Im GesprächBirgit Dietl-Benzin, Deka

„In der Krise darf Neugeschäft nicht stoppen“

Die Deka, der Assetmanager der Sparkassen-Finanzgruppe, ist konservativ aufgestellt. Risikomanagement erfordere heute schnelleres Umdenken und ein Denken in Szenarien, sagt das zuständige Vorstandsmitglied Birgit Dietl-Benzin. Denn das Umfeld und das Verhalten der Kunden veränderten sich immer zügiger: „Krise ist mittlerweile normal.“

„In der Krise darf Neugeschäft nicht stoppen“

Im Gespräch: Birgit Dietl-Benzin

„In der Krise darf Neugeschäft nicht stoppen“

Die DekaBank-Vorständin über Risikomanagement in unruhigen Zeiten und künstliche Intelligenz als „Zusatzhirn“

Von Detlef Fechtner, Frankfurt

Risikomanagement erfordere heute schnelleres Umdenken und ein Denken in Szenarien, sagt Birgit Dietl-Benzin, die das Thema im Vorstand der DekaBank verantwortet. Denn das Umfeld und das Verhalten der Kunden veränderten sich immer zügiger: „Krise ist mittlerweile normal.“ Der Assetmanager der Sparkassen sei konservativ aufgestellt.

Für die DekaBank, das Wertpapierhaus der Sparkassen-Finanzgruppe, ist Sicherheit „unser oberstes Ziel“, sagt Risikovorständin Birgit Dietl-Benzin im Interview der Börsen-Zeitung. Das bedeute jedoch nicht, das Geschäft in schwierigen oder bewegten Zeiten auf null herunterzufahren. „In der Krise darf das Neugeschäft nicht stoppen“, unterstreicht Dietl-Benzin.

Seit Ausbruch der Pandemie werde der Zyklus bis zur nächsten Herausforderung immer kürzer, sei es der Angriffskrieg Russlands oder die Gasmangellage. „Krise ist mittlerweile normal“, fasst das Vorstandsmitglied die Entwicklungen der zurückliegenden Jahre zusammen.

Raschere Abstimmung

Risikomanagement erfordere heute schnelleres Umdenken und raschere Abstimmung, weil sich das makroökonomische und geopolitische Umfeld sowie das Kundenverhalten immer zügiger veränderten. „Wir müssen stärker in Szenarien denken.“ Die Auseinandersetzung mit Szenarien helfe der DekaBank, sich besser für Risiken zu wappnen, Kapitalquoten entsprechend auszurichten und Klumpenrisiken zu vermeiden. Dabei hätten sich die Methodik und die Vorgehensweise im Risikomanagement nicht maßgeblich geändert.

„Wir haben uns beispielsweise mit dem Szenario einer möglichen Eskalation zwischen China und Taiwan auseinandergesetzt. Wir haben geschaut, was das für die Zahlen in der Marktfolge hieße oder für unsere Finanzierungen, aber auch für die IT, weil sich dann das Risiko von Cyberangriffen ändern könnte“, veranschaulicht Dietl-Benzin ihre Herangehensweise.

Konservative Aufstellung

Sie betont, dass die DekaBank „konservativ“ aufgestellt sei. „Wir haben das Profil in den vergangenen drei Jahren sogar noch einmal geschärft. Schließlich sind wir der Assetmanager für die Sparkassen-Finanzgruppe.“ Auch deshalb habe die Deka eine hohe und auskömmliche Kapitalquote.

In der Pandemie habe das Institut erlebt, wie „von jetzt auf gleich“ Umsätze weggebrochen seien, etwa in der Luftfahrtbranche. „Wir haben daher die Kreditlimit-Struktur granularer aufgesetzt, vor allem im Hinblick auf Kreditnehmereinheiten und Asset-Typen“, sagt Dietl-Benzin. Das Ziel sei die Diversifikation des Geschäfts und die Deckelung von Risiken einzelner Branchen, Adressen oder gar einzelner Assets.

Regionale Diversifikation

So sei etwa das Immobiliengeschäft der Deka „regional gut diversifiziert“. Es konzentriere sich auf gute Lagen in großen Städten weltweit. „Auch bei Immobilien finanzieren wir sehr konservativ“, unterstreicht die Risikomanagerin.

