Im Prämiensparstreit muss eine Einigung her!
Was hätten Sparkasse und Kunde wohl in früheren Jahren zur Zinsanpassung in Prämiensparverträgen vertraglich festgehalten, hätten sie gewusst, dass die damals üblichen Klauseln unzulässig sind? Was nach „Treu und Glauben“ geboten gewesen wäre, lässt sich schwer sagen, der Streit über die Zinsen tobt daher quälend lange. Fest steht immerhin, dass Kunden eine Nachzahlung zusteht, denn die Rechenmethodik, die viele Sparkassen viele Jahre quasi als Krücke auf Verträge mit ungültigen Zinsklauseln anwendeten, ist nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs von Oktober 2021 fehlerhaft.
Das Gericht in Karlsruhe legte bisher einige wesentliche Grundsätze fest, aber längst nicht alle Details. So geht das Rätselraten weiter. Gleitende Durchschnitte oder Monatswerte, Hypothekenpfandbriefe oder börsennotierte Bundeswertpapiere, Laufzeiten von neun bis zehn Jahren oder aber von acht bis fünfzehn? Es sind Gelehrtendiskussionen, die wohl kein gewöhnlicher Mensch jemals ernsthaft mit seiner Sparkasse oder Bank geführt hätte. Doch eine Entscheidung ist unumgänglich, um eine Nachzahlung berechnen zu können. Je nach Methode müssen die Geldhäuser für jeden Kunden gut und gerne einige Tausend Euro mehr oder weniger berappen. Was ist fair, was ist angemessen? Darüber lässt sich lange streiten.
Die Situation ist zum Haareraufen! Ein Streit über uralte Verträge, die vielfach längst gekündigt sind, ist für die Kundschaft wie für die Kreditwirtschaft eine unnötige Belastung. Viele Prämiensparpläne stammen noch aus der Zeit vor der Jahrtausendwende. Attraktiv waren die Verträge vor allem wegen der stetig steigenden Prämie, weniger wegen der zusätzlich gewährten variablen Zinsen, um die sich nun der Streit dreht. Viel hängt heute von den Einschätzungen einzelner Sachverständiger ab. Eine zentrale Rolle fällt dem Chemnitzer Wirtschaftsprofessor Friedrich Thießen zu, an dem sich möglicherweise auch die Gerichte orientieren. Langsam schält sich eine Rechtsauffassung heraus.
Auch wenn die Lage verworren ist, lässt sich der Streit zum Glück lösen. Einige Sparkassen schrieben die Kunden bereits an und kamen damit der Erwartung der Finanzaufsicht BaFin nach, die einen solchen Schritt von der Kreditwirtschaft eingefordert hatte. Andere Institute lenkten ein, wenn die Sparerinnen und Sparer, viele von ihnen schon im höheren Alter, selbst aktiv wurden. Auch den Kreditinstituten bleibt Ermessensspielraum, wenn sie ein Angebot zur Zinsnachzahlung unterbreiten. Einfach ist dieser Weg nicht. Trotzdem ist die Bereitschaft zur Einigung vorbildlich, anstatt bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag auf finale Gerichtsurteile zu warten.