach von Storch Station gemacht, wo er als Analyst über mehrere Jahre an der Seite von Thurn und Taxis arbeitete.

"Bis Mitte 2026 soll der erste Fonds kostendeckend sein und erst dann wollen wir weitere Fonds auflegen."

Ferdinand von Bennigsen

Der Gesellschafterkreis besteht neben den Gründern aus zwei ehemaligen Dax-Chefs, einem Ex-CEO einer deutschen Privatbank sowie einem Managing Director des Partners Laiqon. Mit diesen Angel-Investments ist Atacama durch die Seed-Phase gegangen. „Bis Mitte 2026 soll der erste Fonds kostendeckend sein und erst dann wollen wir weitere Fonds auflegen“, so Bennigsen. „Wir wollen uns nicht verzetteln und sauber einen Track Record aufbauen.“ Wobei sich aus der Kommunikation mit Unternehmen zu ihren Nachhaltigkeitsdaten schon die Opportunität für ein zusätzliches Geschäft ergeben hat. Diese zeigten Interesse an den Ergebnissen der softwareunterstützten Analysen, berichtet der Gründer. „Dafür haben wir jetzt zwei Beratungsprojekte laufen, werden aber vorerst nicht aktiv Mandate suchen, sondern nur aus dem Dialog heraus mit Unternehmen tätig. Wir helfen, die Reportinganforderungen umzusetzen. Gleichzeitig sammeln wir mehr Expertise und verbessern mit den Erkenntnissen unseren Prozess. Kerngeschäft bleiben aber die Fonds.“

Künftige Preisprämien erkennen

Bei der Portfolio-Selektion geht Atacama ganz besonders vor und grenzt sich damit ab zu anderen Artikel-9-Fonds. Der Prozess ist umfassend und inkludiert anerkannte Methodiken wie SBTI (Science-Based Targets Initiative), die wissenschaftlich fundierte Klimaziele setzen. Das Stockpicking funktioniert so, dass man eben nicht auf die Werte setzt, die vom Markt bereits als Klimawandel-Gewinner erkannt worden sind. Vielmehr setzt Atacama darauf, Unternehmen mit hohem Veränderungspotenzial zu identifizieren. „Die Veränderung muss sich zudem positiv auf die Unternehmensbewertung auswirken. Dies kann z. B. bei einem Aluminiumproduzenten, der vermehrt „grünes“ Aluminium produziert, durch zukünftige Preisprämien oder eine Verbesserung der Wettbewerbsposition erreicht werden.“

Regulatorik ist häufig der Trigger

Dabei ist die zunehmende Regulatorik meist der Auslöser für Veränderung. Atacama analysiert die neuesten Entwicklungen daher täglich. Der regulatorische Hintergrund ist klar: Europa hat den Green Deal (nebst Taxonomie) beschlossen, die USA den Inflation Reduction Act (IRA), was gigantische Summen in Bewegung setzt und den Rahmen setzt für eine nachhaltige Wirtschaftsordnung. So werden Geldströme gelenkt, Reportingstandards und Offenlegungspflichten weisen den Weg, so dass letztendlich über den Dominoeffekt „Regulatorik – Investoren – Unternehmen“ diese Ziele bis in jede Wertschöpfungskette berücksichtigt werden.

"Wir dürfen die industrielle Basis nicht abtöten, denn bei aller Dringlichkeit zur Bekämpfung des Klimawandels stellt sie die Grundlage unseres modernen Lebens dar."

Ferdinand von Bennigsen

Dabei ist Bennigsen kein Fantast, der blind für schnellstmöglichen Aktionismus wirbt, um die Erderwärmung zu stoppen. Er sieht mögliche Nebenwirkungen aus den Vorschriften, die z. B. nicht dazu führen dürften, dass sich die Industrie nicht mehr refinanzieren könne, da sie noch nicht so weit sein könne in der Transformation. Denn wer schlecht abschneidet, muss künftig wohl saftige Prämien für seine Anleihen zahlen. „Wir dürfen die industrielle Basis nicht abtöten, denn bei aller Dringlichkeit zur Bekämpfung des Klimawandels stellt sie die Grundlage unseres modernen Lebens dar und muss im Rahmen des technisch Machbaren und wirtschaftlich Sinnvollen transformiert werden.“

"In der Praxis ist es heute leider so, dass es nur zwei Kategorien von nachhaltigen Fonds gibt: Dunkelgrün oder die, wo nicht drin ist, was draufsteht."

Ferdinand von Bennigsen

Als Fintech mittendrin im Geschäft, das den Wandel bewältigen helfen soll, dreht Atacama zunächst natürlich nur ein kleines Rad. Aber mit ihrem Ansatz kann diese junge Fondsgesellschaft vielleicht einen Impetus setzen, der Wellen schlägt. Die öffentliche Diskussion zur Transformation von Finanzwirtschaft, Industrie und Gesellschaft hat sich dabei ermüdend entwickelt. „In der Praxis ist es heute leider so, dass es nur zwei Kategorien von nachhaltigen Fonds gibt: Dunkelgrün oder die, wo nicht drin ist, was draufsteht.“ Treffender kann man es wohl nicht ausdrücken.

IM GESPRÄCH: FERDINAND VON BENNIGSEN

Atacama ist ein grünes Fonds-Start-up

Der Fintech-Gründer geht die Portfolio-Selektion für ein erstes Artikel-9-Vehikel mit nachvollziehbaren Methoden an

Von Björn Godenrath, Frankfurt
Von Björn Godenrath, Frankfurt

Fondsgründungen sind selten in Fintech. Ferdinand von Bennigsen hat es gewagt und mit Atacama Partners einen Spezialisten für nachhaltige Kriterien gestartet. "In der Praxis ist es heute leider so, dass es nur zwei Kategorien von nachhaltigen Fonds gibt: Dunkelgrün oder die, wo nicht drin ist, was draufsteht."

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