Das Exposure der gewerblichen Immobilienfinanzierung addiere sich auf rund 9 Mrd. Euro. „Die Fälle im Portfolio, die wir eng begleiten, sind absolut überschaubar“, beschreibt die Vorständin die aktuelle Risikolage im Immobiliengeschäft und ergänzt: „Unsere Immobilienfonds sind sehr stabil aufgestellt.“

Kein außergewöhnliches Zinsniveau

Angesprochen auf die beispiellose Serie von Zinserhöhungen der Europäischen Zentralbank sagt Dietl-Benzin, dass ihr Haus mit dem aktuellen Zinsumfeld „selbstverständlich umgehen“ könne. So außergewöhnlich hoch seien die Zinsen auf der Zeitachse betrachtet nicht. „Wir alle müssen uns allerdings erst einmal wieder dran gewöhnen, nachdem wir jahrelang in einer anderen Welt gelebt haben“, räumt die Vorständin ein.

Positiv bemerkbar mache sich die Zinswende bei der Verzinsung des Eigenkapitals, unterstreicht die Risikovorständin. Auch bei den langfristigen Finanzierungen gebe es Chancen, wenn es gelinge, nun gute Konditionen zu verhandeln. Die DekaBank habe allerdings die Kriterien für Neugeschäft nochmals geschärft.

Nachhaltigkeit spiele natürlich auch für das Risikomanagement eine bedeutende Rolle, sagt Dietl-Benzin. Ihr Team und sie begleiten die Kollegen im Markt eng dabei, einen Transformationspfad aufzubauen und einzuhalten. „Wir finanzieren keine alte Technologie“, stellt sie klar.

Die DekaBank richte Finanzierungen verstärkt auf Transaktionen aus, die einen positiven Umwelt- und Nachhaltigkeitsbeitrag aufweisen. „Wir finanzieren Flugzeuge, die weniger Schadstoff ausstoßen, und Schiffe, die weniger Energie verbrauchen“, sagt die Bankerin. Bei Windparks sei die Streuung über verschiedene Länder besonders wichtig.

Expertise bei Wind und Solar

Mit Hilfe einer Scorecard werde sichergestellt, dass die Prozesse nicht anekdotisch, sondern systematisch auf Nachhaltigkeit ausgerichtet werden. Und was die technologischen Risiken angehe: „Wir engagieren uns schon sehr lange in Wind und Solar. Da kennen wir uns aus.“ Bei anderen Technologien wie zum Beispiel Wasserstoff beobachte das Wertpapierhaus intensiv, wie sich Technik und Markt entwickelten. Cyberrisiken haben nach Wahrnehmung von Dietl-Benzin an Bedeutung gewonnen. Wenn jemand mit böser Absicht ein Institut angreife, könne das große Schäden verursachen. Vor diesem Hintergrund investiere die Deka kontinuierlich in die Modernisierung der IT.

Angesprochen auf künstliche Intelligenz bekennt sich Dietl-Benzin zu denen, die „in KI vor allem eine Chance sehen, beispielsweise für die Steigerung von Effizienz.“ Im Risikocontrolling prüfe die Deka mit mehreren Projekten, wie KI genutzt werden könne. In keinem Fall allerdings liefen Erkenntnisse, die auf Basis von KI gewonnen wurden, automatisch durch.

Die Verantwortung für alle Entscheidungen bleibe bei Menschen. „Die KI ist, wenn man so will, ein Zusatzhirn, das aber nicht immer recht haben muss“, sagt das Vorstandsmitglied. In der Liquiditätssteuerung beispielsweise könne die KI Hinweise geben, auf die die verantwortlichen Mitarbeiter mit eigenen Kapazitäten nicht gekommen wären. „Aber wie gesagt: Am Ende entscheiden Menschen.“

Wichtig ist Dietl-Benzin schließlich, dass sich die Deka engagiert um Nachwuchskräfte bemühe. Denn der Kampf um Mitarbeiter sei in vollem Gange. Es seien höhere Anstrengungen notwendig, um Talente anzuziehen. Die Deka sei  in einer guten Position und könne investieren – in neues Personal und Innovationen. Ihr Haus fördere beispielsweise Trainees wesentlich aktiver. „Wir stellen fest, dass die Arbeit in der Bank auch bei jungen Leuten wieder stärker gefragt ist“, beobachtet Dietl-Benzin und macht ihre Ambition deutlich: „Wir wollen beweisen, dass Banking nicht verstaubt ist.“

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